Antreten zum Zähneputzen

Rentner sieht sich vom Sozialamt drangsaliert

Von Heidi Niemann

„Ich lasse mich nicht behandeln wie ein dressierter Affe.“ Der 62-jährige Peter Weiser aus Moringen ist erbost über die Behörden. Grund: Ende Februar hatte der Rentner und ehemalige Hartz-IV-Empfänger beim Landkreis Northeim beantragt, dass das Sozialamt die Kosten für eine Parodontose-Behandlung übernimmt. Daraufhin hatte das Gesundheitsamt ihn einbestellt, um seine Zähne zu begutachten. Die Amtsärztin habe dabei zu seiner Überraschung und der seines Zahnarztes eine mangelhafte Zahnpflege festgestellt, sagte Weiser. „Dabei putze ich mir regelmäßig die Zähne, seit ich eine Zahnbürste halten kann.“ Er habe bis heute noch keinen Zahnersatz benötigt.

Weiser wurde zu einem weiteren Termin auf das Gesundheitsamt vorgeladen. „Dort haben sie mir einen Zahnputzbecher, eine Zahnbürste, Zahnpasta und Zahnseide in die Hand gedrückt.“ Weise sollte demonstrieren, dass er seine Zähne richtig putzt. Er habe sich zwar etwas dämlich gefühlt, aber dann doch die Zahnbürste geschwungen. Hinterher habe man ihn für seine vorbildliche Zahnpflege gelobt und ihm sogar bescheinigt, dass er als Vorführungsobjekt für die Schulen geeignet sei, erzählt der Rentner. „Sie hören von uns“, habe man ihm zum Abschied gesagt.

Daraufhin habe er eigentlich mit einem baldigen Bescheid bezüglich der Kostenübernahme gerechnet. Der aber blieb trotz mehrfacher Nachfrage aus. Als Weiser erneut nachbohrte, bekam er stattdessen die Aufforderung, nochmals unter amtlicher Aufsicht seine Zahnputz-Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Diesmal weigerte er sich jedoch. Daraufhin bekam er eine Mitteilung des Gesundheitsamtes, dass sein Antrag auf Kostenübernahme voraussichtlich wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt werde. Dies brachte den Rentner endgültig in Rage: „Da kam ich mir richtig verarscht vor.“

Ein Sprecher des Landkreises begründete die behördlich angeordneten Zahnputz-Kontrollen damit, dass der Landkreis vor einer Entscheidung über die Kostenübernahme den Fall prüfen müsse. Die Amtsärztin habe ausschließen wollen, dass die Parodontose durch falsches Zähneputzen entstanden sei. Dafür reiche nicht eine einmalige Begutachtung, sondern dies müsse über einen gewissen Zeitraum untersucht werden. Dies ist nun allerdings plötzlich doch nicht mehr nötig. Nachdem die örtliche Lokalzeitung über den Zahnputz-Zoff berichtet hatte, wollte der Landkreis die Zahnbehandlung umgehend genehmigen. Ob nur mit Zähneknirschen, war nicht zu erfahren.

 

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Ausgabe: Stadtausgabe (Nr. 194)
Datum: Dienstag, den 22. August 2006
Seite: 4