NRW: 2007 stieg die Zahl der Gewalttaten leicht an
düsseldorf (RP) Im vergangenen
Jahr blieb die Zahl der gemeldeten Straftaten mit knapp 1,5 Millionen nahezu
konstant. Jeder zweite Fall wurde aufgeklärt. Bei Gewaltdelikten registrierten
die Behörden einen Anstieg um 0,8 Prozent, die Zahl der Raubdelikte hingegen
ging um 1,5 Prozent zurück.
LANDUNDLEUTE SEITE A 3
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Quelle:
Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Düsseldorf
Ausgabe: Nr.54
Datum: Dienstag, den 04. März 2008
Seite: Nr.1
Junge Gewalttäter oft betrunken
VON GERHARD VOOGT
Düsseldorf Die Gewaltbereitschaft von jungen Männern, die
Alkohol getrunken haben, ist in Nordrhein-Westfalen dramatisch angestiegen. Bei
jeder vierten Gewalttat, die Jugendliche im Alter unter 21 Jahren verübten, war
Alkohol im Spiel, erklärte NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) gestern bei der
Vorstellung der NRW-Kriminalitätsstatistik 2007. Die Zahl hat sich in den
vergangenen zehn Jahren verdoppelt. „Gerade junge Männer neigen dazu, Konflikte
mit Gewalt zu lösen“, so Wolf. „Kommt dann noch Alkohol hinzu, schlagen sie oft
direkt zu.“
Die Polizei will dem Trend mit verstärkten Kontrollen beim
Jugendschutz entgegenwirken. Wolf kündigte eine gemeinsame Initiative mit dem
Hotel- und Gaststättenverband gegen den Alkohol-Missbrauch von Jugendlichen an.
Gastwirte, die gegen den Jugendschutz verstoßen, müssen mit empfindlichen
Strafen rechnen.
Die Zahl der tatverdächtigen Kinder, Jugendlichen und jungen
Erwachsenen zwischen acht und 21 Jahren blieb in den vergangenen drei Jahren
nahezu unverändert bei rund 137000. Der Anteil der tatverdächtigen Ausländer,
der 1998 bei 26,6 Prozent lag, ging auf 21,6 Prozent zurück. „Damit erweist
sich die von der CDU auch in NRW betriebene Angstkampagne gegen steigende
Jugendkriminalität als reines Wahlkampfmanöver“, sagte Ralf Jäger,
stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion. Monika Düker, Innenexpertin der Grünen, forderte flächendeckende
Intensivtäterkonzepte.
Insgesamt ist die Zahl der Straftaten in NRW im vergangenen
Jahr nahezu unverändert geblieben - die Statistik verzeichnet einen leichten
Anstieg von 0,2 Prozent auf rund 1,5 Millionen Delikte. Die Aufklärungsquote
sank um 0,7 Prozentpunkte auf 49,2 Prozent. „Gerade die Aufklärungsquoten beim
schweren Diebstahl, insbesondere bei Wohnungseinbrüchen und Aufbrüchen von
Kraftfahrzeugen, geben erneut Anlass zur Sorge“, sagte Wilfried Albishausen, Vorsitzender des Bund Deutscher
Kriminalbeamter (BDK) in NRW. In manchen Behörden werde nur jeder zehnte
Wohnungseinbruch aufgeklärt. „Noch immer liegen beim Landeskriminalamt mehr als
9000 unbearbeitete DNA-Spuren auf Halde“, kritisiert Albishausen.
„Etwa 7000 Kriminalbeamte in NRW reichen angesichts der immer professioneller vorgehenden
Serientäter eben nicht aus.“
Bei den Autodiebstählen sank die Zahl der Fälle um neun
Prozent auf 8600 registrierte Straftaten. Bei den Wohnungseinbrüchen wurde 2007
der niedrigste Stand seit 25Jahren erreicht. Die Betrugsfälle mit Scheckkarten
ohne PIN-Nummer gingen innerhalb eines Jahres um fast
die Hälfte auf gut 6400 Fälle zurück. Als einen Grund nannte Wolf, dass immer
mehr Geschäfte auf die Kartenbezahlung mit PIN-Eingabe
umstellten und auf das unsichere Lastschriftverfahren verzichteten.
Als „nach wie vor problematisch“ bezeichnete der
Innenminister Raub und Erpressung unter Schülern. 41,4Prozent der Raubopfer
waren im vergangenen Jahr jünger als 21 Jahre. „Die Täter erbeuten von
Gleichaltrigen oder Jüngeren Handy, MP 3-Player oder Bargeld“, so Wolf. Den
Minderjährigen müsse klar gemacht werden, dass dieses so genannte Abziehen kein
Bagatelledelikt, sondern eine schwere Straftat sei. „Sie können ihr Leben damit
ruinieren. “
- /GERHARD VOOGT
Quelle:
Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Düsseldorf
Ausgabe: Nr.54
Datum: Dienstag, den 04. März 2008
Seite: Nr.3
Erstmals wieder weniger Straftaten
Zum ersten Mal seit langem konnte die Düsseldorfer Polizei
gestern einen Rückgang der Kriminalität vermelden. Sogar die Zahl der
Straftäter unter 21 Jahren und der jugendlichen Intensivtäter ging erstmals
zurück. Das sei aber „kein Grund für Jubel-Arien“, sagte der Polizeipräsident.
VON STEFANI GEILHAUSEN
Es gebe keinen Grund für Jubel-Arien und schon gar keine
Entwarnung für Düsseldorf, erklärte Polizeipräsident Herbert Schenkelberg
gestern. Aber er sei mit der Kriminalstatistik 2007 „zufrieden.“
Während landesweit die Zahl der Straftaten - wenn auch nur
geringfügig - gestiegen ist, hat Düsseldorf erstmals seit langem einen Rückgang
zu verbuchen. Genauer: 12760 Fälle und damit 14,6Prozent weniger als im Vorjahr
wurden 2007 registriert. Allerdings war 2006 ein Anlagebetrüger aufgeflogen,
der allein für knapp 6500 Delikte verantwortlich war. Weil es 2007 keine
derartigen Massen-Verfahren gab, wurde das Jahresergebnis schon dadurch etwas
ansehnlicher.
Zweiter Faktor: Eine Umstellung der Rheinbahn-Software sorgte
in den ersten drei Monaten 2007 dafür, dass Schwarzfahrer nicht angezeigt
werden konnten. Sie mussten zwar Strafe zahlen, aber eben nicht zur Polizei.
Macht für das Präsidium prompt knapp die Hälfte weniger Schwarzfahrer als
sonst, nämlich „nur“ noch 2761.
Lässt man diese Punkte außer acht,
bleibt immer noch ein Rückgang, wenn auch nur um 2,8Prozent. Und das, so
Schenkelberg, sei noch immer ein Erfolg. Allerdings keiner, „auf dem wir uns
ausruhen können. Keine Frage: Die Kriminalität ist immer noch zu hoch.“ Vor
allem im Bereich der Körperverletzungsdelikte hält der Zuwachse
seit sechs Jahren kontinuierlich an, das hat sich auch 2007 nicht geändert.
Auch die Brutalität nimmt zu. Kripochef Jürgen Schneider bestätigt auch für
Düsseldorf den Landestrend: Gewalt endet nicht mehr, wenn einer am Boden liegt,
sondern geht weit darüber hinaus. 6253 Körperverletzungen, 1528 davon schwere
(mit bleibenden Schäden beim Opfer) oder gefährliche (mit Waffen oder
waffenähnlichen Gegenständen) wurden voriges Jahr angezeigt, 77 Prozent der
schweren Fälle auch aufgeklärt.
Erstmals nach Jahren des Anstiegs konnte die Polizei auch
einen Rückgang bei den Diebstählen aus Autos registrieren. Mit 10571 Fällen
wahrlich kein echter Rückgang, aber doch immerhin 570 Fälle weniger. Kripochef
Schneider schätzt, das dies die ersten Erfolge eines neuen Konzepts sind. Die
Fahnder arbeiten gegen die Automarder (die es am häufigsten auf
Navigationsgeräte abgesehen haben) mit verschiedenen Mitteln, organisieren sich
ähnlich wie eine Ermittlungskommission, die sich vor Jahren auf
Wohnungseinbrecher spezialisiert hatte. Aus dieser „EK Wohnung“ wurde längst
ein ordentliches Kommissariat, das die Einbrecher in Düsseldorf weitgehend im
Griff hat: Auch im vergangenen Jahr sank die Zahl der Einbrüche, von 1644
Fällen wurden knapp 17 Prozent aufgeklärt.
Und die beste Nachricht der Statistik: Die Zahl der jungen
Täter ging - wenn auch nur leicht - zurück, knapp 5000 der ermittelten
Verdächtigen war unter 21. Ob das an der vernetzten Arbeit der Jugendsachbearbeiter
liegt, wollte Kripochef Schneider so zwar nicht formulieren. Doch Herbert
Schenkelberg sieht durchaus einen Zusammenhang zwischen der Jugendarbeit von
Polizei, Justiz und Stadt und der Tatsache, dass auch die Zahl der so genannten
Intensivtäter um 102 auf 184 zurückging.
KOMMENTAR
„Keine Frage: Die Kriminalität ist immer noch zu hoch“
- /STEFANI GEILHAUSEN
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Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Düsseldorf
Ausgabe: Nr.54
Datum: Dienstag, den 04. März 2008
Seite: Nr.11
Kriminalitätsstatistik: Die Gefahr lauert am Geldautomaten
Um 14,63 Prozent gingen die Straftaten 2007 zurück. Doch die
Zahlen zeigen nur die halbe Wahrheit.
Düsseldorf. Die Zahlen sind so erfreulich, dass sogar
Polizeipräsident Herbert Schenkelberg den Jubel dämpft: „Die Statistik zeigt,
dass wir besser geworden sind, wir sind aber noch nicht gut genug.“ Um 14,63
Prozent ging die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr auf 74 456 zurück. bei
der so genannten Kriminalitätshäufigkeitszahl – das ist die Anzahl der
Straftaten pro 100 000 Einwohner – haben die Kölner wieder überholt. 12 893
sind es in Düsseldorf, Köln ist mit 13 751 deutlich schlechter.
Allerdings: Im Jahr zuvor fiel die Statistik so schlecht
aus, weil fast 6500 Fälle aus einem Betrugsverfahren zu Buche schlugen.
Außerdem hat die Rheinbahn im vergangenen Jahr nur 2761 Schwarzfahrer (im Jahr
2006 waren es fast 5000) angezeigt. „Das hat nur mit einer Umstellung in
unserem EDV-System zu tun“, so Rheinbahnsprecher Georg Schumacher. Die Zahl der
Schwarzfahrer habe sich kaum verändert. Bereinigt man die Statistik, so ist die
Kriminalität immerhin noch um 2,8 Prozent zurückgegangen.
Weniger jugendliche Straftäter, aber mehr Brutalität
Eine positive Entwicklung gibt es bei den jugendlichen
Intensivtätern: Deren Taten gingen 2007 auf 184 zurück. In den beiden Vorjahren
waren es 286 beziehungsweise 351. Auffallend sei allerdings die wachsende
Brutalität. „Es wird nicht mehr aufgehört, wenn jemand am Boden liegt“, sagt
Jürgen Schneider, Leiter der Direktion Kriminalität.
„Skimming“: Pin-Nummern und
Bankdaten werden ausspioniert
Immer mehr Arbeit macht der Polizei das „Skimming“.
So nennt man es, wenn EC-Kartendaten am Geldautomaten ausspioniert werden. Die Zahl
dieser Straftaten stieg von 93 auf 372 Fälle im vergangenen Jahr.
Nicht nur mit einem Blick über die Schulter werden die
Pin-Nummern ausspioniert. Kriminelle arbeiten mit modernstem technischen
Gerät. So werden Aufsätze auf die Geldautomaten montiert, die nicht nur die
Pin-Nummern, sondern auch gleich alle anderen Bankdaten speichern. Dazu filmen
Kameras die PIN-Eingabe.
Um 187 Fälle ging die Zahl der Diebstahlsdelikte zurück. Das
liegt unter anderem an den sinkenden Fallzahlen bei den Wohnungseinbrüchen.
Hier konnte die Aufklärungsquote von 8,16 auf 16,42 Prozent gesteigert werden.
Das gilt allerdings nicht für die Gesamtstatistik: Hier sank die
Aufklärungsquote auf 42,33 Prozent. Besonders gering ist sie mit 3,67 Prozent
bei den Diebstählen aus Kraftfahrzeugen. Hier will die Polizei in Zukunft einen
Schwerpunkt setzen.
04.03.2008
Von Dieter Sieckmeyer wz
Endlich weniger Straftaten
Düsseldorf,
03.03.2008, MICHAEL MÜCKE
, 0 Kommentare
KRIMINALITÄT. Zahl der jungen Serientäter sinkt. Warnung vor
Cannabis. Schwarzfahrer kamen mit einem blauen Auge davon.
Ein Rückgang der Straftaten um fast 15 Prozent - das klingt
sensationell. Doch Polizeipräsident Herbert Schenkelberg winkt ab. Eine
Statistik spiegelt nicht immer die Realität wider. So auch diese nicht. Denn
die Kriminalitätsbilanz 2007 fällt deshalb so positiv aus, weil die Polizei
diesmal von Massen-Verfahren beim Anlagebetrug verschont geblieben ist und die
Rheinbahn 2000 weniger Schwarzfahrer angezeigt hat. Aufgrund einer technischen
Umstellung wusste das Verkehrsunternehmen zeitweise nicht mehr, ob es sich bei
den Ertappten um Wiederholungstäter handelte - und verzichtete im Zweifel auf
eine Strafanzeige.
"Die Strafe muss auf dem Fuß folgen"
Unter Berücksichtigung dieser beiden Phänomene errechneten die
Statistiker einen tatsächlichen Rückgang der Kriminalitiät
um etwa 2,8 Prozent. Das ist doch auch schon was, freut sich der
Polizeipräsident.
Zumal es eindeutige Erfolge in der Bekämpfung der
Jugendkriminalität gibt. Die Zahl der jugendlichen Serientäter (über fünf
Delikte pro Jahr) verringerte sich seit 2005 von 452 auf 248, die Zahl
derjenigen, die auch Gewalt angewendet hatten ,von 351
auf 184.
Für die Ursachenforschung ist es wohl noch zu früh.
"Für diese Entwicklung gibt es noch keine belegbaren Zahlen", meinte
Kripo-Chef Jürgen Schneider. Polizeipräsident Schenkelberg glaubt dagegen, dass
das Konzept der Polizei gegen junge Kriminelle nun Früchte trage. Er kündigte
an, dass noch dieses Jahr stadtweit "Diversionstage" organisiert werden.
Bei kleineren Delikten werden Jugendliche möglichst schnell zur Verantwortung
gezogen. Schenkelberg: "Die Strafe muss auf dem Fuß folgen."
Vor einer Verharmlosung von Haschisch warnte der leitende
Kriminaldirektor Schneider: 1201 Delikte registrierte das
Rauschgift-Kommissariat im Vorjahr. Diese Zahl allein ist noch kein Anlass zur
Sorge. Aber: Die auf dem Schwarzmarkt gehandelten Cannabis-Produkte haben
inzwischen einen wesentlich höheren Anteil (30 Prozent) des süchtig machenden
Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC). Schneider:
"Damit wird die Schwelle zum Übergang auf Heroin und Kokain eindeutig
gesenkt."
Nach Schätzungen der Polizei greifen in Düsseldorf
regelmäßig 4000 Süchtige nach harten Drogen. 2007 starben 22 Menschen an einer
Überdosis.
Düsseldorf- Statistik
Düsseldorf ist nicht mehr Kriminalitäts-
Spitzenreiter
Von GÜNTHER CLASSEN und MICHAEL KERST
Polizeipräsident Herbert Schenkelberg hat allen Grund zum
Strahlen: Einen geradezu sensationellen Rückgang der Kriminalität konnte er am
Montag der Öffentlichkeit präsentieren: Die Zahl der Straftaten sank um 12.760
auf 74.456 – ein Minus von 14,6 Prozent!
„Für Düsseldorf ist
das ein gutes und wichtiges Ergebnis, über das ich mich aufrichtig freue“, so
Schenkelberg.
Er räumt allerdings ein, dass einige Umstände mitgeholfen
haben, die von der Polizei kaum zu beeinflussen sind: „Wir haben erheblich
weniger Wirtschaftsstrafverfahren. Im Vorjahr hat uns allein das bekannte »Aufina-Verfahren“ mit 6.468 Einzelfällen die Statistik
total verhagelt.“ Auch bei den Schwarzfahrern halbierte sich die Fallzahl
beinahe auf 2.761.
„Aber selbst wenn die Statistik um diese mehr als 10.000
Fälle bereinigt würde, könnten wir einen Rückgang von 2.066 Fällen (2,8
Prozent) verzeichnen“, so der Polizeipräsident. „Insgesamt sind wir als
Spitzenreiter ins Sachen Kriminalität von Köln
abgelöst worden.“
Richtig erfolgreich waren die Ermittler bei den Wohnungseinbrüchen:
Nach dem Rekordjahr 2005 mit 452 Fällen gab es schon 2006 einen Rückgang auf
368 und 2007 einen weiteren auf 248 Einbrüche.
„Die hier bewährte Straegie wollen
wir auf die Diebstähle aus Kfz übertragen. Deren Zahl hat sich um zwar 570
Fälle auf 10.571 Delikte verringert“, sagt Kriminaldirektor Jürgen Schneider.
„Aber das sind immer noch sehr hohe Fallzahlen.“
Ebenfalls Kopfschmerzen bereiten den Fahndern die Fälle von „Skimming“, dem Ausspähen von Scheckkarten und anschließendem Plündern der Konten. Die sprangen von 93 auf 372 Fälle in die Höhe. „Hier kann man den Bürgern nur größte Vorsicht an den Geldautomaten raten“, so Schneider.
3. März 2008 | Home / Lokales / Düsseldorf / Düsseldorf aktuell / Jugendgewalt: Immer jünger, immer härter wz
Düsseldorf. Am Montag veröffentlicht die Polizei die Kriminalstatistik für 2007. Schon jetzt ist klar: Die jugendlichen Gewalttäter werden immer jünger. Und immer brutaler. „Die Bereitschaft, sehr massive Gewalt auszuüben, ist gewachsen“, bestätigt Polizeisprecher Andreas Czogalla. Obgleich die in ganz Deutschland hitzig geführte Debatte sich nach der Wahl in Hessen stark abgekühlt hat, ist das Thema also nach wie vor und auch in Düsseldorf hochaktuell.
Edwin Pütz, Jugendrichter
Im Februar erregten gleich zwei Prozesse um Gewaltexzesse unter jungen Düsseldorfern Aufmerksamkeit. In einem Fall hatte ein 21-Jähriger einen Gleichaltrigen mit Freunden zwei Stunden lang misshandelt, im anderen Fall schlugen zwei 20-Jährige drei Jugendliche in einem Partykeller ebenfalls über Stunden, pinkelten sie sogar an. Die Täter wurden zu Haft- oder Bewährungsstrafen verurteilt.
Jugendrichter Edwin Pütz bestätigt den Anstieg der Prozesse um junge Gewalttäter. Und wie die Polizei glaubt er: „Die Qualität der Gewalt ist heute eine andere. Für manche Intensivtäter fängt die Gewalt erst an, wenn sie einen am Boden Liegenden treten.“
Dies erinnert an Szenen, wie man sie im Fernsehen in den vergangenen Monaten dauernd gesehen hat – aus den Vororten anderer Städte. Hat auch Düsseldorf ein Problemviertel-Problem? Immerhin spielte sich der Partykeller-Fall in Garath ab, das allgemein als belastet gilt. Stephan Busche hat als Streetworker einen der Schläger lange vor der Tat kennen gelernt – als einen „hochsensiblen jungen Mann“.
Busche kennt die Schwierigkeiten von Garath, in seinen Augen liegen sie gar nicht so sehr in der hohen Anzahl von Migranten und Empfängern von Sozialleistungen. Sondern vielmehr darin, dass der Stadtteil einen hohen Anteil junger Bewohner hat – aber wenig Freiräume für sie.
„Eins der größten Probleme ist aber die Außenwahrnehmung“, glaubt Busche. So entsteht eine Abwärtsspirale. Die jungen Garather sind perspektivlos, sehen sich durch ihre Herkunft aus dem vermeintlichen „Ghetto“ stigmatisiert, ihre Chance auf einen Ausbildungsplatz geschmälert. So ziehen sie sich gegenseitig herunter – und immer weniger Menschen, die die Wahl haben, ziehen nach Garath. „Es fehlen Vorbilder“, erklärt Busche.
SimonS teimel, Anti-Aggressionstrainer
Tatsächlich gibt es laut Polizei im Düsseldorfer Süden eine vergleichsweise hohe Zahl junger Straftäter. Anti-Aggressionstrainer Simon Steimel allerdings ist sicher, dass die Gewaltbereitschaft nicht primär stadtteil- oder schichtbezogen ist. Vielmehr glaubt er: „Diejenigen, die Gewalt initiieren, haben in der Regel selbst Gewalt erfahren.“ Auch er beobachtet die Entwicklung mit Sorge: „Ich war schon vor acht Jahren, als ich anfing, an Schulen zu arbeiten, schockiert. Aber ich erlebe seither noch eine Steigerung der Aggressivität.“
Jedoch: Auch die Bereitschaft, zu reagieren, nehme zu – etwa an den Schulen. Frühe Intervention sieht Steimel als einzigen Ansatzpunkt. Daher wünscht er sich mehr Schulpsychologen sowie Sozialarbeiter und ihre Vernetzung mit der Schule, um neben dem Jugendlichen auch seine Familie stärken zu können.
Richter Pütz hält zudem die Möglichkeit zu einem Warnschussarrest für sinnvoll. Dieser könnte zusätzlich zu einer Bewährungsstrafe nach dem Jugendstrafrecht verhängt werden.
Polizeisprecher Czogalla ist sicher: „Wir sind in Düsseldorf schon auf einem guten Weg.“ Denn obwohl die ausgeübte Gewalt unter Jugendlichen immer schockierendere Qualität bekommt, steigt die Zahl der jungen Gewalttäter und auch der Intensivtäter aktuell nicht weiter an.
Definition: Die Definition eines Intensivtäters ist regional bedingt. In NRW bezeichnet man laut Polizeisprecher Andreas Czogalla einen Täter, der in einem Jahr mindestens fünf Straftaten, darunter eine gewalttätige (Körperverletzung oder Raub), verübt hat, als Intensivtäter.
03.03.2008
Von Juliane Kinast