So will die Stadt Wohnraum schaffen

Von Jürgen Heimann

mit einem Kommentar von Uwe-Jens Ruhnau

Die Stadt hat bereits ein Handlungskonzept in der Schublade. Der WZ liegt das Papier exklusiv vor.

Großbild Nanninga, Bernd (bn)

Platz ist kaum da für neues Bauland, also muss die Stadt sich etwas einfallen lassen, um immer mehr Menschen unterzubringen.

Düsseldorf. Seit Monaten bestimmen die Probleme auf dem Wohnungsmarkt die Schlagzeilen: Es gibt kaum Bauland, zu wenig Mietwohnungen werden gebaut und der Bestand an sozial geförderten Wohnungen schmilzt. Eine Ursache: Die Stadt hat mit 217 Quadratkilometern eine eher kleine Fläche fast ohne Bauland. Dabei wächst die Zahl der Einwohner – und die Mieten steigen.

Mit einem „Handlungskonzept Wohnungsbau“ will die Stadt jetzt gegensteuern. Es muss „weiterer Wohnraum geschaffen werden, insbesondere dort, wo eine verstärkte Nachfrage erkennbar ist“, heißt es in dem Entwurf. Im kommenden Jahr soll dieser von den politischen Gremien beschlossen werden.

Darin ist von der Überprüfung städtischer Richtlinien, Weiterentwicklung bestehender Instrumente und Neuentwicklungen von Reglements die Rede. Hier die wichtigsten Eckpunkte des Papiers:

Bürogebäude Auch die Stadt sieht die Chance, leerstehende Büros (über eine Million m2 stehen derzeit leer) in Wohnraum umzuwidmen. Standorte sollen deshalb jetzt systematisch ermittelt werden, um Bau- und Planungsrecht zu schaffen. Erfolge auf Verwirklichung werden im mittel- bis langfristigen Bereich gesehen.

Bebauungspläne Bereits wirksame Bebauungspläne sollen überprüft werden, um nicht genutzte Flächen zu ermitteln. Ziel: Eigentümer motivieren, zu bauen oder selbst mit dem Liegenschaftsamt als Käufer aktiv zu werden.

Regionalplan Aufgrund räumlicher Grenzen und erwarteten Bevölkerungswachstums (2025: 605 500 Menschen statt heute 592 000) glaubt die Stadt, dass die Abwanderung vieler Familien ins Umland nicht aufzuhalten ist. Ziel deshalb: Die Stadt sucht Kooperationen mit Umlandkommunen für den neuen Regionalplan, damit dort Flächen ausgewiesen werden.

Belegungsrecht Die Zahl der Mietpreis- und Belegungsbindungen soll erhöht werden. Investoren, die freie Wohnungen errichten, sollen gegen eine Förderung des Grunderwerbs ein Belegungsrecht für Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein einräumen. Die Kaltmiete beträgt dann für 15 Jahre maximal 5,10 Euro pro m2. Zuschuss für den Eigentümer: zwei Euro monatlich pro m2. Das vorhandene Programm soll verlängert werden.

Wohneigentum Die Stadt will finanzielle Anreize schaffen, damit Privatleute Eigentum errichten. Durch die Überschreitung der Einkommensgrenze in der sozialen Wohnraumförderung um bis zu 50 Prozent sollen hiervon auch junge Mittelschicht-Familien profitieren.

Jörg Schnorrenberger vom Ring Deutscher Makler sieht in dem Konzept erste gute Ansätze. „Alles, was getan wird, ist erst einmal gut.“ Kritik übt er aber an Einzelpunkten wie der Förderung. Der Zuschuss von zwei Euro pro m2 könne kaum Bauherren ködern, zu investieren.

http://www.wz-newsline.de/lokales/duesseldorf/specials/dusseldorf-wachsende-stadt/so-will-die-stadt-wohnraum-schaffen-1.1107665

 

Kommentar

Kommentar: Das Ergebnis zählt

Von Uwe-Jens Ruhnau

Großbild Nanninga, Bernd (bn)

Ein Kommentar von Uwe-Jens Ruhnau.

Die Ratsmehrheit von CDU und FDP und die Verwaltung sind sich einig – und sie gehen ein hohes Risiko. Alle wissen, dass die Mieten galoppierend steigen und es zu wenig preiswerten Wohnraum gibt. Dennoch ist man strikt dagegen, wie in München bei Neubauprojekten Vorgaben zur Menge der öffentlich geförderten Wohnungen zu machen.

Man setzt lieber auf Kooperation mit den Investoren. Es wäre schön, wenn die Rechnung aufginge – Skepsis aber ist angebracht. Immo–scout meldet aktuell 2400 freie Wohnungen in Düsseldorf, bei nur einem Viertel liegt die Miete unter acht Euro pro Quadratmeter. Das muss mehr werden.

http://www.wz-newsline.de/lokales/duesseldorf/das-ergebnis-zaehlt-1.1107666

 

 

Die große Expertenrunde zum Düsseldorfer Wohnungsmarkt

Das Gespräch führten Uwe-Jens Ruhnau und Alexander Schulte

Ein Makler und die Vertreter von Hauseigentümern, Genossenschaft, Mieterverein und Bauherren diskutieren die Wohnsituation.

Großbild Judith Michaelis

Trafen sich zum Wohnungsgipfel bei der WZ auf der Girardetbrücke an der Königsallee: Jörg Schnorrenberger, Ingo Apel, Hans-Jochem Witzke, Heiko Leonhard und Michael Kraus (v.links).

Herr Kraus, derzeit Wohnungen in Düsseldorf zu bauen, muss bei der Nachfrage doch ein Vergnügen sein, oder?

Michael Kraus: Ja, es macht Spaß an diesem sehr internationalen Standort. Wir haben in der Tat genug zu tun.

Welche Zielgruppen haben Sie?

Kraus: Viele. Singles, Paare, oft Familien, jetzt etwa im Quartier Reitzenstein. Ich denke, unsere Bauten haben einen besonderen Charakter, wir wollen Unikate entwickeln. Wir verkaufen noch häufig an die Endnutzer, obwohl es natürlich auch Kapitalanleger gibt, die Steine als finanzielle Sicherheit wollen.

Jörg Schnorrenberger: Der Faktor „Betongold“ wird immer wichtiger. Die direkte Rendite ist für viele fast zweitrangig, hauptsache man investiert an einem guten Standort in der Stadt und das Geld ist somit sicher angelegt.

Ist der Boden knapp für neue Projekte? Oder droht der Markt bereits zu überhitzen?

Kraus: Natürlich ist Platz in Düsseldorf ein Mangelfaktor. Zudem ist die Stadt auch für auswärtige Entwickler interessant geworden. Dadurch entsteht Preistreiberei. Aber man muss sie nicht immer mitmachen.

Schnorrenberger: Im Luxussegment bei Eigentumswohnungen wird die Luft nach oben dünner. Da nähern wir uns einer Preissättigung. Aber bei bezahlbaren Wohnungen für die Mittelschicht, da ist ein Riesenbedarf.

Herr Leonhard, wer, wenn nicht Sie als Genossenschaftler, kann preiswerten Wohnraum anbieten?

Heiko Leonhard: Ich finde zunächst, dass die Debatte oft viel zu sehr auf die Größe Kaltmiete pro Quadratmeter verkürzt wird. Es geht auch um Größe, Zuschnitt, Ausstattung. Ich habe deshalb auch bei uns nie die Höchstgrenze von zehn Euro genannt. Richtig ist, dass wir Flächen suchen, die einen Grundstücksanteil von maximal 500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche ausmachen.

Da fängt bei Ihnen das Preisspektrum gerade an, Herr Kraus.

Kraus: Stimmt. Im mittleren Bereich geht es aber schnell auf 600, 700 Euro pro bebauten Quadratmeter, in Oberkassel ist man auch im vierstelligen Bereich.

Herr Schnorrenberger, gibt es in Düsseldorf überhaupt eine Wohnungsnot?

Jörg Schnorrenberger: Nun, das Angebot ist zu knapp. Das wenige, was da ist, ist hochpreisig, was wiederum von vorneherein die Nachfrage senkt. Insofern ist es keineswegs so, dass samstags überall die Treppenhäuser voll mit Wohnungssuchenden sind und der Makler sagt: So, die beiden hübschen jungen Damen zuerst.

Leonhard: Nein, es gibt keine Wohnungsnot. Das Thema wird meiner Ansicht nach gerade hochgeredet.

Herr Apel, die Mieten in Düsseldorf sind teuer. Ist das nicht die Schuld Ihrer Klienten, der Hausbesitzer.

Ingo Apel: I wo. Wir vertreten rund 16 000 Eigentümer, davon sind fast 99 Prozent Bestandshalter. Und die Durchschnittsmiete liegt da bei sieben bis acht Euro. Fakt ist: Viele Vermieter nutzen eben gerade nicht jede Chance zur Preiserhöhung, sie legen mehr Wert auf gute, dauerhafte Mieter.

Herr Witzke, das heißt, der Mieterverein macht nur Propaganda, die Mieten sind gar nicht so hoch?

Hans-Jochem Witzke: Schön wär’s. Wenn wir den Mietspiegel über Jahre betrachten, dann sehen wir große Sprünge. Im letzten Zwei-Jahres-Zyklus lag der Zuwachs im Schnitt bei moderaten 2,3 Prozent. Das variiert aber sehr von Stadtteil zu Stadtteil. In Teilen von Flingern, in Bilk, Oberbilk, da gehen die Mieten rauf.

Apel: Die Leute wollen heutzutage immer mehr Wohnraum pro Person. Früher lebte eine vierköpfige Familie ganz selbstverständlich auf 80 Quadratmetern, heute wollen oft Singles so viel Platz. Nur: Höhere Ansprüche kosten halt mehr. Ich denke, von bezahlbarem Wohnraum können wir sprechen, wenn man 30 Prozent des Nettoeinkommens für die Warmmiete ausgeben muss.

Witzke: Da kenne ich noch die Größe 25 Prozent. In Neubauten geht praktisch nichts unter zehn Euro pro Quadratmeter – und das ist für viele unerschwinglich.

Aber sind in der alternden Gesellschaft nicht vermehrt kleine Wohnungen gefragt?

Leonhard: So ist es. Bei Singles denkt man immer an Studenten. In Wahrheit leben immer mehr Alte allein, vor allem Seniorinnen. Und für die gibt es noch viel zu wenig Zwei-Zimmer-Wohnungen mit 50 Quadratmetern.

Kraus: Auf dem Erwerbermarkt sieht das ganz anders aus: Zwei Zimmer sind da wenig gefragt.

Was wünschen Sie sich für die Düsseldorfer Wohnungspolitik?

Witzke: Das Hauptproblem ist der Mangel an preiswerten Grundstücken. Da sollte die Stadt ruhig mal subventionieren. Im Rathaus haben aber leider viele noch nicht begriffen, dass es hierbei um den Erhalt der solidarischen Gesellschaft geht.

Schnorrenberger: Ohne Gestaltung des Marktes geht es nicht, da können Subventionen helfen. Wichtig wären Erleichterungen von Investitionen, vor allem über den Zwang zum Stellplatznachweis muss man nachdenken.

Apel: Danke. Die Kosten etwa bei der energetischen Sanierung fressen auch viele Bestandshalter auf. Hinzu kommen Finanzierungsprobleme: Ältere Hauseigentümer bekommen immer schwerer Kredite bei den Banken.

Leonhard: Ich wünsche mir, dass man etwas die Emotionen aus der Debatte nimmt. Ich glaube, in städtischen Lagen kann die Grundstückssuche noch intensiviert werden, Stichwort: Innenhöfe.

Kraus: Warum nicht mal neue Wege gehen? In einem größeren Areal könnten Genossenschaft und ein Entwickler durchaus mal etwas zusammen machen. 23.9.12

http://www.wz-newsline.de/lokales/duesseldorf/specials/dusseldorf-wachsende-stadt/die-grosse-expertenrunde-zum-duesseldorfer-wohnungsmarkt-1.1107667