Dach über dem Kopf als Grundrecht

 

Dach über dem Kopf als Grundrecht

12.01.2017 - 05:38 Uhr

Anlässlich des Todes der Fiftyfifty-Verkäuferin Elvira „Elli“ N. (NRZ berichtete) ist eine

Diskussion um das Hilfesystem für Wohnungslose in Düsseldorf entstanden.
Hierbei stehen Forderungen nach einem Ausbau von Notschlafstellen für
Wohnungslose im Vordergrund. Die Streetworker von Fiftyfifty hingegen
sind davon überzeugt, dass es vor allem an bezahlbarem Wohnraum fehlt.
„Düsseldorf braucht keine neuen Notschlafstellen, Container oder
beheizte Zelte für Wohnungslose im Winter. Wir brauchen bezahlbare
Wohnungen, in die Wohnungslose wieder einziehen und Fuß fassen können“,
sagt Julia von Lindern von Fiftyfifty.

Erstmal „wohnfähig werden“

Denn eine Weitervermittlung aus den Notschlafstellen in dauerhafte
Wohnverhältnisse ist kaum möglich. Dies ist jedoch der Wunsch der
Wohnungslosen – erstmal eine eigene Wohnung, dann die schrittweise
Klärung entstandener Probleme, statt in städtischen Obdächern oder
„Probewohnungen“ unter Beweis zu stellen, „wohnfähig zu sein“.

Im Jahr 2015 konnte die städtische Beratungsstelle für Obdachlose von 1918
Beratungsfällen nur 42 Haushalte in Wohnungen vermitteln. Laut der
Diakonie Düsseldorf, die die Notschlafstelle für Frauen gemeinsam mit
der Stadt betreibt, können durchschnittlich nur neun Prozent der Frauen
in dauerhaften Wohnraum vermittelt werden. Angesichts der bundesweit
steigenden Zahl von Wohnungslosen fordert Fiftyfifty, endlich einen
Paradigmenwechsel im Hilfesystem einzuleiten und statt verschiedener
Notschlafstellen, Obdächer und Wohnheime den „Housing First“-Ansatz
umzusetzen, der bereits in verschiedenen europäischen Städten mit großem
Erfolg umgesetzt wird.

Die Abschaffung des sog. „Stufenmodells“ in der Wohnungslosenhilfe ist nicht
nur kostengünstiger, sondern auch effektiver: Über 95 Prozent der in
„Housing First“-Projekte vermittelte Menschen wohnen auch nach fünf
Jahren noch in ihren vier Wänden. „Ein Dach über dem Kopf ist ein
Grundrecht, Wohnen darf keine Ware sein“, sagt Fiftyfifty-Mitarbeiterin
Julia von Lindern. „Es kann so nicht weitergehen, dass mit steigenden
Mieten und knappem Wohnraum spekuliert wird.“

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