Betreuung für Methadon-Abhängige
Stadt möchte Ärzte in die Pflicht nehmen und verweist auf erprobtes Beispiel.
VON SONJA SCHMITZ
In den Streit um private Methadonpraxen könnte Bewegung kommen. Mit Wohlwollen
wurde gestern im Ausschuss für Gesundheit und Soziales die Antwort der Stadt
auf eine Anfrage der FDP-Ratsfraktion zu diesem Thema aufgenommen. Streit um
die Methadonvergabe in Wohnsiedlungen gibt es seit Jahren. Dabei geht es nicht
um die Vergabe selbst, sondern um den Aufenthalt der Suchtkranken im Umfeld der
Vergabepraxis. Ob auf der Roßstraße in Derendorf oder am Kamper Acker in
Holthausen: Dort fühlen sich die Anwohner gestört,
weil sich größere Gruppen der Patienten draußen zusammenfinden und Alkohol
trinken.
Nun hofft die Stadt, das Problem entschärfen zu können. Für die Stadt erklärte
Gesundheitsdezernent Andreas Meyer-Falcke, man sei
zurzeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung im Gespräch darüber, wie die
psychosoziale Betreuung der Patienten „systematisch verbessert“ werden könne.
Als Grundlage des Gesprächs diene ein Verfahren, das bereits in einer privaten
Praxis in Düsseldorf erprobt sei. Gedacht ist dabei auch an ein Angebot, wie es
in der Drogenberatungsstelle „komm-pass“ des SKFM
(Sozialdienst katholischer Frauen und Männer) bereits geleistet wird und dessen
Konzept mit dem Gesundheitsamt abgestimmt ist. Meyer-Falcke
stellte klar, dass es keine Handhabe dazu gibt, die Ärzte zu dieser Betreuung
zu verpflichten. „Der Arzt kann es machen, muss es aber nicht. Unsere Sicht
ist: Er sollte es tun.“ Geld von der Stadt gibt es dafür aber nicht,
beantwortete Meyer-Falcke eine entsprechende Anfrage
von Grünen-Ratsfrau Iris Bellstedt. Sollten die
Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung Früchte tragen, wäre die
Qualitätssicherung ein wichtiger Aspekt, der zu berücksichtigen sei.
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Publikation |
Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH |
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Lokalausgabe |
Rheinische Post Düsseldorf |
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Erscheinungstag |
Donnerstag, den 16. Mai 2013 |
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Seite |
26 |
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Methadonpraxis: Anwohner klagen gegen die Stadt
zuletzt aktualisiert: 09.05.2013 - 13:35
Düsseldorf (RP). Täglich bietet sich den Bewohnern der Häuser Roßstraße 69-73 das gleiche Bild: Überwiegend junge Menschen, die herumstehen, Bier trinken, laut werden. 15 bis 30 Suchtkranke, die in der Praxis gegenüber mit Methadon versorgt werden, versammeln sich meist zur Mittagszeit vor dem Gebäude.
Andreas van Opbergen (l.) und Anwalt Cornel Hüsch Foto: Hans-Jürgen Bauer
Dessen rund 80 Bewohnern reicht es nun Sie klagten gegen die Stadt Düsseldorf. Am Mittwoch wurde vor der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts verhandelt.
"Unser Ziel ist, dass die Stadt das Problem erkennt und sich endlich für die Bewohner einsetzt", sagt Rechtsanwalt Cornel Hüsch. Schon lange schwelt der Streit: Im Oktober 2011 gab es die erste dokumentierte Beschwerde seitens der Anwohner. Diese sprechen von unhaltbaren Zuständen, so Hüsch, Eltern sind in Sorge um die Sicherheit ihrer Kinder, die auf der Straße spielen. "Ein Zustand, der so nicht haltbar ist", sagt Hüsch. Der Verwalter der Eigentümergesellschaft, Andreas van Opbergen, sieht das genauso. "Viele Familien ziehen weg oder wollen eine drastische Mietminderung. So kann es nicht bleiben."
Christian Plattner, der gemeinsam mit seinem Kollegen die Praxis an der Roßstraße führt, sieht das Problem, doch fühlt er sich nicht in der Verantwortung. "Wir sind kooperativ, sprechen täglich mit unseren Patienten und bitten sie, sich woanders aufzuhalten", sagt er. Er schiebt das Problem auf den Kioskbesitzer nebenan ab. "Dort können die Patienten ihr Bier oder was auch immer sie haben möchten anschreiben lassen. Das bindet sie an den Standort", so Plattner.
Die rechtliche Grundlage der Klage ist jedoch höchst kompliziert: Wie vor rund zwei Jahren herauskam, ist die Praxis nicht genehmigt – formal also illegal. "Seit den 50er Jahren befindet sich eine Praxis in den Räumlichkeiten. Wir wussten gar nicht, dass keine Baugenehmigung vorliegt", sagt Plattner.
Dieser Sachverhalt wurde gestern zum Knackpunkt. Laut Stadt erfolgt die nachträgliche Baugenehmigung der Praxis jedoch innerhalb der kommenden drei Wochen. Damit sei die Rechtsgrundlage dann eine andere – deswegen gab es gestern auch kein Urteil. Zweiter Knackpunkt, deswegen nun auch vom eigentlichen Verfahren abgetrennt, ist der Kiosk. Dessen Besitzer erschien erst gar nicht vor Gericht. Nun muss geklärt werden, ob es überhaupt eine Schankerlaubnis gibt.
Die Stadt selbst durfte sich zum laufenden Verfahren nicht äußern.
Quelle: RP/ila
Konzept
für Suchthilfe kommt nicht voran
15.05.2013 | 18:48 Uhr
Die Hilfe für Suchtkranke in der Stadt kommt nicht recht voran. Grund ist ein Hickhack der Parteien, wobei sich nicht einmal CDU und FDP bisher einig waren. Es geht um die Vorbereitungen für ein einheitliches Suchthilfekonzept. Das wurde vom Gesundheitsausschuss schon im Februar vor einem Jahr beim Gesundheitsdezernat in Auftrag gegeben. Hintergrund ist das Bemühen, die Arbeit der Suchthilfen der caritativen Träger wie Caritas, Diakonie, Awo und DRK zu straffen, um Kosten einzusparen.
Rund 4000 Drogensüchtige, schätzt die Polizei, konsumieren in der Stadt regelmäßig Heroin oder Kokain. Die Zahl habe sich jedoch seit Jahren nicht geändert, meint Joachim Alxnat, Leiter der Drogenhilfe, skeptisch. „Wir hatten im vorigen Jahr 1400 Menschen bei uns“, allerdings kämen sehr viele Süchtige nicht zu einer Beratung. Für die Polizei ist die Gegend um den Hauptbahnhof als Treffpunkt für Süchtige und Drogendealer „das Sorgenkind“, berichtet Sprecher André Hartwich. „Dagegen sind die Bereiche rund um Methadon-Ambulanzen und -Praxen eher unauffällig“.
Wie geht es also weiter mit einem Vorbeugungs-Konzept?, wollte Susanne Ott (Grüne) gestern im Gesundheitsausschuss wissen. Denn bisher hat nur ein Arbeitskreis dreimal getagt.
Die Parteien wollen aber im geplanten Lenkungskreis ihren Einfluss bei der Aufstellung eines umfassenden Suchthilfekonzepts sichern. Schließlich soll mit der neuen Aufteilung Geld gespart werden. Der Lenkungskreis diskutiert und macht dann Vorschläge, welche Themen im Ausschuss behandelt werden. Bisher sollten in ihm zwölf Vertreter von Verbänden und Politik sitzen. Dezernent Andreas Meyer-Falcke gab aber gestern bekannt, dass es insgesamt 24 Teilnehmer werden. Das kommt CDU und FDP entgegen. Aber Klaudia Zepuntke (SPD) lehnte das klar ab: „Die SPD findet ein solches Gremium mit 24 Menschen nicht praktikabel.“
Vorsitzender Wolfgang Janetzki (CDU) versuchte, allen gerecht zu werden: „Wir wollen doch einen großen Umbau, mit dem alle Beteiligten leben können.“ Er fand dann klare Worte zum Problem der privaten Methadon-Praxen, über deren Patienten sich etliche Bürger beschwerten. „Wir werden nicht hinnehmen, dass Süchtige von Nachbarn angegangenen werden, weil einige Praxen nur ans Geld verdienen denken.“ Denn Probleme gibt es nur dort, wo es keine psychosoziale Betreuung gibt, weil die Kassen diese nicht bezahlen. Laut Meyer-Falcke hat nur eine Praxis Sozialarbeiter beschäftigt. Das Gesundheitsamt hat 3,5 Sozialarbeiterstellen für seine Methadonambulanzen.
Jo Achim Geschke