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Pfandleiher Jürgen Becker nimmt alles an, was einen Wert
hat: Vom hochwertigen Lkw-Modellbau über Videospiele bis hin zu Kameras und
Schmuck. (Foto: Dieter Alsleben) |
Düsseldorf. Michael Neubauer ist knapp bei Kasse. Noch drei
Tage sind es bis zum nächsten Gehaltsscheck. Das dauert dem
22-jährigen Lagerarbeiter einfach zu lange. Das Wochenende steht vor der
Tür und Neubauer möchte feiern. Mit vollen Taschen.
Seit zwei Jahren nutzt er deshalb die Leihhäuser am Hauptbahnhof. Für den
900 Euro teuren Laptop gibt es dort 100 Euro cash. „Nicht gerade viel“, weiß
der 22-Jährige. Aber um die klamme Zeit zu überbrücken, reiche es. Denn
Neubauer ist sich sicher: „Ist wieder Geld auf dem Konto, hole ich den Laptop
auch ab.“
Ein Prozent Zinsen und bis zu drei Prozent Gebühren werden bis dahin
monatlich fällig. Wenn Neubauer die nicht zahlen will oder kann, wird der
Laptop nach vier Monaten versteigert. Von dem Erlös bleibt dem Pfandleiher der
geschuldete Betrag. Den Rest erhält der Schuldner.
Im Schaufenster der „Pfandkredit Becker GmbH“ stapeln sich Ringe, Ketten, Armbanduhren.
„Bargeld in fünf Minuten“ verspricht die Schaufensterbeschriftung. Das
Ladenlokal ist voll. Wie Neubauer nutzen immer mehr Menschen den
„Fünf-Minuten-Kredit“ der Leihhäuser.
„Die Tendenz geht nach oben“, sagt Pfandhausbesitzer Jürgen Becker aus
Erfahrung – immerhin rund 150 Leute kommen nach seinen Angaben jeden Tag in das
Geschäft. Denn im Leihhaus sei kreditwürdig, wer einen Gegenwert besitzt. Nach
den Vermögensverhältnissen wird nicht gefragt. Beliehen wird alles, was Wert
hat und behält. Auch Füllfederhalter oder elektronische Geräte.
Schmuckstücke stehen jedoch ganz oben auf der Liste. Das Gros der Kunden
lässt seine goldenen Habseligkeiten taxieren. Und vertraut auf die
Verschwiegenheit des Pfandleihers. „Die Schuldner kommen aus allen Bevölkerungsschichten“,
sagt Becker. Mehr als 90 Prozent lösten ihre Schuldscheine nach drei Monaten
wieder ein. Auch Michael Neubauer hat seinen Laptop schon mehrfach versetzt.
Eben immer, wenn das Geld knapp wurde.
Theo Wolsing von der Verbraucherzentrale hält
diesen kurzfristigen Kredit für unbedenklich: „Wenn die Banken sich
querstellen, ist das für den Verbraucher oft die einzige Alternative.“ Dennoch
warnt Wolsing: „Auf Dauer sind die Zinsgebühren im
Leihhaus höher als bei den Banken.“ Wer seine Wertgegenstände länger als ein
halbes Jahr beleihe, mache meist ein Minus. Doch auch hier lohnt sich der
Vergleich. Der Rat der Verbraucherzentrale: Erst einmal alle Leihhäuser
abklappern und sich dann entscheiden.
Michael Neubauer geht diesmal zufrieden nach Hause. Das Geld
reicht, um das Wochenende zu überbrücken. Den Tipp, es beim Pfandhaus zu
versuchen, bekam er übrigens von seiner Mutter. Die hatte keine Lust mehr, dem
klammen Sohn am Monatsende Geld zu pumpen. Eine Erziehungsmaßnahme sozusagen.
INFOS ZUR
PFANDLEIHE
• Sieben Pfandhäuser gibt es in Düsseldorf. Einige haben sich auf Schmuck
spezialisiert. Andere, wie das Pfandhaus „Grüne’s“ am
Hauptbahnhof, stellen auch Schuldscheine für elektronische Geräte aus.
• Um einen Wertgegenstand gegen Bargeld eintauschen zu können, reicht ein
Personalausweis und gegebenenfalls die Kaufquittung. Kredite beim Pfandleihhaus
laufen drei Monate. Nach vier Monaten wird der verpfändete Gegenstand
versteigert.
06.01.2007
Von Anne Wolf wz