Staatsanwaltschaft nimmt Strafverfahren gegen OSD-Mitarbeiterin wieder auf

 

Pressemitteilung vom Straßenmagazin fiftyfifty

Düsseldorf, den 5.7.2018

 

Weitere Zeugen belasten
OSD-Mitarbeiterin

Staatsanwaltschaft nimmt
Strafverfahren
gegen OSD-Mitarbeiterin wieder auf

Nach der Berichterstattung zum
(abgesagten) Prozess vergangene Woche haben sich weitere Augenzeugen
beim Straßenmagazin fiftyfifty gemeldet, die bestätigen, dass die
OSD-Mitarbeiterin Frau Brecko den Streetworker Oliver Ongaro
körperlich attackiert hat. Die Zeugen wurden dem Düsseldorfer
Amtsgericht mitgeteilt. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft
Düsseldorf das Strafverfahren wegen Körperverletzung im Amt gegen
die OSD-Mitarbeiterin Brecko wieder aufgenommen.

Fiftyfifty begrüßt trotzdem die
Initiative des Oberbürgermeisters, eine außergerichtliche Lösung
zu finden und den Umgang von OSD-Mitarbeitern mit Wohnungslosen zu
verbessern. Erste Vorgespräche hierzu hatte es bereits im November
letzten Jahres zwischen der Stadt und fiftyfifty gegeben.

Dass sich die CDU-Ratsfraktion hinter
eine städtische Angestellte stellt, gegen die wegen Körperverletzung
im Amt ermittelt wird, findet fiftyfifty erstaunlich.

„Statt einer Forderung nach einer
besonderen Anlaufstelle für städtische Angestellte, die Opfer von
Übergriffen im Dienst wurden, brauchen wir einen konsequenten
Schutz
von Wohnungslosen vor Übergriffen und Gewalt“, sagt Julia von
Lindern, Sozialarbeiterin von fiftyfifty. „Denn nach wie vor
zeigen
viele Opfer die Gewalt aus Angst vor den Tätern und aus mangelndem
Vertrauen in die Behörden gar nicht erst an.“

 

Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne
zur Verfügung:

Julia von Lindern, fiftyfifty,
Tel.: 0179/920 88 79

Oliver Ongaro,
fiftyfifty, Tel.: 0171/53 58 494

 

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Julia von Lindern
(Dipl.-Soz.-Päd.in)
Höhenstraße 51
40227 Düsseldorf
0211. 60 12 736
0179. 920 88 79
fax: 0211. 6012737

www.fiftyfifty-underdog.de
www.fiftyfifty-galerie.de

 

 

Düsseldorfer Streetworker angeklagt:
Der seltsame Fall Ongaro – das sind die wichtigsten Antworten

Am 8. November wollte der Ordnungs-
und Servicedienst (OSD) am Carlsplatz einen Wohnungslosen verwarnen,
weil er mit dem Rad durch die Fußgängerzone gefahren war. Die Situation
eskalierte – und hat nun auch ein politisches Nachspiel.

Was passierte am Carlsplatz?
Das versuchen Staatsanwaltschaft und Polizei zu ermitteln. Fest steht:
Der Wohnungslose sollte ein Bußgeld von 15 Euro zahlen. Oliver Ongaro,
als Fiftyfifty-Streetworker und Polit-Aktivist bekannt, schaltete sich
ein. Die Lage schaukelte sich hoch, am Ende gab es ein Gerangel. Ongaro
und eine Mitarbeiterin des OSD zeigten sich gegenseitig wegen
Körperverletzung an. Die Staatsanwaltschaft kam nach Angaben der Behörde
zu der Bewertung, dass die Vorwürfe gegen Ongaro glaubwürdiger sind,
unter anderem, weil die OSD-Mitarbeiterin eine Verletzung ärztlich
dokumentieren ließ. Gegen Ongaro wurde Anklage erhoben, das Verfahren
gegen die Frau vorläufig eingestellt. Die Ermittlungen laufen aber noch.
Fiftyfifty teilte gestern mit, es hätten sich weitere Zeugen gemeldet,
die Ongaros Version bestätigen. Der Streetworker bestreitet eine
Gewaltanwendung.

Was geschah danach? Rund zwei Wochen nach dem Vorfall
gab es ein Klärungsgespräch, zu dem Ordnungsdezernent Christian Zaum
eingeladen hatte. Der Hintergrund ist, dass das Verhältnis zwischen der
Hilfsorganisation und dem Sicherheitsdienst schon vorher angespannt war.
Fiftyfifty wirft dem OSD ein zu hartes Vorgehen gegen Wohnungslose vor,
die OSD-Mitarbeiter weisen die Vorwürfe zurück. Zugleich ist Fiftyfifty
als wichtige Unterstützung für Wohnungslose anerkannt. Bei dem Treffen
vereinbarte man einige Verbesserungen in der Zusammenarbeit. Was auch
noch passierte: Neben der Mitarbeiterin erstatte die Stadt als
Arbeitgeber Anzeige gegen Ongaro. Dies ist üblich bei Übergriffen im Amt
und soll das öffentliche Interesse zeigen. Durch die zusätzliche
Anzeige ist das Verfahren zudem nicht mehr zu stoppen – selbst wenn die
Mitarbeiterin ihre Anzeige zurückziehen würde („Offizialdelikt“)

Was tat Geisel? Der Prozess gegen Ongaro wurde auf Ende
Juni terminiert, später platzte der Termin, weil noch Aussagen
ausgewertet werden sollen. Rund zwei Wochen vor der Verhandlung wurde
Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) aktiv und ließ seinen
Rechtsdezernenten Zaum ein Gespräch mit der Mitarbeiterin führen. Dabei
ließ er sie auch fragen, ob sie die Anzeige zurückziehen will. Unklar
ist, warum er sich überhaupt einschaltete. Möglicherweise wurde er von
Vertretern von Fiftyfifty angesprochen – die gut vernetzte Organisation
trommelt für ihren Streetworker. Ongaro sagt, Geisel habe ihn ebenfalls
gefragt, ob man nicht lieber einen Täter-Opfer-Ausgleich anstreben soll.
Strittig ist auch, was sich Geisel erhoffte: Das Verfahren war nicht
mehr zu stoppen. Wie sein Sprecher Dieter Schneider gestern sagte, hätte
Geisel es begrüßt, „wenn im direkten Gespräch Genugtuung erzielt werden
könnte“. Denn es handele sich beim OSD um einen wichtigen Teil der
Stadtverwaltung und bei Fiftyfifty um einen wichtigen Partner. Daher
habe Geisel auch ein weiteres Gespräch mit der Organisation erbeten.
„Der OB legt Wert auf die Feststellung, dass er das Vorgehen der
städtischen Mitarbeiterin selbstverständlich respektiert“, sagt
Schneider. Ein neuer Prozesstermin steht noch nicht fest.

Warum könnte Geisels Vorgehen ein Problem sein? Die
Mitarbeiter der Stadt werden immer häufiger ein Opfer von Angriffen,
viele haben Angst. Das Ordnungsamt, zu dem der OSD gehört, ist von
Beleidigungen und Gewalt besonders betroffen. Die Stadt hat gerade
Gegenmaßnahmen mit den MItarbeitern vereinbart. Die CDU kritisiert, das
Vorgehen im Fall Ongaro konterkariere die Bemühungen. Der OB erwecke den
Eindruck, er wolle „den Schutz eines Streetworkers höher bewerten als
den einer Mitarbeiterin der Verwaltung“, so Fraktionschef Rüdiger Gutt.
„Wir haben Zweifel, ob Sie sich tatsächlich vor Ihre Mitarbeiter
stellen“, schreibt Gutt an Geisel in einer Anfrage, die am Donnerstag im
Rat beantwortet wird. Vom Personalrat kommt hingegen Rückendeckung.
„Gewalt gegen Beschäftigte der Stadt ist grundsätzlich zu verurteilen“,
sagt der stellvertretende Vorsitzende Stefan Wittstock. Der
Mitarbeitervertreter will den Fall nicht kommentieren, lobt aber die
jüngsten Vereinbarungen mit der Stadtspitze. „Wir haben bislang den
Eindruck, dass diese Schritte auch eine Priorität des OB sind.“

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