Im Land der Armut

OECD stellt Deutschland schlechtes Zeugnis aus / Forscher: Minijobs abschaffen

Von Eva Roth

Es ist eine bittere Bilanz für den deutschen Sozialstaat: Die Armut ist in der Bundesrepublik seit 1985 stärker gestiegen als in fast allen anderen Industriestaaten. Auch die Ungleichheit bei den Einkommen hat rasant zugenommen, berichtet die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einer Studie. Die wachsende Ungleichheit ist nicht nur ein soziales Problem, sondern auch schlecht für die wirtschaftliche Entwicklung, befindet die Organisation. „Eine höhere Einkommensungleichheit behindert die Aufstiegschancen über Generationen hinweg“, erklärte OECD-Generalsekretär Angel Gurria. „Sie macht es für talentierte und hart arbeitende Menschen schwerer, den Lohn zu erhalten, den sie verdienen.“ Die geringe soziale Mobilität beeinträchtige so die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit insgesamt.

Die Studie betrachtet den Zeitraum zwischen 1985 und 2005. In diesen Jahren ist nur in Irland die Armutsquote stärker gestiegen als in der Bundesrepublik. Inzwischen leben hierzulande elf Prozent der Menschen in relativer Armut, so die Forscher. Sie müssen mit weniger als der Hälfte des mittleren Netto-Einkommens zurechtkommen. Für einen Single liegt die Grenze bei 9100 Euro im Jahr.

Die deutsche Armutsquote liegt über dem OECD-Schnitt. Bei den Einkommensunterschieden liegt die Bundesrepublik nur noch knapp darunter.

Neue nationale Studien zeigen, dass dieser Trend erst jüngst gestoppt wurde, als die Wirtschaft auf Hochtouren lief. So sei das Armutsrisiko im Jahr 2006 gesunken, berichtet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Bis Mitte 2009 „gehen wir weiter von einer Entschärfung der Lage bei der Ungleichheit und Armut aus“, sagt DIW-Experte Markus Grabka der Frankfurter Rundschau. Danach werde es wohl wieder mehr Arme geben.

Doch die Politik kann gegensteuern, betont Ulrich Walwei, Vizechef des Forschungsinstituts der Bundesagentur für Arbeit. Man müsse alles dafür tun, dass die Menschen „beschäftigungs- und wettbewerbsfähig sind“, denn Arbeitslosigkeit ist ein wichtiges Armutsrisiko. Walwei plädiert für eine Fortführung der „aktivierenden Arbeitsmarktpolitik“, zu der etwa betriebliche Trainings- und Eingliederungszuschüsse gehören. Auch Geringverdiener sollten sich weiterbilden können.

Die Politik solle eher Vollzeitstellen als Minijobs fördern, weil jene eher aus der Bedürftigkeit führten. Drastischer formuliert es Gerhard Bosch, Niedriglohn-Experte der Uni Duisburg-Essen: „Die Politik sollte die Minijobs abschaffen und nicht mehr subventionieren. Gerade für Frauen sind sie eine Armutsfalle.“

Walwei plädiert auch für einen niedrigen Mindestlohn von 5,5 bis 6 Euro pro Stunde, damit Vollzeitbeschäftigte ihren eigenen Lebensunterhalt sichern könnten.

Der Studie zufolge ist vor allem die Kinderarmut rasant gestiegen, und zwar von sieben auf 16 Prozent. Dramatisch ist die Lage von Alleinerziehenden: 41 Prozent leben in relativer Armut. Im OECD-Durchschnitt sind es 31 Prozent. Viele Frauen könnten nun mal mangels Betreuungseinrichtungen nicht arbeiten, sagt Grabka. Wenn die Politik die Armut dieser Menschen verringern wolle, müsse sie weiter konsequent in den Ausbau der Kinderbetreuung investieren.

 

ROTH

Millionen sind überschuldet

Zahl hat sich verdoppelt

In Deutschland sind über drei Millionen Haushalte überschuldet – sie können ihre laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen. Laut Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung hat sich die Zahl der überschuldeten Haushalte seit 1990 verdoppelt. Die Schuldenfalle schnappt besonders oft bei arbeitslosen, allein lebenden Menschen im mittleren Alter zu. Diejenigen, die zu einer Schuldnerberatung gegangen sind, stehen laut Statistischem Bundesamt mit durchschnittlich 23 000 Euro in der Kreide, haben aber weniger als 900 Euro im Monat. ap

 



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Ausgabe: Stadtausgabe (Nr. 247)
Datum: Mittwoch, den 22. Oktober 2008
Seite: 14

 

 

OECD-Studie

Deutschland - Land der Armen

Berlin. Armut und Ungleichheit der Einkommen in Deutschland haben nach einer OECD-Studie seit dem Jahr 2000 stärker zugenommen als in den anderen Industriestaaten.


"Trotz anhaltender staatlicher Umverteilung durch Steuern und Transfers erhöhte sich die Kluft zwischen Reich und Arm", hieß es in der am Dienstag in Berlin vorgestellten Untersuchung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Die Armutsquote liege inzwischen knapp über dem OECD-Durchschnitt, während sie Anfang der 90er Jahre um ein Viertel niedriger ausgefallen sei.

Hauptgrund für die wachsende Ungleichheit sei Arbeitslosigkeit. Der Anteil der Haushalte ohne jedes Erwerbseinkommen sei bis 2005 auf rund ein Fünftel gestiegen, wobei Rentnerhaushalte nicht mitgezählt werden. Das ist der höchste Wert innerhalb der OECD, der 30 Industrieländer angehören. Stärkere Anreize zur Arbeitsaufnahme wie die Hartz-Reformen wiesen daher in die richtige Richtung, sagte OECD-Experte Michael Förster.

Auch die Spreizung der Löhne und Gehälter nahm der Studie zufolge von 1995 bis 2005 "drastisch zu". "Vor allem bei den Männern sind die hohen Einkommen deutlich schneller gewachsen als die niederen", hieß es. Der Trend zu einer ungleichen Verteilung der Einkommen sei aber im vergangenen Jahr zu einem vorläufigen Ende gekommen. Soziale Transfers und Einkommensteuern verringerten die Einkommensungleichheit um ein Drittel und die Armut um die Hälfte. Das entspreche genau dem OECD-Schnitt.

Vermögen sind noch ungleicher verteilt


Noch ungleicher verteilt sind die Vermögen. Die obersten zehn Prozent besitzen etwa die Hälfte des Gesamtvermögens - die einkommensstärksten zehn Prozent erzielen dagegen nur etwas mehr als ein Viertel des Gesamteinkommens.

Deutlich zugenommen hat den Angaben nach die Kinderarmut.
1985 lebten noch sieben Prozent der Kinder in einem Haushalt, der weniger als die Hälfte des deutschen Durchschnittseinkommens bezog. 2005 seien es bereits 16 Prozent gewesen. Bei Kindern von Alleinerziehenden weise Deutschland nach Japan, Irland, den USA, Kanada und Polen die höchste Armutsquote auf. Dagegen blieb die Armutsrate älterer Menschen stabil bei rund neun Prozent, während sie im OECD-Durchschnitt 13 Prozent beträgt.

Langzeitarmut ist der OECD zufolge dagegen ein Phänomen, das in Deutschland seltener als anderswo auftritt. Etwa zwei bis drei Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen, gelten also über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren als arm. Nur in Dänemark und den Niederlanden sei der Anteil noch geringer, der OECD-Schnitt liege doppelt so hoch. Auch materielle Entbehrungen seien in Deutschland seltener als in vielen anderen Ländern.

Etwa acht Prozent der Bevölkerung müssten deutliche Abstriche am Lebensstandard machen - im OECD-Schnitt seien es zwölf Prozent. (dpa)

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Dokument erstellt am 21.10.2008 um 10:16:58 Uhr
Letzte Änderung am 21.10.2008 um 11:17:53 Uhr
Erscheinungsdatum 21.10.2008


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22.10.2008 / Titel / Seite 1Inhalt jw

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Deutschland macht arm

Von Rainer Balcerowiak

 

Armut und Einkommensungleichheit haben in Deutschland in den vergangenen Jahren wesentlich schneller zugenommen als in fast allen anderen 29 Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Das geht aus einer am Dienstag in Paris vorgestellten Studie der Staatengruppe hervor. Mit einer Armutsquote von elf Prozent der Bevölkerung liegt Deutschland mittlerweile weit über dem OECD-Durchschnitt. Als Ursache benennt die Studie vor allem das rasante Auseinanderdriften der Einkommen.

Während die Kluft zwischen arm und reich in Ländern wie Frankreich, Spanien, Irland, Griechenland und der Türkei 1985 bis 2005 leicht zurückging, ist sie in Deutschland enorm angewachsen.

Besonders betroffen von Armut sind inzwischen Kinder. »So blieb die Armutsquote bei Menschen über 65 in der Zeit von 1995 bis 2005 stabil bei rund neun Prozent, während sie bei Kindern im gleichen Zeitraum von 11 auf 16 Prozent gestiegen ist – und damit fünfmal so schnell wie im OECD-Mittel«, lautet das Fazit. Eine wesentliche Rolle spielt dabei der Arbeitsmarkt. Allein von 1995 bis 2005 ist der Anteil der Menschen, die in einem Erwerbslosenhaushalt leben, von 15,2 auf 19,4 Prozent gestiegen und damit auf den höchsten Wert innerhalb der OECD. Zudem seien die Transferleistungen in Deutschland im Hinblick auf Armutsvermeidung und -bekämpfung »nicht übermäßig zielgerichtet«, heißt es in der Studie.

Wie zur Untermauerung der OECD-Studie präsentierten am Dienstag auch das Statistische Bundesamt (Destatis) und die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) neue Daten zur Überschuldung privater Haushalte und zu Verbraucherinsolvenzen. Auf einer Pressekonferenz in Berlin wie AG-SBV-Vize Marius Stark darauf hin, daß sich die Zahl der überschuldeten Haushalte von 1990 bis 2007 auf rund drei Millionen mehr als verdoppelt habe. Diese Haushalte sind kurz- und mittelfristig nicht in der Lage, mit ihrem Einkommen laufende Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Weitere 1,2 Millionen gelten als akut überschuldungsgefährdet. Auch die Erhebungen des Destatis und der AG SBV kommen zu dem Ergebnis, daß Erwerbslosigkeit die Hauptursache für Überschuldung ist.

Da die meisten Länder im Zuge von »Sparmaßnahmen« die Unterstützung für Schuldnerberatungsstellen teilweise drastisch eingeschränkt haben, könnten aber nur zehn bis 15 Prozent der Betroffenen qualifizierte Hilfe und Betreuung in Anspruch nehmen. Immer nach Aussendung der Doku-Soup »Raus aus den Schulden« beim Privatsender RTL würden sich Tausende Menschen bei den Beratungsstellen melden, die man wegen fehlender Kapazitäten dann für einige Monate vertrösten müsse, so Stark. Die Anzahl der bundesweit zur Zeit rund 2000 gemeinnützig tätigen Schuldnerberater müsse daher mindestens verdoppelt werden, forderte der AG-SBV-Sprecher. Denn ohne intensive Betreuung könnten Wege aus der Schuldenfalle, wie z.B. die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens, das die Restschuldbefreiung nach sechs Jahren »gläubigerkonformem Verhalten« vorsieht, nicht beschritten werden. Statt dessen träten immer mehr gewerbliche »Schuldenregulierer« auf den Plan, die mit »Sofortberatung« werben. Wer aus nackter Verzweiflung deren Dienste in Anspruch nehme, habe danach aufgrund der horrenden Gebühren oftmals noch wesentlich mehr Schulden als vorher, warnte Stark.

 

 

Arme ärmer, Reiche reicher

Die Einkommensunterschiede sind in Deutschland in den vergangenen Jahren stark gewachsen.

In jedem fünften Haushalt mit Menschen im erwerbsfähigen Alter geht keiner mehr arbeiten.

VON EVA QUADBECK


Berlin Die Unterschiede zwischen Arm und Reich sind in den vergangenen Jahren in Deutschland schneller gewachsen als in anderen Industrienationen. Dennoch sind die Unterschiede hierzulande immer noch geringer als im internationalen Vergleich. Wie aus einer Studie der OECD hervorgeht, ist vor allem für Kinder das Risiko gestiegen, unter die Armutsschwelle zu rutschen. Während Mitte der 80er Jahre noch elf Prozent der Kinder als arm galten, sind es mittlerweile 16Prozent. Damit liegt Deutschland in punkto Kinderarmut an neunter Stelle von 30 OECD-Staaten.


Als arm gilt grundsätzlich, wer in einem Haushalt lebt, der mit weniger als der Hälfte des Durchschnittseinkommens auskommen muss. Arm ist nicht gleich arm: In Deutschland müssen acht Prozent der Bevölkerung teilweise auf Grundbedürfnisse wie Haushaltsgüter, Freizeitgestaltung oder eine zufriedenstellende Wohnsituation verzichten. Im OECD-Durchschnitt sind dies zwölf Prozent. Wer in Deutschland in Armut rutscht, bleibt meistens nicht lange in dieser Lebenssituation. Nur zwei bis drei Prozent der Bevölkerung leben länger als drei Jahre auf Armutsniveau. Nur in Dänemark und den Niederlanden ist der Durchschnitt niedriger.


Den Senioren hierzulande geht es vergleichsweise gut. Die Armutsrate der Älteren ist mit neun Prozent in den vergangenen Jahren stabil geblieben. In diesem Bereich muss Deutschland den Vergleich nicht scheuen: Innerhalb der OECD-Länder leben 16 Prozent der Senioren in Armut.


Als Ursache für die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland sieht die OECD vor allem den Arbeitsmarkt: Arbeitslosigkeit und Einkommensunterschiede. So sind in den vergangenen Jahren die guten Einkommen nochmals kräftig gestiegen, womit sich der Abstand zu den unteren Lohngruppen vergrößert hat. Zugleich ist die Anzahl der Haushalte ohne Erwerbseinkommen in die Höhe geschnellt. Mittlerweile lebt fast jeder fünfte Deutsche im erwerbsfähigen Alter in einem Haushalt, in dem keiner mehr morgens das Haus verlässt, um einer Arbeit nachzugehen. Zum Vergleich: Noch vor zehn Jahren waren davon nur 15Prozent der Erwerbsfähigen betroffen. Innerhalb der OECD nimmt Deutschland in diesem Bereich die traurige Spitzenposition ein.


Die Einkommensunterschiede wirken nach Ansicht der OECD als Wachstumsbremse: „Eine höhere Einkommensungleichheit behindert die Aufstiegschancen über die Generationen hinweg“, sagte Generalsekretär Angel Gurría. Diese mangelnde soziale Mobilität beeinträchtige die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit insgesamt. Doch trotz hoher Einkommensunterschiede steht Deutschland in Sachen Durchlässigkeit der Gesellschaft international im Mittelfeld. So hat beispielsweise das Einkommen der Eltern hierzulande einen geringeren Einfluss auf die spätere Gehaltsklasse der Kinder als in Italien, Großbritannien oder in den USA.


Lob hielt die OECD für die Hartz-Reformen der Deutschen bereit. „Aktivierungsstrategien und finanzielle Anreize zur Arbeitsaufnahme können Armut reduzieren“, betonte der deutsche OECD-Experte Michael Förster. Das Institut der deutschen Wirtschaft forderte darüber hinaus Maßnahmen, um Geringqualifizierte wieder in Lohn und Brot zu bringen. „Die Anreize müssen so gesetzt werden, dass sich die Arbeitsaufnahme lohnt“, sagte IW-Experte Holger Schäfer.


Das Einkommen gilt zwar als wichtigster Faktor für Wohlstand, dennoch sind die Unterschiede zwischen Arm und Reich deutlich größer, wenn das Vermögen betrachtet wird. So besitzen die obersten zehn Prozent etwa die Hälfte des Gesamtvermögens. Zugleich verfügen die obersten zehn Prozent aber nur über etwa ein Viertel des Gesamteinkommens.


Neben dem Arbeitsmarkt sehen die Verfasser der OECD-Studie die sich wandelnden Lebensgewohnheiten der Menschen als Armutsrisiko: Wer in einem Single- oder Alleinerziehenden-Haushalt lebt, muss ein höheres Pro-Kopf-Einkommen erzielen, um den gleichen Lebensstandard zu erreichen wie Familien, die unter einem Dach zusammenleben.


Der Trend zum Single-Dasein ist in Deutschland sehr ausgeprägt. Nur in Schweden wohnen durchschnittlich noch weniger Menschen unter einem Dach zusammen. Förster bemängelte: „Das Steuer- und Transfersystem berücksichtigt das zu wenig, sondern orientiert sich immer noch am klassischen Familienbild.“

Der Arbeitsmarkt gilt als Schlüssel für den Wohlstand

 

- /EVA QUADBECK


Quelle:
Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Düsseldorf
Ausgabe: Nr.247
Datum: Mittwoch, den 22. Oktober 2008
Seite: Nr.5

 

 

 Relative Armut in Deutschland stark gestiegen

21. Oktober 2008 - 09:54 Uhr wz

 

Einkommensunterschiede und relative Armut haben einer OECD-Studie zufolge zwischen

2000 und 2005 stark zugenommen. (Symbolbild)

 

Berlin (dpa) - In Deutschland haben Einkommensunterschiede und relative Armut einer

aktuellen OECD-Studie zufolge zwischen den Jahren 2000 und 2005 stark zugenommen.

Unterhalb der Armutsschwelle lebten 10,5 bis 11 Prozent der Gesamtbevölkerung.

 

«Deutschland liegt hier leicht über dem OECD-Durchschnitt», sagte Michael Förster

vom OECD-Direktorat für Beschäftigung, Arbeit und Soziales am Montag in Berlin.

Dänemark und Schweden erreichten nur einen Wert von 5 Prozent. Deutschland gehöre mit

Tschechien, Kanada und Neuseeland auch zu den Ländern, in denen die Kinderarmut am

stärksten gewachsen sei.

 

Alleinerziehende und Kinder sind der Studie zufolge überdurchschnittlich, Rentner

dagegen unterdurchschnittlich von Armut betroffen. In Bezug auf die Armutsrisiken

spiele Erwerbslosigkeit eine große Rolle. Deutschland weise im OECD-Vergleich die

höchste Rate an Haushalten ohne erwerbstätige Person auf.

 

Als von Armut bedroht gelten nach der OECD-Definition Menschen mit weniger als 50

Prozent des mittleren Einkommens im jeweiligen Land. Dabei wird nicht der Mittelwert

aller Einkommen herangezogen, sondern der deutlich niedriger liegende Median, der die

gesamte Bevölkerung genau in der Mitte in zwei gleich große Gruppen teilt.

 

Im OECD-Durchschnitt liegt das Armutsrisiko in Haushalten, in denen keine Person

arbeitet, den Angaben zufolge bei etwa 30 Prozent. Bei einem Einkommen im Haushalt

senke es sich auf 12 bis 13 Prozent und bei mehreren auf 3 Prozent. In Deutschland

dagegen sei die «Einkommensarmutsrate der Haushalte ohne Erwerbseinkommen bei 40

Prozent», erklärte Förster. Bei einem Einkommen sinke es auf 7 bis 8 Prozent, bei

mehreren auf 1 Prozent.

 

Im Jahr 2006 hat sich die Einkommensungleichheit in Deutschland laut dem Deutschen

Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) weiter verschärft. Ein Jahr später, angeregt

durch den konjunkturellen Aufschwung, habe sich die Lage wieder verbessert. «Was in

absoluten Zahlen bedeutet, dass 1,2 Millionen Menschen in Deutschland aufgrund der

verbesserten Arbeitsmarktsituation nicht mehr von Armut betroffen sind», sagte Markus

Grabka vom DIW.

 

Die konjunkturelle Entwicklung stelle sich seit Mitte 2008 aber wieder deutlich

negativer dar. Die Arbeitsmarktstrukturen hätten sich in den vergangenen zehn Jahren

mit mehr Leih- und Zeitarbeit sowie geringfügiger Beschäftigung stark verändert.

Diese Beschäftigten «werden jetzt im Rahmen des konjunkturellen Abschwungs relativ

schnell aus dem Arbeitsmarkt hinauskatapultiert werden. Was unserer Einschätzung nach

das Ausmaß an Einkommensarmut für das Jahr 2009 wieder steigen lässt», sagte Grabka.

 

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