Neue Debatte um Alkoholverbot

Die Statistik der Polizei belegt: Die Zahl Jugendlicher, die betrunken gewalttätig werden, steigt in Düsseldorf. Ein begrenztes Verbot von Alkohol auf dem Burgplatz, wo es im Sommer immer wieder zu Randale kommt, halten Stadt und Polizei für richtig. Politisch gibt’s dafür aber keine Mehrheit.

VON DENISA RICHTERS


Betrunkene Jugendliche sind eine schwierige Klientel. Davon können die Beamten der Altstadtwache, die in Wochenendnächten an der „längsten Theke der Welt“ Streife laufen, ein leidiges Lied singen. „Alkohol enthemmt, alkoholisierte Jugendliche sind renitenter, gewaltbereiter und schwieriger in den Griff zu bekommen“, sagt Polizeisprecher Andreas Czogalla. Umso besorgter ist er über einen deutlichen Trend, der sich aus der Polizeistatistik lesen lässt: Von den 741Unter-21-Jährigen, die im Jahr 2007 einer Gewalttat verdächtigt wurden, waren 165 alkoholisiert. Im Jahr zuvor hatten nur 133 von 727 verdächtigen Gewalttätern Alkohol im Blut. Der Anteil der Gewaltdelikte im Promillerausch ist bei den jungen Verdächtigen also von 18,3 auf 22,3 Prozent gestiegen.


Jung, alkoholisiert und gewalttätig - so beschrieb NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) jüngst die Hauptproblemgruppe. Nach Ansicht von Stadt und Polizei könnte er damit auch jene beschrieben haben, die in warmen Nächten rund um den Burgplatz prügeln und randalieren - zum Ärger von Anwohnern und Gastronomen. OB Joachim Erwin, Polizeipräsident Herbert Schenkelberg und Ordnungsdezernent Werner Leonhardt plädieren deshalb dafür, auf dem Burgplatz zu bestimmten Uhrzeiten ein Alkoholverbot zu verhängen. Eine Mehrheit aus SPD, Grünen und FDP blockte das Vorhaben im Ordnungsausschuss jedoch ab. Das Thema wurde auf Eis gelegt. Andreas Hartnigk, Ordnungs-Experte der CDU-Fraktion, wärmt das Thema jetzt auf. Falls es trotz verstärkter Kontrollen auf der Freitreppe am Burgplatz erneut zu Prügeleien im Alkoholrausch komme, werde die CDU einen neuen Vorstoß zum Alkoholverbot machen. Die FDP wolle er dabei ins Boot ins Boot nehmen, kündigte Hartnigk an - und verabschiedete sich unerreichbar in den Osterurlaub.


„Da muss er aber aufpassen, dass er nicht kentert“, sagt FDP-Fraktionschefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und betont, sich von dem CDU-Mann beim Alkoholverbot auf keinen Fall ins Boot holen zu lassen. Damit sei das Problem nicht gelöst: „Jugendliche können sich doch auch in der Altstadt betrinken und dann trotzdem auf dem Burgplatz randalieren.“ Sie plädiert für Prävention, die Gefahren des „legale Rauschmittels Alkohol“ müssten bereits in Grundschulen thematisiert werden. Auch CDU-Fraktionschef Dirk Elbers ist mit dem erneuten Vorstoß seines Fraktionskollegen Hartnigk nicht einverstanden: „Das Alkoholverbot ist für meine Fraktion zurzeit kein Thema, weil es keine Mehrheiten gibt.“ Hartnigk müsse auch mal lernen, die Füße still zu halten, sonst sei der Schaden größer als der Nutzen.


Polizeipräsident Schenkelberg hingegen wirbt für das Alkoholverbot: „Die meisten sehen es nur negativ und als Repression, für uns ist aber die Prävention das Entscheidende.“ Nämlich mit Augenmaß einschreiten zu können, bevor die Situation eskaliert.

„Nicht Repression, sondern Prävention ist beim Alkoholverbot entscheidend“

So machen’s andere


Konstanz: Wegen randalierenden Jugendlichen gilt im Sommer an der Seestraße ein Alkoholverbot.


Erlangen: Nach Dauerärger mit betrunkenen Jugendlichen wurde auf öffentlichen Flächen der gesamten Stadt ein Verbot verhängt.


Marburg: Auf einigen Straßen und Plätzen ist (18- 7 Uhr) Alkohol verboten. Auslöser: Jugendliche.

- /DENISA RICHTERS

Quelle:
Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Düsseldorf
Ausgabe: Nr.66
Datum: Dienstag, den 18. März 2008
Seite: Nr.10

 

Düsseldorf- Burgplatz-Wirte

Schützt uns vor der Randale!

Von ARNO GEHRING exp. 19.3.08

Der öffentliche Alkoholkonsum auf dem Burgplatz. Pöbeleien, Schlägereien, Beschwerden von Anwohnern und Gästen. Der Versuch, den Platz zum Alkohol-Sperrbezirk zu machen, wurde von SPD, Grünen und FDP abgeschmettert (EXPRESS berichtete).

Ausgestanden ist das Thema aber nicht: Jetzt gab es wieder Randale rund um den Schlossturm. Und wieder gehen die Wirte auf die Barrikaden.

Einer von ihnen ist Robert Ritschel, Betriebsleiter des Eiscafés Shopoint. „Fünfmal“ musste er die Polizei rufen, weil rund 150 Punks vor dem Café ein Gelage veranstalteten. Ritschel: „Die hatten reichlich Bierkästen angeschleppt. Mit steigendem Alkoholkonsum stieg ihre Aggressivität. Gäste und Passanten wurden angepöbelt, Flaschen flogen. Als die Polizei eintraf, wurde ich gefragt, ob die Flaschen gezielt geworfen wurden.“

Ritschel verneinte dies, da zogen die Beamten wieder ab. Der Betriebsleiter: „Kaum waren sie weg, ging‘s wieder los.“

Um sich und seine Gäste zu schützen, rief er immer wieder die Polizei an. Ritschel: „Bis man mir dort erklärte, dass ich bei weiteren Anrufen wegen ,Missbrauchs des Notruftelefons‘ Ärger bekommen würde.“ Ritschels Chef, der Brasilianer Altamir Rocco-Lisboa: „Wir haben uns schließlich dem Pöbel gebeugt. Die Terrasse vorm Café, für die wir übrigens bei der Stadt richtig Geld bezahlen müssen, haben wir abgebaut. Kunden trauten sich eh nicht mehr, dort ein Eis zu essen.“

Dem Gastro-Team im „Alten Schlossturm“ nebenan erging‘s nicht anders. Barmann Mario: „Die Punks spielten mit leeren Bierkästen vor unserem Lokal Fußball. Grölten torkelnd die Passanten an: ,Hier marschiert der asoziale Widerstand‘. In unser Lokal hat sich kein Gast mehr gewagt. Der Burgplatz ist einer der schönsten Plätze in Düsseldorf. Aber Gastronomie kann so hier nicht überleben. Wir fordern die Politik auf, uns endlich zu schützen!“

OB Joachim Erwin, oberster Verfechter des (vorerst gescheiterten) Alkoholverbots, dazu: „Beschweren können sich die betroffenen Wirte ja bei der FDP-Fraktionschefin Strack-Zimmermann. Sie und ihr Fraktions-Kollege Neuenhaus haben viel dazu beigetragen, dass das Verbot verhindert wurde!“

 

Eine Altstadt ohne Besucher

        Was will die Altstadt? Über Sinn und Zweck eines Alkoholverbots

        am Burgplatz lässt sich trefflich streiten - Kneipenwirte

        gehören zu den größten Verfechtern, den zentralen Platz nebst

        Freitreppe trocken zu legen. Ob ihnen immer nur die

        gelegentliche Randale ein Dorn ein Auge ist oder doch eher der

        Umstand, dass sie diesen Altstadtbesuchern lieber selber den

        Alkohol verkaufen würden, sei dahingestellt. Politisch gibt es

        nach wie vor keine Mehrheit für ein solches Alkoholverbot.

        Das scheint den CDU-Ordnungspolitiker Andreas Hartnigk so sehr

        zu wurmen, dass er erneut einen gar nicht so zaghaften Anlauf

        unternommen hat, das Thema nochmal aufzuwärmen. Dabei zeigt ihm

        allerdings sein eigener Fraktionsvorsitzender die kalte

        Schulter. Dirk Elbers genügt der Scherbenhaufen, der durch die

        anhaltende politische Debatte im vergangenen Jahr entstanden

        ist. Die hat schlussendlich dazu geführt, dass die FDP die

        Gefolgschaft verwehrte. Wieder mal, möchte man sagen. Immer

        dann, wenn die Union ordnungspolitisch auf klare Kante setzt,

        ducken sich die Liberalen weg.

        Was will die Altstadt? Die Junggesellenabschiede also nicht -

        aber erst ab dem Zeitpunkt, wo ein gewisser Alkoholpegel

        erreicht ist und die Pöbelgefahr steigt. Aber auch andere

        Besucher sind offenbar nicht so gut gelitten. Anders ist es

        nicht zu erklären, dass Geschäftsleute (und Anwohner)

        verhindern, dass auf belebten Einkaufsstraßen Sitzbänke

        aufgestellt werden. Mit dieser Begründung hat die

        Stadtverwaltung jetzt den Bezirkspolitikern erklärt, weshalb es

        keine Bänke geben wird. Diese Haltung zeigt nichts anderes als

        Missachtung der Kunden: Das Geld dürfen sie in den Läden lassen,

        aber bloß nicht zwischendurch mal verweilen.

      JÖRN TÜFFERS

Quelle:

Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH

Publikation: Rheinische Post Düsseldorf

Ausgabe: Nr.69

Datum: Samstag, den 22. März 2008

Seite: Nr.10