Diskussion über die wachsende Stadt
Experten aus Verwaltung, Wissenschaft und Politik sprachen
bei der Podiumsdiskussion der RP im Maxhaus über die Folgen der immer weiter
steigenden Einwohnerzahl. Es wurde deutlich: Düsseldorf steht vor vielen
Herausforderungen.
VON ARNE LIEB
Für den Soziologen Reinhold Knopp zeugt die wachsende
Bevölkerung Düsseldorfs von der Attraktivität der Stadt. Aber der Professor an
der Düsseldorfer Fachhochschule, der die Lebensbedingungen in vielen
Stadtteilen untersucht hat, sieht auch große Herausforderungen durch das
stetige Wachstum. Knopp warnte, dass die soziale Mischung in der Stadt verloren
gehen könnte. Familien mit Kindern bräuchten trotz der hohen Nachfrage
bezahlbaren Wohnraum. „Wachstum erzeugt Druck.“
Diese Schlussfolgerung teilten die anderen Gäste der
Podiumsdiskussion der Rheinischen Post gestern Abend im Maxhaus. Uwe-Jens
Ruhnau, Leiter der Lokalredaktion Düsseldorf, und Kommunalpolitikredakteurin Denisa Richters befragten in zwei Runden zunächst Experten
aus Wissenschaft und Verwaltung und anschließend aus der Politik zu Chancen und
Risiken der anhaltenden Entwicklung. Der Hintergrund: Die Einwohnerzahl steigt
seit Jahren deutlich - und wird es weiter tun. Prognosen gehen davon aus, dass
Düsseldorf bald 605 000 Einwohner und damit rund 8 000 mehr als heute haben
wird.
Auch wenn alle Beteiligten sich einig waren, dass man auf
das Wachstum reagieren muss, waren ihre Schlussfolgerungen sehr
unterschiedlich. Das zeigte sich vor allem beim Reizthema Wohnen, auf das die
Diskussion immer wieder zurückkam und das auch viele der 150 Besucher spürbar
bewegte. Klaudia Zepuntke (SPD) warf der
Stadtverwaltung und der schwarz-gelben Ratsmehrheit vor, nicht früh genug gegen
steigende Mieten vorgegangen zu sein. „Auch das nun beschlossene
Handlungskonzept Wohnen wird nicht das aufholen, was verpasst wurde.“
Baudezernent Gregor Bonin schätzt die Lage anders
ein. Die Stadt schöpfe schon lange ihre Möglichkeiten aus, etwa durch Freigabe
von Brachflächen, nun sorge das Handlungskonzept für eine feste Quote von
gefördertem und preisgedämpftem Wohnraum bei Neubauten. Es gebe keine
Wohnungsnot. „Menschen, die nach Düsseldorf kommen, finden Wohnraum in
unterschiedlichen Preissegmenten“, meinte Bonin.
Dieser Ansicht war auch FDP-Fraktionschef Manfred Neuenhaus. Er sieht in dem
Handlungskonzept ein wirkungsvolles Mittel, um eine soziale Durchmischung zu
gewährleisten. „Alle Versuche von sozialem Wohnungsbau, wie ihn die SPD
fordert, sind in der Vergangenheit schiefgegangen.“
CDU-Planungsexperte Alexander Fils mahnte, trotz aller Bemühungen nach mehr
Wohnraum auch die Lebensqualität der Stadt zu bewahren. „Familien wollen
Grünflächen.“
Immer wieder kehrte die Diskussion auch auf die sozialen
Fragen des Wachstums zurück. Sozialdezernent Burkhard Hintzsche erinnerte
daran, dass Düsseldorf 235 Millionen Euro pro Jahr in Kindertagesstätten
investiert und betonte die Bedeutung der 31 „Zentren Plus“, welche die Stadt
für die Vernetzung von Senioren aufgebaut hat. „Das finden sie in kaum einer
anderen Stadt.“
Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass die steigende
Anzahl von Älteren - eine Entwicklung in allen deutschen Städten - eine große
Herausforderung ist. Norbert Czerwinski (Grüne) sieht
eine wachsende Bedeutung von barrierefreien Wegen im Viertel. „Die Entwicklung
der Quartiere wird darüber entscheiden, ob Düsseldorf eine moderne Stadt ist.“
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Publikation
Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Lokalausgabe
Rheinische Post Düsseldorf
Erscheinungstag
Freitag, den 21. Februar 2014
Seite 26