Verbände fordern mehr Hartz-IV

 

Teure Lebensmittel: Verbände fordern mehr Hartz-IV

Ernährung

 

01.04.2022, 14:42 | Lesedauer: 3
Minuten

Christopher
Onkelbach

 

Der Ukraine-Krieg treibt die Kosten: Aldi, der größte deutsche
Discounter, kündigte massive Preisaufschläge ab Montag an.

Foto: Rolf Vennenbernd / dpa

Essen.  Preisschock bei Energie und Lebensmitteln:
Sozialverbände in NRW fordern von der Politik eine Entlastung von
Menschen mit geringem Einkommen.

Angesichts stark steigender
Preise für Energie und Lebensmittel fordern Sozialverbände in NRW
eine deutlich spürbare Entlastung der Verbraucher. „Nicht nur
ärmere Menschen sind von der Preisentwicklung betroffen, auch
Geringverdiener, Rentner und die untere Mittelschicht geraten unter
Druck. Dazu trägt auch die hohe Inflation bei“, sagt Horst Vöge,
Vorsitzender des Sozialverbands VdK in NRW, dieser Redaktion.

Gerade im Ruhrgebiet seien viele Menschen von den
Preissteigerungen betroffen, hier lebten rund 20 Prozent an der
Armutsgrenze, so Vöge. „Und diese Zahl wird in Zukunft weiter
steigen. Wir befürchten, dass sich auch in der mittleren
Einkommensschicht stärkere Armutstendenzen zeigen.“ Der VdK
appelliere eindringlich an die Politik, die Verbraucher stärker zu
entlasten und die Hartz-IV-Regelsätze anzuheben. Vöge: „Das ist
nicht nur eine sozialpolitische Frage, sondern angesichts der
Spaltung der Gesellschaft auch eine nötige Maßnahme, um die
Demokratie zu sichern.“

Verband beklagt „Armut pur“

Ähnlich argumentiert Christian Woltering, Vorsitzender der
Freien Wohlfahrtspflege in NRW. Die Preisentwicklung sei für
niedrige Einkommensgruppen und Menschen in der Grundsicherung
existenzbedrohend. „Der aktuelle Hartz-IV-Regelsatz ist Armut pur.
Wir brauchen dringend eine Erhöhung“, sagt Woltering.

Derzeit liege der Regelsatz für Erwachsene bei 449 Euro. „Bei
einer Inflation von mehr als sieben Prozent bedeutet dies einen
Kaufkraftverlust von rund 33 Euro“, rechnet Woltering vor. „Da
wird es für Menschen am unteren Einkommensrand existenziell. Diese
Leute können nicht sparen.“ Der Regelsatz müsse auf 600 Euro
steigen, fordert Woltering.

Mehr Schuldenberatungen

Der Discounter Aldi hatte am Freitag teils massive
Preiserhöhungen angekündigt. Fleisch, Wurst und Milcherzeugnisse
sollen ab Montag „signifikant teurer“ werden. Branchenkenner
erwarten, dass andere Lebensmitteleinzelhändler in Kürze
nachziehen werden. Als größter deutscher Discounter gilt Aldi
traditionell als Preisführer. Die Verbraucherzentrale NRW verweist
darauf, dass Verbraucher bei Lebensmitteln sparen könnten, wenn sie
saisonale und heimische Lebensmittel einkaufen und auf
Fertigmahlzeiten verzichten würden. Zudem würden in vielen
Supermärkten Lebensmittel, die nur noch kurz haltbar sind,
reduziert angeboten.

Bernhard Burdick, Ernährungsexperte bei der Verbraucherzentrale
NRW, verweist darauf, dass die Lebensmittelpreise in der
Vergangenheit durch den harten Wettbewerb in der Branche
vergleichsweise niedrig waren. Für Geringverdiener müsse die
Entwicklung allerdings „sozial flankiert“ werden, meint Burdick.
Denkbar seien etwa kostenlose Schulessen oder preiswerte
Mittagstische. „Die Tafeln in NRW machen seit Jahren den Job, den
die Sozialpolitik eigentlich erledigen müsste“, sagte Burdick.
Zugleich bemerke die Verbraucherberatung eine „massive Zunahme“
bei den Entschuldungsberatungen. „In manchen Beratungsstellen
macht dies ein Großteil der Klientel aus.“

https://www.nrz.de/politik/landespolitik/teure-lebensmittel-verbaende-fo...