Millionen Sozialwohnungen fehlen
24.08.2012 / Inland / Seite 2Inhalt
Steigende Mieten: Studie fürchtet »zunehmende soziale
Spannungen«
Bezahlbarer Wohnraum wird in Deutschland immer knapper.
Steigende Mieten und zu wenig Neubauten führten dazu, daß
jedes Jahr rund 100000 Sozialwohnungen vom Markt verschwinden, sagte der Leiter
des Hannoveraner Pestel-Instituts, Matthias Günther,
am Donnerstag in Berlin. Günther stellte eine Studie vor, der zufolge in
Deutschland vier Millionen Sozialwohnungen fehlen. Der aktuelle bundesweite
Bedarf liege demnach bei 5,6 Millionen; auf dem Markt verfügbar seien aber
lediglich 1,6 Millionen dieser günstigeren Wohnungen. Um wenigstens den
aktuellen Bestand zu halten, würden jährlich mindestens 130000 neue
Wohneinheiten gebraucht.
Der Untersuchung zufolge hat derzeit nur jeder fünfte finanzschwache Haushalt
die Chance, eine Sozialwohnung zu bekommen. Das Pestel-Institut
untersucht für Kommunen, Unternehmen und Verbände unter anderem die Entwicklung
auf den Wohnungsmärkten. »Bezahlbaren Wohnraum – insbesondere für
Geringverdiener, Alleinerziehende und Rentner – zu schaffen, ist eine der drängendsten sozialen Herausforderungen«, sagte Günther.
Hier seien Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen gefordert. Auftraggeber der
Studie ist die Wohnungsbau-Initiative, zu der sich der Deutsche Mieterbund, die
Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt und drei Verbände der
Baubranche zusammengeschlossen haben. Wenn sich die Entwicklung wie bisher
fortsetze, sei »mit zunehmenden sozialen Spannungen in den nächsten Jahren zu
rechnen«. Den Bund fordert die Initiative auf, stärker zu kontrollieren, ob das
Geld, das für den sozialen Wohnungsbau an die Länder fließe, auch für diesen Zweck
ausgegeben wird. Darüber hinaus seien die Bundesländer jetzt am Zuge, selbst
mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau fließen zu lassen.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom vergangenen Freitag wurden im
ersten Halbjahr 2012 zwar mehr Wohnungen neu gebaut als im Vorjahreszeitraum,
das Wachstum fiel jedoch schwächer aus als im ersten Halbjahr 2011, wo der
Zuwachs auf Jahressicht 27,9 Prozent betrug. Der Deutsche Städtetag warnte
ebenfalls vor steigenden Mieten. »Haushalte mit niedrigem Einkommen haben
zunehmend Probleme, sich mit angemessenem Wohnraum zu versorgen«, erklärte
dessen Präsident, der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude, am 17. August.
(dapd/jW)
http://www.jungewelt.de/2012/08-24/051.php