Fast 50.000 Obdachlose in Nordrhein-Westfalen

 

Wohnungsnot in der Region

Fast 50.000 Obdachlose in Nordrhein-Westfalen

 

Die Situation auf dem
Wohnungsmarkt wird immer dramatischer - dazu trägt auch die Coronakrise
bei. Die SPD-Opposition will die Wohnungspolitik zu einem ihrer
Kernthemen machen. Die Regierungsfraktionen wollen ein Projekt
ausweiten, das 2000 Betroffenen eine Wohnung vermittelt hat.

 

Von Kirsten Bialdiga

 

 

 

Die Zahl der Obdachlosen in Nordrhein-Westfalen hat sich seit der Regierungsübernahme durch CDU und FDP
binnen drei Jahren um mehr als 50 Prozent erhöht. Waren 2017 noch
32.286 Menschen in NRW obdachlos, so stieg ihre Zahl bis 2020 auf
49.987, referierte die oppositionelle SPD  Zahlen des CDU-geführten
Landessozialministeriums. „Es ist höchste Zeit für einen sozialen
Neustart in der NRW-Wohnungspolitik“, sagte SPD-Fraktionsvize Christian
Dahm am Dienstag. Schon heute verschlinge die Miete in Städten wie
Düsseldorf, Köln, Bielefeld, Dortmund und Bochum mindestens die Hälfte des Einkommens.

Die SPD
will das Thema „bezahlbaren Wohnraum“ zu einem ihrer Kernthemen im
Landtagswahlkampf machen. Bestätigt sieht sich die SPD-Opposition durch
eine von ihr in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts Civey. Danach haben 44,4 Prozent der
Befragten Sorge, dass sie sich ihre Wohnung oder ihr Haus künftig nicht
mehr leisten können. 46,7 Prozent haben diese Sorge nicht.

Andreas Becker, wohnungspolitischer Sprecher der
SPD-Fraktion, kritisierte, dass die Landesregierung Bundesgesetze wie
das Baulandmobilisierungsgesetz, die zur Entspannung des Wohnungsmarkts
beitragen könnten, nicht anwende: „Die Bauministerin bewegt sich hier
nicht einen Millimeter.“ Mit dem Gesetz könne das Land Gebiete
festlegen, in denen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen
erschwert wird.

Bauministerin Ina Scharrenbach
(CDU) wehrte sich gegen den Vorwurf und verwies auf die Kommunen: „In
den Städten, in denen in der Vergangenheit zu wenig Bauland zur
Verfügung gestellt wurde, hat die Landesregierung in die Preise an den
Märkten eingegriffen: Hier wird sich zeigen, ob die kommunale Politik
ihrem Auftrag gerecht wird, für mehr Bauland zu sorgen.“ Der SPD gehe es
um „politische Geländegewinne“. Als nur einen ersten Schritt in die
richtige Richtung bezeichnete Becker eine schwarz-gelbe Initiative, die
an diesem Mittwoch voraussichtlich mit der Regierungsmehrheit
verabschiedet wird. CDU und FDP wollen das Projekt „Endlich ein
Zuhause!“ auf alle Kreise und Städte ausweiten und finanziell besser
ausstatten, weil hierdurch 2000 Menschen in Wohnraum vermittelt oder vor
Wohnungsverlust bewahrt worden seien. „Die NRW-Koalition aus FDP und
CDU hat den Kampf gegen Wohnungslosigkeit zu einem Schwerpunkt ihrer
Sozialpolitik gemacht und die in diesem Bereich eingesetzten Mittel seit
dem Regierungswechsel 2017 um mehr als das Siebenfache von einer
Million Euro auf 7,16 Millionen Euro erhöht“, sagte Stefan Lenzen,
sozialpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, unserer Redaktion.

„Wohnungslosigkeit ist in NRW leider
flächendeckend ein Thema und deshalb darf es bei Prävention und
Akuthilfe keine blinden Flecken geben“, betonte auch
CDU-Fraktionskollege Peter Preuß. Das Projekt solle zudem so
weiterentwickelt werden, dass die Angebote auf Frauen, Jugendliche oder
Menschen mit Migrationshintergrund stärker zugeschnitten seien. Verdeckte Wohnungslosigkeit etwa ist bei Frauen besonders ausgeprägt.

 

(kib)
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