Schwarze Sheriffs gut im Geschäft

Immer mehr Unternehmen und Privatleute lassen ihr Eigentum von Sicherheitsdiensten bewachen. Der Umsatz der Branche hat sich innerhalb von zehn Jahren auf 4,3 Milliarden Euro verdoppelt. Doch was dürfen die Wachleute eigentlich - und was darf nur die Polizei?

VON BIRGITTA RONGE

 

Düsseldorf Mitternacht. Auf der Baustelle am Schlossbad in Mönchengladbach-Wickrath patrouilliert ein Wachmann mit Hund. Bis in die frühen Morgenstunden muss er aufpassen, dass keine Kriminellen die Baustelle plündern. Das geschieht laut Polizeistatistik immer häufiger. „Das organisierte Verbrechen hat es vor allem auf Kupferrohre abgesehen, die in großen Mengen auf Baustellen gelagert werden“, sagt Bodo Schmitz, Geschäftsführer der Sicherheitsfirma Schmitz Security in Mönchengladbach. Die Kunden wissen das - und sorgen vor: „Wir können gar nicht so schnell ausbilden, wie wir angefragt werden“, sagt Schmitz.

 

Das Geschäft mit der Sicherheit boomt. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei rund 4,3 Milliarden Euro, doppelt so viel wie zehn Jahre zuvor, teilt der Bundesverband der deutschen Wach- und Sicherheitsfirmen (BDWS) mit. Immer mehr Unternehmen lassen ihre Büros von privaten Sicherheitsdiensten überwachen, immer mehr Privatleute nachts einen Wachdienst „Streife“ gehen. Ab heute ziehen die privaten Wachschützer sogar vor Schulen auf. Der Germania Wachschutz aus Bielefeld ist an 13 Schulen in Berlin-Neukölln im Einsatz, um dort die Gewalt auf den Schulhöfen einzudämmen. Es ist die erste Kooperation einer Schulbehörde mit einem Wachschützer und nicht unumstritten.

 

Bei der Polizei sieht man den verstärkten Einsatz der Schwarzen Sheriffs auf allen Sektoren mit gemischten Gefühlen: „Der Boom in der Sicherheitsbranche ist ein Indiz dafür, dass sich viele Menschen in diesem Land offenbar nicht mehr sicher fühlen“, sagt Heinz Rump, Hauptgeschäftsführer der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Nordrhein-Westfalen. „Das ist ein Alarmsignal, das mich nachdenklich macht.“ Konkrete Gründe für das steigende Bedürfnis nach Sicherheit gäbe es nicht: „Das subjektive Sicherheitsgefühl der Leute stimmt nicht mit der Kriminalitätsrate überein“, sagt Rump. „Es werden nicht mehr Menschen Opfer von Straftaten als früher.“

 

Allein die Angst vor Verbrechern nimmt zu. Das bestätigt eine aktuelle Studie der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft. 63 Prozent der Befragten waren der Ansicht, die Kriminalität in Deutschland habe in den letzten Jahren zugenommen. Mehr als zwei Drittel der Befragten fanden, der Staat tue zu wenig zur Bekämpfung der Straftaten. Die Lösung, der Angst zu begegnen: private Sicherheitsfirmen. 50 Prozent der Bundesbürger halten sie für notwendig.

 

Von den großen Nobel-Geschäften auf der Düsseldorfer Königsallee kennt man die Herren im schwarzen Anzug, die am Eingang wachen. Doch auch Unternehmen, die preiswertere Produkte verkaufen, setzen immer häufiger Sicherheitsleute ein. Vor einigen Filialen der Drogeriekette Rossmann etwa patrouilliert nun ein Wachdienst. „Durch ihre Präsenz sorgen die Security-Leute für Abschreckung“, so ein Unternehmenssprecher. „Die Kunden begrüßen das, weil es auch ihrer Sicherheit dient.“

 

Doch im Ernstfall dürfen die Wachleute auch nicht mehr als jeder normale Bürger - zumindest nicht im öffentlichen Raum. Dort ist die Polizei zuständig, erklärt Heinz Rump von der GdP. „Weder dürfen die Wachleute jemanden festhalten noch die Personalien feststellen. Das ist Sache der Polizei.“ Im Privatbereich sieht das etwas anders aus: Überwacht der Security-Dienst etwa ein Werksgelände und erwischt einen Einbrecher, darf der Täter bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten werden. Dann gilt das Hausrecht. „Unsere Leute sind auf Werksgelände mit Gummiknüppeln und Gasspray bewaffnet, patrouillieren mit freilaufenden Hunden“, sagt Bodo Schmitz. Andere setzen auf Abschreckung durch Anwesenheit: „Unsere Leute sind alle unbewaffnet“, berichtet Michael Dirr von der Grenzland Wach- und Alarmbereitschaft mit Sitz in Moers und Kempen. „Sie sollen nicht den Helden spielen, sondern besser die Polizei rufen.“

 

Immer häufiger übernehmen die Wachdienste für Privatleute auch Aufgaben, um die sich normalerweise der Nachbar kümmert: „Wenn Kunden im Urlaub sind, beobachten wir das Haus, gießen die Blumen und füttern die Katze“, so Dirr. Gerade in Großstädten und Neubaugebieten, bestätigt Bodo Schmitz, würden diese Dienste gefragt. „In gewachsenen Ortschaften passen die Nachbarn noch auf das Haus des anderen auf. Aber dort, wo man sich nicht kennt, will man auch nichts mit dem anderen zu tun haben“, sagt er.

 

- /BIRGITTA RONGE

 

Quelle:

Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH

Publikation: Rheinische Post Düsseldorf

Ausgabe: Nr.286

Datum: Montag, den 10. Dezember 2007

Seite: Nr.3