"Gau für eine Generation Schulabgänger"
Die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen in Düsseldorf steigt und die Vermittlung liegt aufgrund von Fehlentscheidungen am Boden. Wann kommt das Jobcenter?
Düsseldorf. Die Jugendarbeitslosigkeit in Düsseldorf ist im Vergleich zum Vorjahr im Februar um sage und schreibe 82,4 Prozent gestiegen. Bei jungen Leuten unter 20 Jahren hört sich die absolute Zahl mit 726 zwar noch relativ harmlos an, aber dies ist im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um mehr als 500 Prozent. Zwar haben diese Zahlen auch etwas damit zu tun, dass die Arbeitslosenstatistik im Rahmen von Hartz IV endlich etwas ehrlicher geworden ist sie zeigen aber auch einen besorgniserregenden Trend.
Damit nicht genug in Düsseldorf ist durch offensichtliche Fehlentscheidungen die Vermittlung arbeitsloser Jugendlicher zu einem Desaster geworden. Diesen Vorwurf erhebt Henri Berners von der Jugendberufshilfe Düsseldorf. "Das ist der Gau für eine ganze Generation von Schulabgängern" orakelt Berners und ist stinksauer. Was ist geschehen?
Fünf Jahre lang hat in Düsseldorf die Jugendbörse B3 (Beratung, Beschäftigung, Berufsausbildung) dafür gesorgt, dass arbeitslose Jugendliche in Lehrstellen vermittelt wurden. B3, so Berners, hatte sich zu einer Marke in Düsseldorf etabliert. "Die sind selbst initiativ geworden, haben Jugendliche zu sich geholt und sie dazu gebracht, ihre Chancen wahrzunehmen", beschreibt er die Arbeit von B3. In vier Jahren, sagt Berners, habe B3 die Jugendarbeitslosigkeit in Düsseldorf halbiert und dann kam das Aus.
Vergangenes Jahr wurde der Vertrag mit B3 nämlich nicht verlängert. Getragen wurde das Projekt im Auftrag vom Arbeitsamt Düsseldorf von einer Kooperation der Jugendberufshilfe Düsseldorf und der Wirtschaftsschule Paykowski. Für B3, dessen Sitz an der Ivo-Beucker-Straße 37a war, endete die Finanzierung, weil das Bundesarbeitsamt zur Agentur für Arbeit geworden war und solche Projekte nun ausgeschrieben wurden. Der günstigste Träger, erinnert sich Berners, erhielt den Zuschlag.
Das war das Unternehmen OBZ, das laut Berners aus dem Olivetti-Bildungszentrum hervorgegangen war. Das Konzept von OBZ war aber ein anderes: In Bahnhofsnähe wurde ein kleines Büro angemietet, das halbtags besetzt war die Jungendlichen wurden über ein Callcenter in Mönchengladbach betreut. Berners erinnert sich: "Wer sich zwei Mal nicht meldete, wurde aus dem Verteiler herausgenommen."
Diese Art der Arbeit mit jungen Arbeitslosen zeigte ihre Früchte: Im Jahr 2004 wurde nicht ein einziger arbeitloser Jugendlicher aus Düsseldorf von OBZ in eine Ausbildungsstelle vermittelt. Zum Vergleich: 2003 hat die Ausbildungsvermittlungsagentur AVA (ein Projekt von B3) insgesamt 310 junge Menschen in eine Lehrstelle vermittelt.
Das Fehlen jeglicher Erfolgsmeldungen von OBZ ist offensichtlich auch der Bundesagentur für Arbeit aufgefallen der Vertrag mit OBZ wurde nicht verlängert. Stand der Dinge: In Düsseldorf kümmert sich derzeit niemand um die Vermittlung arbeitsloser Jugendlicher.
Nein, sagt Peter Wege von der Düsseldorfer Agentur für Arbeit, es sei ja die ureigene Aufgabe der Arbeitsvermittler, junge Menschen in Ausbildungsplätze zu vermitteln. Dies würde man tun. Ist das so? Die Arbeitsgemeinschaft (Arge) von Stadt und Arbeitsagentur hat im Rahmen von Hartz IV angekündigt, ein Jobcenter mit dem Titel "U 25" extra für junge Arbeitslose zu gründen. Aber, so Theo Lienkamp von der Arbeitsagentur, es könne noch kein konkretes Eröffnungsdatum genannt werden. "Wir müssen uns noch mit der Stadt abstimmen, wir sind in den letzten Vorbereitungen", sagt Lienkamp.
Henri Berners von der Jugendberufshilfe sieht das anders: "Das mit der Arge liegt im argen. Schauen sie sich das bei der Arbeitsagentur an. Das sieht doch aus wie Checkpoint-Charlie, wenn die in langen Schlangen vor den Schaltern stehen, als wollten sie in den alten Ostblock reisen. Das schreckt Jugendliche ab."
"Es ist skandalös", sagt OB Joachim Erwin und ergänzt: "Ich hätte es begrüßt, wenn B3 hätte weitermachen dürfen." Das sei halt der Nachteil dieser unseligen Ausschreibungpraxis. Erwin fordert, sich endich um die jungen Menschen zu kümmern.
05.03.05 wz
Von Robert Maus
Düsseldorf