Ausweg aus der Depression

 

GESUNDHEIT. Experten kritisierten in den Rheinischen Kliniken die Arbeitsvermittlung der Arge.

LUDENBERG. In etwa zehn Jahren werden psychische Erkrankungen nach den Herzinfarkten die häufigste Ursache für Arbeitslosigkeit sein, so eine Europäische Studie. Angstzustände, Depressionen - jeder dritte Deutsche leidet schon jetzt mindestens einmal daran. Aber sie führen nach einer längeren Therapie direkt in die Langzeitarbeitslosigkeit. Und Hartz IV kann für seelisch Kranke zum "Desaster" werden, sagt Psychologin Gerda Maibach vom Verein "Arbeit & Integration" (a&i). Denn für sie gebe es immer weniger Angebote von der Arge (Arbeitsgemeinschaft Arbeitsagentur und Stadt).

Die Berater schulen

Gestern diskutierten auf der Tagung "Mangelware Arbeit - nichts für psychisch Kranke"? in den Rheinischen Kliniken 150 Fachleute. Die Organisatoren: Renatec, ein Unternehmen der Diakonie, Dekra-Akademie und "a&i"- die seit langem psychisch Kranken beim Wiedereinstieg in den Beruf helfen.

Die Anforderungen sind gestiegen, "befristete Arbeitsverhältnisse und Unsicherheit im Job machen zusätzlich Stress," resümiert Maibach. Wird die Seele krank, ergänzt Gabriele Wita (Renatec) führt der Weg "von der Klinik über die Rehabilitation zur Arge."

Doch dort, fasst Maibach die Erfahrungen nach 18 Monaten Hartz IV zusammen, "war die Geldleistung wichtig, es gab keine Beratung." Die Folge: In der Reha-Abteilung der Arbeitsagentur "kommen immer weniger Anträge von der Arge an," weiß Maibach. Laut Arbeitsagentur werden dort allerdings keine Statistiken über psychisch Erkrankte geführt.

"Wenn die Menschen bei der Arge nichts von ihrer Krankheit sagen, aber wie Gesunde mitmachen oder gar Umziehen müssen, führt das zum erneuten Stress," macht Wita klar. Die Berater müssten geschult werden und erkennen, "diese Menschen brauchen besondere Hilfe, um sie an die Reha zu vermitteln," fordert Jochen Binsfeld von der Dekra. Schließlich findet mehr als die Hälfte der Therapierten nach dem Training bei "a&i" einen Job, versichert Maibach. (JG.)


06.09.2006   nrz

 

Bessere Jobvermittlung für psychisch Kranke


(gev) „Keine Behindertengruppe hat geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt als Menschen mit psychischen Erkrankungen“, sagt Gerda Maibach vom Bildungsträger „Arbeit & Integration“. Zusammen mit der Dekra-Akademie und „renatec“, einem Unternehmen der Diakonie, hatte ihr Verein für gestern und heute zu einer zweitägigen Tagung zum Thema „Mangelware Arbeit - Nichts für psychisch kranke Menschen?“ in die Rheinischen Kliniken Düsseldorf geladen.


„Unser Ziel ist es, ihre Integration in den ersten Arbeitsmarkt zu erleichtern“, erklärt Jochen Binsfeld von der Dekra-Akademie. Das war in den vergangenen Jahren angesichts der geringen Anzahl von Jobangeboten schon ein ehrgeiziges Anliegen. Mit Einführung der Arbeitsmarktreform „Hartz IV“ sei es für viele Erkrankte jedoch fast unmöglich geworden, eine passende Arbeit zu finden, so Binsfeld.


„Durch die Hartz-IV-Gesetze zu Bewilligungspraxis und Zuweisungen traten die Bedürfnisse dieser Menschen in den Hintergrund“, sagt Gaby Wita von „renatec“. Die einzelnen Sachbearbeiter hätten oft nicht die nötigen Kenntnisse, um psychisch Kranken geeignete Stellen zu vermitteln. „Da wollen wir mit dieser Tagung ansetzen. Deshalb freuen wir uns, dass so viele Vertreter der zuständigen Behörden unserer Einladung gefolgt sind“, erklärt Maibach.


Ihr und ihren Kollegen ist bewusst, dass ein Mensch mit Trauma oder Angststörung weniger belastbar sei und dies einige Arbeitgeber „abschrecken“ könne. Dennoch sei es fatal, diese Kandidaten pauschal in die Arbeitslosigkeit zu verabschieden. „Arbeit gibt Stabilität. Viele finden darüber zurück ins Leben und entlasten den Staat mehr, als wenn sie erwerbslos oder gar in stationärer Behandlung sind.“

 

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Quelle:
Verlag: Rheinisch-Bergische Druckerei- und Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Düsseldorf
Ausgabe: Nr.208
Datum: Donnerstag, den 07. September 2006
Seite: Nr.11