17,5 Prozent mehr für Vorstände

Top-Gehälter auch in Firmenkrisen / DGB fordert Limits bei variablen Zahlungen

Von Antje Schüddemage

und Eva Roth

Von dem Gehalt eines Top-Managers können Normalbürger nur träumen – das gilt auch für die Gehaltserhöhungen. Die Vorstandsbezüge in heimischen Unternehmen legten im Geschäftsjahr 2006/2007 deutlich zu: Im Schnitt verdiente ein Vorstandsmitglied 17,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei erhöhten nur rund zwei Drittel der Unternehmen ihre Vorstandsbezüge, in den übrigen Firmen mussten die Top-Verdiener Kürzungen akzeptieren. Zu diesen Ergebnissen kommt die „Vorstandsstudie 2006/2007“ der Management-Beratung Kienbaum, die Gehaltsdaten von 4300 Vorstandsmitgliedern aus 1300 Unternehmen unter die Lupe genommen hat.

Ein einfacher Arbeiter oder Angestellter im produzierenden Gewerbe konnte sich 2006 im Vergleich zum Vorjahr nur über eine Steigerung von 1,6 beziehungsweise 1,7 Prozent seines durchschnittlichen Bruttomonatsverdienstes freuen. Das Statistische Bundesamt liefert auch absolute Zahlen: Verdiente ein Angestellter 2005 im Monat 3452 Euro, war es ein Jahr später mit 3510 Euro nur unwesentlich mehr.

Mit Leistungsgerechtigkeit haben viele Vorstandsgehälter nichts mehr zu tun, meint der Deutsche Gewerkschaftsbund: „Es ist für Arbeitnehmer nicht nachvollziehbar, dass ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft in einem Jahr so viel verdient wie sie es in ihrem kompletten Arbeitsleben nicht erzielen können“, sagt Dietmar Hexel vom DGB-Bundesvorstand. Er verweist auf eine repräsentative Umfrage, nach der nur 14 Prozent der wahlberechtigten Bundesbürger Einkommen von über zwei Millionen Euro für angemessen halten.

„Aufsichtsratsmitglieder sind gefordert, bei überzogenen Vergütungen energisch gegenzusteuern“, betont Hexel. Ein Unternehmen sei eine Leistungsgemeinschaft und nicht das Werk einzelner Manager. Wichtig sei, die variablen Boni zu beschränken. Diese seien eine Folge des Shareholder-Value-Kapitalismus und hätten maßgeblich zur ungerechtfertigten Steigerung der Einkünfte beigetragen.

Die Gewerkschaft Verdi hat schon im vorigen Jahr gefordert, die Managergehälter zu deckeln. Angemessen sei, wenn Vorstandsbezüge das 20fache eines durchschnittlichen Tariflohnes nicht überschreiten würden, meint Uwe Foullong vom Verdi-Bundesvorstand. Es sei eine krasse Schieflage, wenn Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann das 300fache erhalte, betonte Foullong damals.

Verdi kämpfe seit langem für eine Offenlegung von Managergehältern, damit die öffentliche Debatte „der Gier Grenzen setzt“.

Grund für den starken Zuwachs bei den Vorstandsgehältern sei, so die Gummersbacher Beratungsfirma, vor allem die gute Konjunktur im vergangenen Jahr. Dafür sprechen auch die Steigerungsraten der beiden Vorjahre, als die Bezüge um 14,8 respektive 9,1 Prozent geklettert waren. „Der deutliche Zuwachs ist in erster Linie auf die Erhöhung variabler erfolgsabhängiger Vergütungsbestandteile zurückzuführen, die Grundgehälter blieben dagegen weitgehend konstant“, sagte Kienbaum-Vergütungsexperte Alexander von Preen.

Bei börsennotierte Gesellschaften fiel der Zuwachs weit höher aus (23,3 Prozent) als bei nicht am Markt gelisteten Unternehmen (12,6 Prozent). Die Spanne der Vergütungen reicht laut Studie von 40 000 Euro bis hin zu mehr als sieben Millionen im Jahr. Dabei gelte: Je größer das jeweilige Unternehmen desto höher die Gehälter der Vorstandsmitglieder. In Firmen, die zwischen 200 und 300 Millionen Euro Jahresüberschuss erwirtschafteten, erhielten die Vorstände im Durchschnitt 1,09 Millionen Euro.

„Interessant“ sei, so Kienbaum, dass auch Firmen in schwieriger Lage ihren Führungskräften „attraktive Gehaltspakete“ bieten. Von Preen erklärt das so: „Top-Manager, die zur Bewältigung einer Krise geholt werden, fordern einen Risikozuschlag“. Aber auch diese Gehälter können noch getoppt werden – durch die Chefs: Ihr Salär liegt im Schnitt noch einmal 50 Prozent darüber.

Allerdings ist die Kluft zwischen Normal- und Top-Verdienern in anderen Ländern noch wesentlich größer als hierzulande: Laut einer weltweiten Studie der Management-Beratung Hay Group vom vorigen Jahr belegt Deutschland in einem globalen Vergleich der Nettogehälter von Managern lediglich Platz 19 – abgeschlagen hinter Saudi Arabien, Russland und der Türkei.

 

RVOLO



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Ausgabe: Stadtausgabe (Nr. 42)
Datum: Dienstag, den 19. Februar 2008
Seite: 18

 

Vorstände verdienten 2007 fast ein Fünftel mehr


Berlin (RP) Die Top-Manager deutscher Firmen haben 2007 deutlich mehr verdient. Vor allem durch erfolgsabhängige Prämien seien die Gehälter der Vorstände durchschnittlich um 17,5 Prozent gestiegen, heißt es in einer Studie der Managementberatung Kienbaum. In den Jahren zuvor waren die Gehälter der Vorstände im Schnitt um 14,8 und um 9,1 Prozent gestiegen. Die Chefs verdienten 2007 bis zu 300 Prozent mehr.

 

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Quelle:
Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Düsseldorf
Ausgabe: Nr.42
Datum: Dienstag, den 19. Februar 2008
Seite: Nr.1

Arbeiter lassen

Manager frei

Arbeiter des Reifenherstellers Michelin haben zwei Manager freigelassen, die sie aus Protest gegen die geplante Schließung ihres Werks in Ostfrankreich drei Tage lang festgesetzt hatten. Anlass für die Aktion war das Scheitern von Verhandlungen über Abfindungen für die rund 800 Beschäftigten der Fabrik in Toul. Nach Angaben der Beteiligten soll jeder Beschäftigte 2000 bis 3000 Euro zusätzliche Abfindung pro Jahr der Betriebszugehörigkeit bekommen.