Mietgrenze unrealistisch?

 

HARTZ IV / Gutachten sagt: In Düsseldorf fehlen preiswerte Wohnungen für

Bezieher von Arbeitslosengeld II.

 

Dürfen mehr Empfänger von Arbeitslosengeld II in ihrer Wohnung bleiben?

Muss die Arbeitsgemeinschaft von Stadt und Arbeitsagentur (Arge) ihre

Mietpreisgrenzen für Alg II-Bezieher hochsetzen? Das legt ein Gutachten

nahe, das der NRZ vorliegt. Es sagt: Es gibt gar nicht genug Wohnungen in

Düsseldorf, die so wenig kosten, wie die Arge zahlt.

 

Alg II-Bezieher bekommen die Miete von der Arge gezahlt. Wer zu groß und zu

teuer wohnt, wird zum Gespräch geladen, bekommt im schlimmsten Fall das

Geld gekürzt. Für Singles müssen zum Beispiel 45 Quadratmeter reichen. Die

Miete soll 6,40 Euro pro Quadratmeter (Miete und Nebenkosten, ohne Heizung)

nicht überschreiten.

 

Solche Wohnungen sind aber kaum zu haben, sagt der Sachverständige. Er

arbeitete im Auftrag des Sozialgerichts, bei dem mehrere Betroffene

klagten, weil die Arge die Mietzahlung kürzte. Wohnungen kosten bei

Neuanmietung derzeit 8 bis 9,20 Euro pro Quadratmeter, so der Experte, der

ein Immobilien-Internet-Portal auswertete, das Wohnungsamt und Vermieter

befragte. Für 6,40 Euro pro Quadratmeter fand er beim Amt nur 65 freie

Wohnungen, im Internet 83. Das Angebot reiche nicht für einige tausend

Haushalte.

 

Bei Arge und Stadt will man das Gutachten in Ruhe prüfen. "Wir befragen

alle zwei Jahre selbst die Vermieter", erklärt Roland Buschhausen,

Sozialamtsleiter. Auch derzeit laufe eine Abfrage. "Ich glaube, dass wir

sehr gut aufgestellt sind."

 

Arge-Bereichsleiter Joachim Raymann versichert, jeder Fall werde geprüft.

Bei bestehenden Mietverhältnissen gebe es Spielraum: In begründeten

Ausnahmen dürfe die Miete bis zu 45 Prozent höher liegen. Bewerte die Arge

die Miete als zu hoch, habe jeder sechs Monate Zeit, seine Kosten zu

senken. "Das geht mal mit einem Untermieter, manche können mit dem

Vermieter niedrigere Mieten aushandeln", weiß Raymann. Einige nähmen die

Kürzung auch klaglos hin. Bei neuen Mietverhältnissen gelte aber die neue

Preisgrenze.

 

Für 33 000 Haushalte bezahlt die Stadt 140 Millionen Euro Miete pro Jahr.

2005 schrieb die Arge 900 Personen wegen zu hoher Mietkosten an. Wie viele

umziehen mussten, wird nicht gezählt. "Doch nur 16 waren mit unserer

Entscheidung nicht einverstanden", so Raymann.

 

28.04.2006    KATHARINA RÜTH