Arme Brüder: Sozialwerk-Vorstand soll trotz Finanzskandal
bleiben
(bro) Die Mitgliederversammlung
des Vereins Sozialwerke, der für die Ordensgemeinschaft der armen Brüder des
heiligen Franziskus Wohnheime für Obdachlose und Altenheime unterhält, hat dem
Vorsitzenden Bruder Matthäus und Geschäftsführer Heinz-Theo Wollschläger ihr
Vertrauen ausgesprochen. Sie war zu einer außerordentlichen Sitzung
zusammengekommen, um über die Folgen der Geschäfte mit dem
Finanzdienstleistungsinstitut Infinus zu beraten, durch
die ein Verlust von 7,2 Millionen Euro entstanden war. Die Führung der
Sozialwerke habe stets im Auftrag und mit Zustimmung der Mitgliederversammlung
gehandelt. Bruder Matthäus und der Vorstand sollen die erfolgreiche Arbeit im
sozialen Bereich fortführen, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme.
Dagegen hatte Hubert Ostendorf von der Initiative Fiftyfifty, die mit den Armen Brüdern zusammengearbeitet
und Bruder Matthäus als Schirmherren hatte, personelle Konsequenzen gefordert,
weil das Vertrauen in die Arbeit zerstört worden sei. Es sei zu befürchten,
dass Spender sich zurückhalten würden. Wegen des Finanzskandals ist die
Zusammenarbeit vorerst beendet, Bruder Matthäus tritt nicht mehr als Schirmherr
auf. Er bedauert es, „nicht mehr Bindeglied von zwei Institutionen sein zu
könne, die sich für Wohnungslose einsetzt“, sagte er unserer Zeitung. Aber der
Orden werde weiterhin Hilfe für den Verkauf des Straßenmagazins Fiftyfifty (Verkaufsstellen und Transporte) leisten.
Der Verein unterwirft sich jedoch einer schärferen
Finanzkontrolle und übernimmt die Anlagerichtlinien des
Diözesan-Caritasverbandes, die Nachhaltigkeit und Ethik bei Finanzanlagen
berücksichtigen. Zudem wurde die Düsseldorfer Kanzlei Baum Reiter und Collegen beauftragt, die Rechtmäßigkeit der Investitionen
zu prüfen und Ansprüche des Ordens gegenüber der insolventen Infinusgruppe zu vertreten, um Geld zurückzuerhalten. In
welcher Höhe das sein könne, sei nicht vorauszusagen, weil es noch keine
Akteneinsicht gebe, so die Kanzlei.
Publikation
Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Lokalausgabe
Rheinische Post Düsseldorf
Erscheinungstag
Freitag, den 21. Februar 2014
Seite 28
Geschäftsführer bleibt nach Millionenverlust im Amt
Keine personellen Konsequenzen beim Sozialwerk der „Armen
Brüder des heiligen Franziskus“ nach Verlust von 7,2 Millionen Euro
Von Götz Middeldorf
Einsicht? Fehlanzeige! Personelle Konsequenzen? Fehlanzeige.
Auch nach der Mitgliederversammlung beim Sozialwerk der
Ordensgemeinschaft der „Armen Brüder des Heiligen Franziskus“ gibt es nach dem
Verlust von 7,2 Millionen Euro bei dubiosen Finanzanlagen keine großen
Konsequenzen. Stattdessen wurde gestern in einer Mitteilung noch einmal
gerechtfertigt, warum die Millionen bei der betrügerischen Infinus-Gruppe
angelegt wurde: Man habe sich auf Ratings verlassen,
auf Berichte der Fachpresse, Aussagen von Kurt Biedenkopf über Infinus. Die Ordensgemeinschaft sieht sich mit ihren
geprellten Millionen weiter als Opfer: „Hier sind wir getäuscht, enttäuscht und
hintergangen worden“. Kritik an der hochriskanten Anlage Enttäuschungen über
den Millionen-Verlust kann die Ordensgemeinschaft nachvollziehen, nimmt sich
davon aber nichts an: „Hier muss zu einer sachlichen Betrachtung gefunden
werden.“
Der Forderung von Asphalt e.V., des Herausgebers der
Obdachlosen-Zeitung Fiftyfifty, es müssten personelle
Konsequenzen aus dem Finanzdebakel gezogen werden, kommt das Sozialwerk nicht
nach – obwohl es pro Jahr etwa eine Million Euro an Spenden von Asphalt
bekommen hat: Bruder Matthäus als Vorsitzenden des Sozialwerkes und
Geschäftsführer Heinz-Theo Wollschläger wurde von den acht Mitgliedern des
Sozialwerkes das volle Vertrauen ausgedrückt: „Es ist gewünscht, dass diese
Personen ihre seit Jahren erfolgreiche Arbeit fortführen.“
Tiefe Enttäuschung bei „Asphalt“
Tiefe Enttäuschung gestern beim Obdachlosen-Verein Asphalt:
Damit ist der Bruch mit dem Sozialwerk wohl endgültig. Und Bruder Matthäus wird
die längste Zeit Schirmherr von Fiftyfifty gewesen
sein.
Auch wenn das Sozialwerk, das unter anderem zwei
Obdachlosen-Asyle in Düsseldorf unterhält und zwei Altenheime, das angelegte
Geld gar nicht oder nur zum kleinen Teil zurück bekommt, so sieht es sich wegen
der Millionen-Pleite in seiner Geschäftstätigkeit nicht beeinträchtigt, man
wolle ihr in vollem Umfang weiter nachkommen. Zweck des Vereins ist die
Betreuung und Pflege alter, hilfsbedürftiger Menschen sowie Hilfe und Betreuung
von Wohnungslosen. Im Rahmen dieses Engagements werden 19 Häuser und
Einrichtungen unterhalten, für die die angelegten Gelder vor allem
Instandhaltungsrücklage waren. Ein Haus befindet sich noch im Bau, ein weiteres
folgt planmäßig.
Zumindest eine Konsequenz hat das Sozialwerk gezogen:
Künftig werden die Anlagerichtlinien des Caritasverbandes übernommen.
Sozialwerk hat Chance vertan
Weiter wie bisher – so lautet das Motto des Sozialwerkes der
Ordensgemeinschaft der „Armen Brüder“. Eigenes Verschulden sieht der Verein
nicht, nachdem er 7,2 Millionen Euro bei einer dubiosen Anlagefirma des „grauen
Marktes“ verzockt hat.
Noch schlimmer: Einen Rücktritt des Geschäftsführers gibt es
nicht. Während sich jeder kleine Ladendieb vor Gericht verantworten muss,
stehlen sich die Verantwortlichen des katholischen Vereins regelrecht aus der
Verantwortung. Sie schädigen damit ihren bisher guten Ruf, schaden dem
Engagement für Obdachlose in Düsseldorf und verhindern einen Neuanfang: Asphalt
und Fiftyfifty, die in 18 Jahren 20 Millionen für das
Sozialwerk gesammelt hatten, haben endgültig mit dem Sozialwerk gebrochen. Das
hat damit eine riesige Chance vertan. 21.2.14
20. Februar 2014 - 20:25 Uhr
Arme Brüder weisen Schuld von sich
Von Volker Eckert
Trotz des Millionenverlustes bleibt die Führung im Amt.
Experte nennt Risikoanlage „sehr leichtfertig“.
Bild aus besseren Tagen: Hubert Ostendorf von Fifty-Fifty (links) und Bruder Matthäus.
Düsseldorf. 7,2 Millionen Euro weg und alles geht weiter wie bisher? Nach der ersten
Mitgliederversammlung der Armen Brüder nach dem Finanzdebakel ließen Bruder
Matthäus als Vorsitzender und Geschäftsführer Heinz-Theo Wollschläger am
Donnerstag verlautbaren, dass sie „ihre seit Jahren erfolgreiche Arbeit
fortführen“ wollen. Wie berichtet, sind die Armen Brüder offenbar dubiosen
Anlagebetrügern auf den Leim gegangen, die hohe Renditen versprochen hatten.
Das Tuch zwischen der Ordensgemeinschaft und der Obdachlosenhilfe
Fifty-Fifty – die im Laufe der Jahre Spenden von rund
20 Millionen Euro an die Armen Brüder gegeben hat – scheint dagegen endgültig
zerrissen. Denn die von Geschäftsführer Hubert Ostendorf geforderten
personellen Konsequenzen gibt es nicht. Auch ein Ausdruck des Bedauerns fehlt
in der Mitteilung. Stattdessen wird betont, dass die achtköpfige
Mitgliederversammlung dem Führungsduo das Vertrauen ausgesprochen habe. Man
fühle sich von der Anlagefirma getäuscht, sei mithin Opfer.
Arme Brüder in Aachen zeigen sich „sehr enttäuscht“
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Die Ordensgemeinschaft der Armen Brüder ist eine von vielen
Bruderschaften unter dem Dach der Kirche, sie hat weltweit nur rund 70
Mitglieder, acht davon in Düsseldorf sowie einige in
Aachen. Ein Bruder dort bezeichnete die Ereignisse gegenüber der WZ am
Donnerstag als „erschütternd“. Seinen Brüdern in Düsseldorf macht der Mann
keinen Vorwurf, doch das Fazit bleibt: „Wir sind sehr enttäuscht.“
Seit dem Millionen-Verlust sind die Armen Brüder auch für
ihr Krisenmanagement in die Kritik geraten. Zunächst wurde die Nachricht
zurückgehalten, Partner und Geldgeber Fifty-Fifty
beklagt miserable Kommunikation. Nun endete die Mitgliederversammlung mit wenig
zählbaren Ergebnissen. Einzige Ausnahme: Es sollen Anlagerichtlinien eingeführt
werden. Denn obwohl es verschiedene Möglichkeiten zu verantwortungsvoller
Geldanlage gibt, war das bei der Ordensgemeinschaft bislang wohl kein Thema –
eine Tatsache, die in Kirchenkreisen für Verwunderung sorgt, etwa bei
Dominikanerpater Wolfgang Sieffert. Er legt aber Wert
auf die Feststellung, dass die Armen Brüder in den vergangenen 20 Jahren in
Düsseldorf sehr gute Arbeit geleistet hätten.
In der Vorwoche hatten die Armen Brüder den
Diözesan-Caritasverband um Rat gebeten, dort riet man dringend dazu, über
Anlagerichtlinien nachzudenken. Experten bezeichnen es als „sehr leichtfertig“,
dass 50 Prozent des Vermögens in eine einzige riskante Anlage flossen.
Ostendorf zeigte sich am Donnerstag „maßlos enttäuscht“. Die
Verantwortlichen würden nicht zur Rechenschaft gezogen, stattdessen Kosmetik
betrieben. Als die Brüder schon von dem Verlust wussten, hätten sie im Dezember
und Januar noch Überweisungen über 520 000 Euro von Fifty-Fifty
angenommen, ohne etwas zu sagen.
Die Armen Brüder waren für die WZ am Donnerstag nicht zu
sprechen.
http://www.wz-newsline.de/lokales/duesseldorf/arme-brueder-weisen-schuld-von-sich-1.1561743
Arme Brüder?
Über den Finanzskandal bei der „Ordensgemeinschaft der armen
Brüder des heiligen Franziskus“, die bei einer unseriösen Anlagefirma 7,2
Millionen Euro verloren haben, wird im Internet unter www.nrz.de/duesseldorf weiter heftig diskutiert. Einige Auszüge:
Natürlich kann man den Brüdern Naivität im Umgang mit Geld
vorwerfen. Aber wenn man bedenkt, wie viele „Experten“ bei der Finanzkrise ihr
Geld verspekuliert haben, sollte man mit den Ordensbrüdern nicht so hart ins
Gericht gehen. glaeseker
Nach den Finanzkrisen der letzten Jahre sollte eigentlich
inzwischen jedem klar sein, dass hohe Zinssätze immer mit hohem Risiko
verbunden sind. Und darf man mit gemeinnützigen Gelder
„spekulieren“ - also derartige Risiken eingehen? Das Mitgefühl hält sich in
Grenzen. teetrinker82
Den „Geistlichen“ scheint das „Materielle“ sehr wichtig zu
sein. BdWanA
Mich würde auch mal interessieren, welche anderen Rücklagen
diese Armen Brüder sonst noch so haben... Alstaden9
Hoffentlich sind die „armen Brüder“ des heiligen Franziskus
jetzt wirklich arm. Franziskus würde sich im Grabe umdrehen, wenn er diese
„armen Brüder“ sieht. stimmedesvolkes
Wenn ich von jetzt an „arme Brüder“ höre, werde ich immer
diesen Mann vor Augen haben, der so arm ist, dass er mal eben 7,2 Millionen
verzocken kann ohne ein Reuegefühl zu empfinden. kleane
Es kann nicht sein das heute nur noch absolute Laien sich
beschäftigen mit solchen Finanzgeschäfte und wenn sie es dann doch tun das sind
sie selbst auch Schuld wenn da mal wieder etwas schrecklich falsch geht. unweit
nrz 20.2.14
Arme Brüder: Kontrolle für Geldanlagen verbessern
(bro) Die Mitglieder der
Ordensgemeinschaft der armen Brüder des heiligen Franziskus haben begonnen, die
Fehler bei den Geldanlagen aufzuarbeiten. Über ihren Verein Sozialwerke, der
mehrere Altenheime und Wohnheime für Obdachlose betreibt, hatten sie 7,2
Millionen Euro bei dem Finanzdienstleistungsinstitut Infinus
angelegt und nach dessen Insolvenz verloren. Die Mitgliederversammlung des
Vereins beriet gestern das weitere Vorgehen. Sie besteht aus drei Ordensbrüder, zwei Ordensfrauen des Ordens arme Schwestern
des heiligen Franziskus sowie zwei Juristen und hatte die Geldanlagen mit hohen
Renditeversprechen beschlossen.
Vor der Sitzung hatten die Führungsspitze der Sozialwerke,
Bruder Matthäus und Geschäftsführer Theo Wollschläger, über Perspektiven der
Arbeit mit der Leitung des Diözesancaritasverbandes gesprochen. „Wir beraten
soziale Einrichtungen und helfen auch bei der Finanzplanung“, erläutert
Caritassprecher Markus Harmann. Mit den Ordensleuten
seien die Finanzgeschäfte und deren Risiken durchgesprochen, eine bessere
Kontrolle dringend empfohlen worden. Dabei seien auch Orientierungshilfen
genannt worden, die der Verband durch seine transparente Finanzpolitik geben
können. „Der Caritasverband kann keine Finanzaufsicht ausüben, sondern nur
Hilfe anbieten“, so Harmann. Der Orden müsse selbst
entscheiden, ob er Unterstützung wolle.
Der Orden war gestern für eine Stellungnahme nicht zu
erreichen.
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Rheinische Post Düsseldorf
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Donnerstag, den 20. Februar 2014
Seite 31
Skandal um Arme Brüder: Caritas erklärt, wie es anders geht
(bro) Die Verluste der
Ordensgemeinschaft der Armen Brüder des heiligen Franziskus bei der Geldanlage
rückt die Finanzpraxis von sozialen Institutionen in den Blickpunkt.
„Angehörige, Bewohner von Heimen und auch Spender stellen sich die Frage, wie
Rücklagen entstehen und in welchem Umfang sie für Finanzgeschäfte genutzt
werden“. Ronald Vogel, Vorstand der Düsseldorfer Caritas, die in der
Landeshauptstadt sechs Altenpflegeheime besitzt sowie das Anna-Stift und das
Hubertusstift betreiben. Insgesamt bewohnen 720 Senioren die Heime.
Die Caritas ist damit einer der größten Träger von
Altenheimen in Düsseldorf und hat über Jahrzehnte hinweg Erfahrungen in der
Finanzierung von Altenheimen gesammelt. „Sie ist durch die gesetzlichen
Vorgaben für den Pflegesatz in Heimen bestimmt“, erklärt Vogel. Bei der
Berechnung des Pflegesatzes werden drei Bereiche berücksichtigt: Die Kosten für
die Pflege - in erster Linie für das Personal -, die Kosten für die Hauswirtschaft
und dann die Investivkosten. Die sind für die Modernisierungen und Sanierungen
der Heime bestimmt „und sind so berechnet, dass nach 50 Jahren ein neues Heim
gebaut werden könnte“, so Vogel. Dafür können pro Jahr zwei Prozent der
Baukosten für ein Gebäude in die Rücklagen eingestellt werden.
„Für alle Heime kommen bei der Caritas etwa 3,6 Millionen
Euro an Investivkosten zusammen“, berichtet Vogel. Von dieser Summe gehen
Kreditzinsen und Tilgungsraten ab, so dass die Rücklage aus dem Bereich sehr
viel geringer wächst. Die Rücklagen des Caritasverbandes, der seit 110 Jahren
besteht, betragen derzeit etwa 32 Millionen Euro, so Vogel. Sie setzen sich aus
freien- und zweckgebunden Spenden, Erbschaften sowie den Rücklagen der
Investitionskosten für die Instandhaltung und den Neubau der Einrichtungen
zusammen.
„Die Anlage der Gelder und auch die Entnahme von Geldern für
Satzungszwecke sind klar geregelt und werden von verschiedenen Gremien
überwacht“, erläutert Vogel . Bei zwei Banken sind die
Gelder angelegt und werden von Portfoliomanagern nach klaren Anlageregeln
gemanagt. Darüber wacht ein externes Spezialunternehmen. Die Banken und das
Unternehmen berichten regelmäßig an den Vorstand, Anlage-, Prüfungsausschuss
und Caritasrat.
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Mittwoch, den 19. Februar 2014
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