Keller will tolerierten Drogenhandel

 

Düsseldorf
Keller will tolerierten Drogenhandel
Der OB stellt sich hinter einen heiklen Punkt des Züricher Modells. Er sagt, man sei sich einig mit der Polizei.
Von Verena Kensbock

Düsseldorf Wie will die Stadt mit der Drogenszene rund um den Hauptbahnhof umgehen? Diese Frage beschäftigt Politik und Verwaltung seit Jahren. Die Stadt orientiert sich seit Kurzem am Zürcher Modell. Der wichtigste und zugleich heikelste Punkt dieses Ansatzes: das Tolerieren des Drogenhandels. Eine Umsetzung in Düsseldorf war bislang fraglich. Doch nun hat sich Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) klar dafür ausgesprochen. Es brauche „eine Infrastruktur für Drogenkonsum und Drogenhandel“, sagte er bei der Wahlarena der Rheinischen Post.

Konkret geht es um den Drogenhandel in Kleinstmengen in Konsumräumen oder anderen Einrichtungen der Suchthilfe. Das Ziel: Die Drogenszene von der Straße holen. Statt auf öffentlichen Plätzen soll der Handel also in einem medizinisch und sozial kontrollierten Setting in den Einrichtungen stattfinden. Nur wenn es dieses Angebot gebe, würden Drogenabhängige nicht mehr im öffentlichen Raum konsumieren und seien somit auch erreichbarer für Hilfsangebote in den Einrichtungen. „Ja, ich will das“, sagte Keller zum Tolerieren des sogenannten Ameisenhandels. Da sei sich die Stadt mit der Polizei einig.

Aus Polizeisicht ist das Tolerieren des Drogenhandels jedoch weiterhin keine Option. „Die Polizei kann Drogenhandel nicht sehenden Auges tolerieren“, hatte Thorsten Fleiß, Leiter der Direktion Gefahrenabwehr und Einsatz, vor einigen Monaten gesagt und bekräftigte dies nun erneut. „Das ist nicht umsetzbar.“ Denn die Polizei unterliegt dem Legalitätsprinzip, das heißt, jede Straftat muss verfolgt werden. Der aktuelle rechtliche Rahmen mache das Tolerieren unmöglich. Sollten sich die gesetzlichen Gegebenheiten ändern, könne die Option erneut geprüft werden, teilte die Polizei mit.

„Es gibt durchaus die Möglichkeit, über Dinge hinwegzusehen“, sagt hingegen Michael Harbaum, Geschäftsführer der Düsseldorfer Drogenhilfe. Und zwar in Form einer ordnungspartnerschaftlichen Absprache, wie sie für den Konsumraum bereits existiert. Dies ist eine schriftliche Vereinbarung, auf die sich Polizei, Staatsanwaltschaft, kriminalpräventiver Rat, Ordnungsamt und Gesundheitsamt mit der Drogenhilfe geeinigt haben. Auf dieser Grundlage werden Abhängige, die den Konsumraum nutzen, von den Ordnungsbehörden nicht kontrolliert und sanktioniert, obwohl sie gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen. Das Ziel ist dasselbe: Den Konsum von der Straße holen und damit den öffentlichen Raum entlasten.

Eine ähnliche Handhabung könnte sich Harbaum auch für die Drogenhilfe und weitere Einrichtungen vorstellen. „Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir in Düsseldorf etwas ausprobieren könnten, trotz der schwierigen Rechtslage“, sagt Harbaum. „Ich bin sicher, dass es eine deutliche Entlastung für den öffentlichen Raum bedeuten könnte.“

Er betont aber auch, dass das Zürcher Modell mehr sei als das Tolerieren des Mikrohandels. Es brauche mehrere Suchthilfeeinrichtungen, um die Szene zu entzerren und eine Verfestigung in einem Stadtteil zu verhindern. Und auch Punkte wie Drug-Checking und Wohnangebote für Obdachlose gehörten dazu. „Das ist ein ganzheitliches Projekt, aus dem man sich nicht einzelne Punkte herauspicken kann.“ Das Tolerieren des Drogenhandels wäre dennoch ein wichtiger Schritt, jedoch müsse nach der langen Zeit der Planung endlich die Umsetzung beginnen.
rp 29.8.25