Mehr Sanktionen gegen Hartz IV Empfänger

 

Mehr Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger

Die Agentur für Arbeit verhängt 2017 mehr
Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger als im Vorjahr. Der häufigste Grund:
Abwesenheit bei Terminen.

11.04.2018 08:22 Uhr

Die Zahl der Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger ist im
vergangenen Jahr leicht auf knapp 953 000 gestiegen. Das waren rund 13
700 mehr als im Vorjahr, wie die Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch in
Nürnberg mitteilte.

Die Sanktionsquote - also das Verhältnis von verhängten Sanktionen zu
allen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten - lag unverändert bei 3,1
Prozent. „Die allermeisten Leistungsberechtigten halten sich an die
gesetzlichen Spielregeln. Nur ein ganz geringer Teil wird überhaupt
sanktioniert“, sagte dazu BA-Chef Detlef Scheele.

Mit 77 Prozent entfällt zudem ein Großteil der Sanktionen auf
Meldeversäumnisse - wenn also beispielsweise jemand einen Termin beim
Jobcenter ohne Angaben eines wichtigen Grundes nicht wahrnimmt. 2017
mussten die Jobcenter bei 733 800 Menschen deswegen die Regelleistung um
zehn Prozent absenken. „Drei von vier Sanktionen entstehen schlicht
deshalb, weil vereinbarte Termine im Jobcenter gar nicht erst
wahrgenommen werden“, sagte Scheele. Deshalb böten die Jobcenter einen
Termin-Erinnerungsservice per SMS an.

Drei von vier Sanktionen entstehen schlicht deshalb, weil vereinbarte Termine im Jobcenter gar nicht erst wahrgenommen werden.

BA-Chef Detlef Scheele.

Außerdem werden Hartz-IV-Empfänger sanktioniert, wenn sie etwa ein
Jobangebot oder eine Fortbildung verweigern oder zusätzliches Einkommen
verschweigen. Für die Weigerung, eine Arbeit oder Weiterbildung
aufzunehmen oder den Abbruch, wurden 98 860 Sanktionen ausgesprochen.
Pflichtverletzungen gegen die sogenannte Eingliederungsvereinbarung
führten in 83 380 Fällen zu einer Leistungskürzung. Darin schreiben die
Agentur für Arbeit und ein Arbeitsloser Unterstützungsleistungen und
Pflichten des Jobsuchers fest.

Menschen unter 25 Jahren sind von den Sanktionen stärker betroffen.
Das Gesetz sieht bei Jugendlichen bereits beim ersten Verstoß, der über
ein Meldeversäumnis hinausgeht, eine hundertprozentige Sanktion der
Regelleistung vor. „Die Sanktionierung auf Null finde ich nicht
vernünftig“, sagte Scheele dazu. Denn nach so harten Sanktionen brechen
einige Jugendliche den Kontakt zum Jobcenter ganz ab.

Scheele wünscht sich zudem, dass es keine Sanktionierung bei den
Kosten der Unterkunft gibt. Wenn Jugendliche sich innerhalb eines Jahres
einen weiteren Verstoß leisten, kann ihnen auch die Miete gekürzt
werden. Der BA-Chef gibt zu bedenken, dass es aufgrund der angespannten
Wohnungsmärkte in vielen Städten „ausgesprochen schwer“ sei, wieder eine
Wohnung zu finden. „Drohende Wohnungslosigkeit hilft uns bei der
Vermittlung und auch sonst nicht weiter“, sagte Scheele. Auch Erwachsene
sind bei wiederholten Verstößen von der Kürzung der Miete betroffen.
Der BA-Chef sagte, er fände es zudem vernünftig, die Sanktionspraxis
zwischen Jugendlichen und Erwachsenen anzugleichen.

Im Jahresschnitt 2017 gab es 4,36 Millionen Hartz-IV-Empfänger; im
Vorjahr waren es noch 4,31 Millionen. Auch durch diesen Anstieg hat die
Zahl der Sanktionen zugenommen. Da manche Hartz-IV-Empfänger mehrfach
sanktioniert werden, ist die Zahl der betroffenen Menschen deutlich
niedriger als die Zahl der Fälle. (dpa) 

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