Wurstbrötchen gestohlen: 300 Euro Strafe oder Haft
(wuk)
Eine 35-jährige Frau muss für den Diebstahl eines Wurstbrötchens für 1,99 Euro
jetzt 300 Euro als Strafe zahlen. So entschied gestern ein Amtsrichter. Die
Frau hatte gegen eine schriftliche Verurteilung zu 30 Tagessätzen zwar
Einspruch eingelegt und dadurch einen Prozesstermin erzwungen. Doch weil sie
nicht pünktlich im Gerichtssaal war, wurde ihr Einspruch verworfen, die Strafe
damit fällig.
Seit 1993 hat die früher rauschgiftsüchtige Frau schon zwölf
Strafen wegen Drogendelikten und auch wegen Diebstählen geringwertiger Sachen
kassiert. Anfang 2011 steckte sie laut Anklage dann in einer Bäckerei am
Bahnhofsvorplatz ein belegtes Brötchen unter ihre
Jacke, ging nach draußen. Zwei Angestellten gelang es nur mit Gewalt, sie
festzuhalten. Die Frau beteuerte, sie habe vor dem Geschäft bloß einen
Bekannten um Geld für das Brötchen bitten wollen, habe nicht gestohlen. Doch
als sie ein Jahr später erneut beim Diebstahl (von einer leeren Pfandflasche
für 8 Cent) ertappt wurde, erwirkt die Staatsanwaltschaft per Strafbefehl die
300 Euro als Sanktion. Weil die Frau gestern den Prozess verpasste, muss sie
diesen Betrag nun zahlen - oder ersatzweise 30 Tage im Gefängnis absitzen. Und
es könnte für die 35-Jährige sogar noch viel schlimmer kommen.
Weil sie wegen ähnlicher Klein-Diebstähle nämlich noch neun
Monate Bewährungsstrafe offen hat, droht ihr jetzt der Widerruf dieser
Bewährung. Dann müsste sie nicht nur für die gestern verhängten 300 Euro für 30
Tage ersatzweise hinter Gitter, sondern käme (bei Widerruf der Bewährung)
insgesamt für 300 Tage in Haft - ausgelöst nur durch den Diebstahl eines
Wurstbrötchens und einer leeren Pfandflasche.
rp 4.5.12
03.05.2012 | 15:50 Uhr der
westen
Düsseldorf.Außer Atem hastete die
Frau durch den Gerichtsflur. Doch sie kam zu spät: Das Amtsgericht hatte nach
der obligatorischen Viertelstunde Wartezeit ihren Einspruch gegen einen Strafbefehl
verworfen. Nun muss sie 300 Euro Geldstrafe zahlen. Dafür dass sie ein Brötchen
für 1,99 Euro und einen leere Pfandflasche im Wert von 8 Cent gestohlen hat.
Die 35-Jährige war ziemlich unglücklich. Nicht ohne Grund: Wenn sie nicht
zahlen kann, muss sie 30 Tage in Haft. Doch damit nicht genug: Sie steht noch
unter Bewährung. Nun muss sie befürchten, dass die Bewährung widerrufen wird.
Dann müsste sie die neun Monate absitzen. Die Angeklagte, der man ihr schweres
Leben ansieht, fällt seit ihrer Jugend mit Drogendelikten und Diebstählen auf,
hat schon öfter im Gefängnis gesessen. Meist waren es kurze Haftstrafen von
einigen Monaten, die erst zur Bewährung ausgesetzt waren. Doch dann wurden die
Bewährungen widerrufen.
Die aktuellen Vorwürfe beziehen sich auf den Diebstahl eines
belegten Brötchens aus einem Selbstbedienungs-Bäckershop. Das soll sie im
Januar 2011 aus der Auslage genommen und unter ihre Jacke gesteckt haben, damit
an der Kasse vorbei gegangen sein. Bei der Polizei hatte sie erklärt, sie habe es
nicht stehlen, sondern draußen einen Bekannten um Geld bitten wollen. Ein Jahr
später soll sie in einem Supermarkt eine leere Flasche in ihren Rucksack
gesteckt haben. Das bestreitet sie.
Gestern wollte das Amtsgericht über ihren Einspruch gegen den Strafbefehl
verhandeln, schloss aber nach 15 Minuten die Akte. Ihre Erklärung, sie habe zum
Methadonarzt gemusst, bewirkte nichts mehr. Ob sie einen Anwalt findet, der
ihre Verspätung korrekt entschuldigen kann, ist zweifelhaft.
Von BARBARA KIRCHNER
Wie ein Rabe bediente sich die Angeklagte aus den Auslagen
von Geschäften – ohne zu zahlen! Donnerstag ging es um ein
Seelachs-Brötchen.
Foto: dpa (Symbolfoto)
Düsseldorf –
Olga B. (35, Name geändert) kann’s nicht lassen: Wie ein Rabe bedient sie sich
aus den Auslagen von Geschäften – ohne zu zahlen! Donnerstag ging es um ein Seelachs-Brötchen. Das kostet sie jetzt 300 Euro Strafe.
Außerdem droht der Widerruf einer Bewährungsstrafe. Dann müsste sie zusätzlich
neun Monate in den Knast.
Ihre erste Vorstrafe kassierte Olga mit 16 Jahren. Damals wurde sie
ebenfalls beim Klauen erwischt und hatte Rauschgift dabei. Die junge Frau kam
nicht mehr davon los. Heute lebt sie auf der Straße, hat nicht keine eigene
Adresse.
Zigmal saß sie hinter Gittern. Und obwohl Olga eine Bewährungsstrafe offen
hatte, griff sie bei einem Back-Laden am Hauptbahnhof zu: Sie langte nach einem
Seelachsbrötchen für 1,99 Euro, steckte es sich unter die Jacke und ging
selbstbewusst an der Kasse vorbei.
Doch dabei wurde sie beobachtet und gestoppt. Dabei fiel das
Brötchen auf den Boden. Der Polizei erklärte Olga: „Ich wollte nach draußen, um
einen Bekannten nach Geld zu fragen. Natürlich wäre ich dann zurückgekommen und
hätte das Brötchen bezahlt.“
Wenig später klaute sie im Supermarkt eine leere Pfandflasche, steckte sie in den Rucksack. Wert: 8 Cent. Auch dafür kassierte sie die 300 Euro Strafe. Ihr Einspruch gegen die Strafe wurde am Donnerstag verworfen, weil Olga zu spät bei Gericht eintraf. Auf dem Flur vor dem Saal brach sie in Tränen aus.