Immer weniger Sozialwohnungen

Immer weniger Sozialwohnungen

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Es gibt immer weniger Sozialwohnungen in Deutschland.
 Foto: dpa

Die Zahl der öffentlich geförderten Sozialwohnungen hat einen Tiefstand
erreicht. Experten fordern, ganz darauf zu verzichten und Bedürftige
stattdessen mit Wohngeld zu unterstützen.

Berlin –  

Wohnen wird immer teurer, nicht nur, aber besonders
in den Großstädten. Die schwarz-rote Bundesregierung kämpft
beispielsweise mit der Mietpreisbremse gegen die Kostenexplosion an.
Auch das Wohngeld für Geringverdiener soll 2016 spürbar steigen.
Zugleich aber verliert ein Instrument an Bedeutung, das jahrzehntelang
Menschen mit geringen Einkommen zu einer bezahlbaren Wohnung verhelfen
sollte. Der soziale Wohnungsbau setzt seine Talfahrt ungebremst fort,
wie eine Kleine Anfrage der Linkspartei bei der Bundesregierung zeigt.

Die Zahl dieser öffentlich geförderten Wohnungen sank laut
Bundesbauministerium im Jahr 2013 um 63 000 auf 1,48 Millionen. Damit
schrumpfte der Bestand auf ein Rekordtief. „Der Abbau ist angesichts der
Wohnungsnot ein Skandal“, sagt Caren Lay, Fraktionsvize der
Linkspartei. Nötig sei der Neubau von mindestens 150 000 Sozialwohnungen
im Jahr, um den Mietanstieg eindämmen zu können.

Danach sieht es aber nicht aus. Seit rund eineinhalb Jahrzehnten fährt die
Politik die Förderung von Sozialwohnungen zurück. Mit der
Föderalismusreform von 2006 übertrug sie die Zuständigkeit
ausschließlich an die Länder, so dass die regionalen Unterschiede
seitdem groß sind. In einzelnen Ländern wie Sachsen fällt der Rückgang
besonders deutlich aus, während Brandenburg sogar zulegte. In Berlin
versucht die Landesregierung ebenfalls, mit dem sozialen Wohnungsbau dem
Preisanstieg in Citylagen entgegenzuwirken. Dafür verpflichtet sie auch
private Investoren, beim Neubau einen bestimmten Anteil von Einheiten
mit niedrigen Mieten zu errichten.

Der Rückzug aus dem sozialen Wohnungsbau aber ist oder war politisch gewollt. Zum
einen konnten sich vor kurzem viele noch nicht vorstellen, dass der
Bedarf zumindest in den Metropolen für solche Engpässe sorgen könnten,
wie ihn heute die Menschen in München, Frankfurt, Köln oder Berlin
erleben. Zum anderen steht aber auch das Instrument als solches in der
Kritik. Beim sozialen Wohnungsbau fördert der Staat die Neuerrichtung
und legt dafür für eine bestimme Zeit eine Höchstgrenze für die Mieten
fest. Dies soll den Mangel an bezahlbaren Bleiben beseitigen und vor
allem Haushalten mit geringen Einkommen zu günstigem Wohnraum verhelfen.
Allerdings fehle es nicht an Investoren, sondern an Bauflächen in den
Großstädten, meint Michael Voigtländer vom Institut der deutschen
Wirtschaft. Der soziale Wohnungsbau sei eine teure Subvention – das Geld
könne anderweitig besser genutzt werden.

So kommt es zu Fehlbelegungen. Dann nutzen Leute die subventionierten
Quadratmeter, die keine Unterstützung bräuchten. Und bei zu einseitigen
Investitionen in einzelne Großprojekte leiden ganze Stadtteile, wenn
Siedlungen zu sozialen Ghettos werden. Voigtländer schlägt daher vor,
auf den sozialen Wohnungsbau ganz zu verzichten. Es sei ineffizient,
Objekte zu fördern und nicht die betroffenen Subjekte etwa durch das
Wohngeld zu entlasten.

Gegen den kompletten Rückzug aus dem sozialen Wohnungsbau spricht, dass Länder und Kommunen
damit ihren Einfluss auf die regionalen Immobilienmärkte verlieren
würden. Sie könnten dann wie derzeit kaum mehr auf scharfe Preisanstiege
reagieren. Der Mieterbund fordert eine Wiederbelebung, damit nicht nur
teure, renditeträchtige Eigentumswohnungen, sondern auch bezahlbare
Mietwohnungen errichtet werden.

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