3. August 2009 - 19:02 Uhr wz

 

Alkoholgesetz ohne Wirkung

von Juliane Kinast

Wirte dürfen keinen Alkohol an Betrunkene verkaufen -- eine Alternative

zum Konsumverbot? Nein, denn dieses Gesetz ist nicht zu kontrollieren.

 

*Düsseldorf*. Nachdem das Freiburger Alkoholverbot gekippt und die Idee

auch in Düsseldorf verworfen wurde, werden alternative Wege diskutiert.

Wie hält man die Leute davon ab, sich vollkommen aus der

Selbstbeherrschung zu schießen? Dabei ist die Gesetzeslage in diesem

Punkt eigentlich eindeutig -- und das schon lange: Das Gaststättengesetz

verbietet den Alkoholausschank an bereits erkennbar Betrunkene. Eine

gute Idee. Aber offenbar nicht durchsetzbar.

 

"Für uns ist das Gesetz sehr schwierig zu kontrollieren", sagt Peter

Theisen vom Ordnungsamt. Denn wann ist ein Gast "erkennbar betrunken"?

"Wir hatten an Karneval schon den Fall, dass jemand aus einer Gaststätte

gekommen und direkt umgefallen ist -- der war sichtlich betrunken",

verdeutlicht Theisen.

 

    * Hintergrund <http://www.wz-newsline.de/?redid=593190#info1>

    * Gesetz <http://www.wz-newsline.de/?redid=593190#info2>

 

Die Polizei wollte für die Altstadt ein Verbot von Alkoholkonsum auf

offener Straße zwischen 0 und 6 Uhr erreichen. Denn die Zahl der

Körperverletzungen durch Betrunkene und mit Flaschen als Waffen hat

drastisch zugenommen. Ein ähnliches Verbot in Freiburg wurde in der

vergangenen Woche allerdings gerichtlich gekippt.

Das Gaststättengesetz besagt in Paragraf 20: "Verboten ist, (...) in

Ausübung eines Gewerbes alkoholische Getränke an erkennbar Betrunkene zu

verabreichen."

 

"Aber das ist die Ausnahme." In solchen Extremfällen könnte die Stadt

ermitteln, wer den Alkohol ausgeschenkt hat. "Dann droht sogar der

Entzug der Konzession", sagt Theisen. Aber der Ordnungsdienst prüft

nicht in den Kneipen, wer dort aussieht, als hätte er genug, und dennoch

weiter bestellt.

 

 

      Es gibt kaum Verfahren gegen Wirte, die illegal Alkohol verkaufen

 

"Von den Wirten wird dieses Verbot sicher nicht immer eingehalten", sagt

Herbert Windhövel aus dem Ordnungsdezernat. Das kann in der Tat so

ziemlich jeder Altstadtbesucher aus eigener Anschauung bestätigen.

Dennoch gibt es nach Informationen unserer Redaktion fast keine

Verfahren gegen Wirte wegen Verstößen.

 

Der Ordnungsdienst kontrolliert laut Windhövel schwerpunktmäßig die

Einhaltung des Jugendschutzes. Denn da gibt es eindeutige Maßstäbe: Wer

Alkohol an 15-Jährige verkauft, macht sich strafbar. Die Entscheidung,

wann ein Gast genug getrunken hat, fällt hingegen weniger leicht.

 

"Aber eigentlich müssten die Wirte einschätzen können, wann es so weit

ist", sagt Windhövel. "Und der Wirt hat eine Kontrollfunktion. Das ist

in der Altstadt unser deutlicher Appell." Und so versteht er auch das

Gaststättengesetz in diesem Punkt: als einen Appell.

 

Insofern hat das bestehende Recht in den Augen von FDP-Fraktionschefin

Marie-Agnes Strack-Zimmermann seine Berechtigung: "Es erinnert die Wirte

an ihre Verantwortung. Es ist gut gemeint." Für kontrollierbar hält aber

auch sie es nicht.

 

Seine Verantwortung sieht Uerige-Baas Michael Schnitzler durchaus. "Wir

sind keine Abfüllstation, sondern ein Brauereiausschank", sagt er. Für

seine Mitarbeiter gelte die Direktive: Gröhlende, betrunkene Gruppen

müssen draußen bleiben. "Da geht es aber vor allem um die Lautstärke",

meint Schnitzler.

 

Ähnlich sieht es Knoten-Wirtin Isa Fiedler: "Man muss sich die Gäste zu

Beginn des Abends erziehen, bevor sie betrunken sind: Bei mir dürfen sie

mitgröhlen, aber nur das Lied, das gerade läuft."

 

Wer schon torkelnd an ihre Tür kommt, wird ins Bett geschickt statt

hereingelassen. "Wenn man das freundlich macht, gibt es selten Zirkus."

Sie legt Wert darauf, dass niemand in ihrem Lokal einschläft und

niemandem schlecht wird. Insofern könnten die Wirte die Entwicklung in

der Altstadt schon entscheidend mitgestalten.

 

 

      Manche Wirte wünschen sich mehr Polizei auf den Straßen der Altstadt

 

"Allerdings", sagt Fiedler, "sind wir auf der Straße machtlos." Ein

Flaschenverbot, um schwere Körperverletzungen zu verhindern, und die

massive Polizeipräsenz sind in ihren Augen die einzigen Alternativen zum

Alkoholverbot.

 

Und auch Michael Schnitzler meint: "Gegen volltrunkene

Junggesellenabschiede könnte der Ordnungsdienst schon etwas tun -- indem

er zum Beispiel eingreift, wenn da Schnapsflaschen auf die Straße

geworfen werden." Dass es in Düsseldorf diese Regeln des guten Benehmens

gibt, würde sich sicher herumsprechen -- und der Atmosphäre in der

Altstadt nur guttun.

 

 

  Minister: Alkoholverbot in NRW doch möglich?

 

 

 

        (sg) Eine Woche nach dem Urteil des Mannheimer

        Verwaltungsgerichtshofs, der ein zeitlich und örtlich begrenztes

        Alkoholkonsumverbot für rechtswidrig erklärt hat, sorgte gestern

        eine Äußerung aus dem NRW-Innenministerium für Verwirrung. Ein

        Sprecher von Minister Ingo Wolff (FDP) hatte erklärt, das Urteil

        habe für die Kommunen in NRW keine Bedeutung, weil das

        Polizeigesetz Nordrhein-Westfalens den Städten und Gemeinden

        selbst die Entscheidung über ein solches Verbot überlasse.

 

 

 

        "Egal", war die spontane Reaktion vom ordnungspolitischen

        Sprecher der FDP im Rat, Manfred Neuenhaus: "Selbst wenn es

        zulässig wäre, sind wir gegen ein solches Verbot, mit dem alle

        jungen Leute, die ihr Bier friedlich auf der Straße trinken

        wollen, kriminalisiert werden." Im Kampf gegen die oft als

        Wurfgeschoss missbrauchten Flaschen bevorzugt Neuenhaus einen

        "Austausch von Glas gegen PET um Mitternacht". Dann müsse

        allerdings auch die Awista weggeworfene Glasflaschen schon ab

        23.30 Uhr einsammeln und die Mülleimer leeren. "Wenn die CDU

        mitmacht, bringe ich einen solchen Vorschlag gern im Rat ein",

        so Neuenhaus.

 

 

 

        Andreas Hartnigk (CDU) hält die Aussage aus dem Ministerium

        nicht für haltbar: "Es kann nicht sein, dass jede Kommune selbst

        Verbote formuliert, die vom Oberverwaltungsgericht gekippt

        werden." Er frage sich, wie der Innenminister die in Mannheim

        bemängelte Verallgemeinerung von Gefahrenpotenzial umschiffen

        wolle. Hartnigk regt an, dass Stadtverwaltung und Land eine

        gerichtsfeste Formulierung möglicher Verbotsverfügungen austüfteln.

 

 

          -

 

 

Quelle:

Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH

Publikation: Rheinische Post Düsseldorf

Ausgabe: Nr.178

Datum: Dienstag, den 04. August 2009

Seite: Nr.15

 

 

  Altstadt-Verbot für Promille-Polente

 

 

    Auf den Straßen in der City dürfen Unternehmen keine kommerziellen

    Alkohol-Tests mehr anbieten. Das Ordnungsamt hat die Streifen

    verboten, weil sie das Wetttrinken förderten. Die Düsseldorfer Firma

    "AlkoPrävenzei" setzt auf einen präventiven Ansatz und will eine

    Sondererlaubnis.

 

 

      VON STEFAN KAUFMANN

 

 

 

        Ab sofort stehen Altstadtbesucher, die zum Alkoholtest gebeten

        werden, auf jeden Fall wieder einem wahren Polizisten gegenüber.

        Die Stadt hat die kommerziellen Spaß-Tester ausgebremst, die in

        Uniformen mit einem Alkotest-Geräten in der Hand an den

        Wochenendnächten durch die Düsseldorfer Partymeilen gezogen

        sind. Eine gültige Reisegewerbekarte reichte den

        OSD-Mitarbeitern bei den Kontrollen nicht aus. "Für die

        Düsseldorfer Altstadt ist zusätzlich eine

        Sondernutzungserlaubnis nötig", sagt Peter Theisen, der

        stellvertretende Leiter des OSD.

 

 

 

        Erst vor wenigen Monaten hatte die "Promille-Polente", ein

        Unternehmen aus Hamburg, ihre zumeist weiblichen Mitarbeiter

        nach Düsseldorf geschickt. Für drei Euro machte die Streife halt

        und testete den Alkoholgehalt. Beliebte Opfergruppe:

        Junggesellenabschiede. In Düsseldorf hatte die

        "Promille-Polente" ihren letzten Einsatz während der Großen

        Kirmes. Bei der ersten Begegnung wurden sie noch verwarnt, beim

        nächsten Wiedersehen stellten die OSD-Mitarbeiter die

        Alkotest-Geräte sicher.

 

 

 

        "Wir halten uns nur an die Straßensatzung", sagt Theisen. Danach

        dürfen die Tester nur auf Privatgelände, also in den Gaststätten

        auftreten, sofern es der Wirt erlaubt. Sogar die Terrasse ist

        bereits öffentlicher Raum und damit tabu. Theisens wichtigster

        Kritikpunkt: Die Spaß-Tester heizen die Saufgelage in der

        Altstadt an. "Dann geht es darum, den Promillewert es anderen zu

        überbieten, einen Saufkönig zu küren", sagt Theisen. "Das

        erleben wir bei unseren Rundgängen regelmäßig."

 

 

 

        Während die "Promille-Polente" ihr Engagement in der

        Landeshauptstadt schon wieder beendet hat, will ein zweiter

        Anbieter, der aus Düsseldorf kommt, nicht so schnell aufgeben.

        "Auch ich verurteile das Komasaufen und genau deswegen

        verknüpfen wir unsere Test mit einem präventiven Konzept", sagt

        Bernhard Breskewiz vom Unternehmen "AlkoPrävenzei". Was ihn

        wundert: "Unsere Teams ziehen seit rund zwei Jahren durch die

        Altstadt, der OSD hat uns regelmäßig kontrolliert und immer war

        die Reisegewerbekarte völlig ausreichend."

 

 

 

        Und jetzt plötzlich der Gesinnungswandel? "Dass hat nichts mit

        der aktuellen Altstadt-Debatte zu tun, die Satzung gibt es ja

        schon etwas länger", sagt Theisen. "Entweder die Tester haben

        Glück gehabt oder es stimmt einfach nicht." Den präventiven

        Charakter einer Promille-Streife zweifelt er an. Im Gegenteil:

        Außer dem Wettsaufen hat er ein weiteres Phänomen ausgemacht:

        "das Herantrinken an bestimmte Werte". Und nach dem Test setzen

        sich alkoholisierte Fahrer hinters Steuer.

 

 

 

        Auch die Düsseldorfer Polizei sieht die kommerziellen Alkotester

        "sehr kritisch". "Alles, was zum Kampftrinken anspornt, ist

        nicht in unserem Sinne", sagt Polizeisprecher Markus Niesczery.

        "Unser Eindruck ist, dass diese Tests mehr Gefahren birgen, als

        dass sie Prävention bewirken."

 

 

 

        Bernhard Breskewiz will nun beweisen, dass sein Konzept "Feiern

        unter ein Promille" schlüssig ist. Die Botschaft: Wer regelmäßig

        diesen Wert erreicht, gefährdet seine Gesundheit extrem. Seine

        Tester verteilen deshalb Knöllchen, wenn die Ein-Promille-Grenze

        überschritten wird. Ihre Anordnungen reichen von "Am Kiosk ein

        Wasser kaufen" bis "Sofort nach Hause gehen". "Außerdem suchen

        wir das Gespräch, haben Infomaterial dabei", sagt Breskewiz.

        "Wir feuern die Leute nicht an, sondern weisen sie auf nette Art

        auf die Gefahren der Trinkerei hin."

 

 

 

        Wenn er auch das Ordnungsamt von seinem Konzept überzeugen kann,

        wird das Altstadt-Verbot für die Tester von der "AlkoPrävenzei"

        vielleicht wieder aufgehoben. OSD-Mann Theisen: "Für jede Regel

        gibt es Ausnahmen."

 

 

  "Es geht nur darum, einen Saufkönig zu küren"

 

 

          - /STEFAN KAUFMANN

 

 

Quelle:

Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH

Publikation: Rheinische Post Düsseldorf

Ausgabe: Nr.178

Datum: Dienstag, den 04. August 2009

Seite: Nr.15

 

 

 Altstadt: Jetzt Verbot für Glasflaschen?

VON STEFANI GEILHAUSEN

 

Die Hamburger Regelung klinge doch ganz vernünftig, sagt Uerige-Baas Michael Schnitzler. Nachdem das Freiburger Alkoholkonsumverbot für rechtswidrig erklärt wurde und damit auch in Düsseldorf vom Tisch ist, könnte nun ein Verbot von Glasflaschen Thema werden, wie es der Stadtstaat Hamburg per Gesetz auf der Reeperbahn verhängt hat.

 

 

„Düsseldorf sollte so ein Gesetz bei der Landesregierung einfordern“, sagt auch Knoten-Wirtin Isa Fiedler, die das von Polizeipräsident Herbert Schenkelberg angeregte Konsumverbot auf bestimmten Altstadtstraßen vor allem befürwortet hat, weil dann die Flaschen gleich mit verschwunden wären. Das „eigentliche Problem ist nicht der Alkohol, sondern die Flaschen.“ Die Stadt solle die Kiosk-Besitzer davon überzeugen, nachts nur noch PET-Flaschen zu verkaufen. Die Gastronomen achteten „schon wegen des Pfands“ selbst darauf, dass ihre Gäste nicht mit Flaschen vor die Tür gehen.

 

 

Michael Schnitzler kann sich zwar vorstellen, dass ein Glasflaschenverbot für weniger Scherben und weniger Verletzungen sorgt. Dass das Verbot aber nur an Wochenenden und dann auch nur nachts gelten soll, leuchtet ihm nicht ein. „Das Leben beginnt doch nicht erst um Mitternacht.“ Schnitzler fordert ein Gesamtkonzept, in dem es nicht nur um Verbote gehe, sondern „um die Attraktivität der Altstadt“. So müsse der Ordnungsdienst einschreiten können, wenn Gäste durch „Gröhlgruppen“, von denen es viel zu viele gebe, gestört würden.

 

 

Zunächst scheint sich die Politik aber für eine Aufhebung der Sperrstunde erwärmen zu wollen. Fiedler hat das schon lange gefordert. „Es wird die Lage entspannen, wenn ich einen proppevollen Laden nicht um 5Uhr schließen muss und die Leute genervt auf die Straße gehen.“ Auch von der Polizei gibt’s grünes Licht für die Sperrstunden-Aufhebung. Sollte die aber zur Folge haben, dass „wir die bisherigen Probleme durchgehend haben, müssen wir neu nachdenken“, so Präsidiumssprecher Wolfgang Rodax. Einen Versuch sei es aber wert.

 

 

 

- /STEFANI GEILHAUSEN

 

Quelle:

Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH

Publikation: Rheinische Post Düsseldorf

Ausgabe: Nr.175

Datum: Freitag, den 31. Juli 2009

Seite: Nr.17