Deutschland? Aber sicher!

Für Innenminister Wolfgang Schäuble hält die Polizeiliche Kriminalstatistik 2006 nur gute Nachrichten bereit

Von Jörg Schindler

In Deutschlands Polizeirevieren werden Tag für Tag rund 590 Gewalttaten angezeigt. Tendenz steigend. Hatten es die Ermittler vor zehn Jahren mit rund 186 500 Fällen von Körperverletzung, Mord oder Totschlag zu tun, waren es 2006 bereits 215 500. Das ist ein Anstieg von 15,6 Prozent: ein trauriger Rekord in der Polizeilichen Kriminalstatistik. „Das Gewaltpotenzial in der Gesellschaft steigt“, sagt Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD). Auch, aber nicht nur, unter Kindern und Jugendlichen. „Das macht uns Sorgen.“

Dabei hatten Körting und sein Amtskollege vom Bund, Wolfgang Schäuble (CDU), am Dienstag eigentlich eine frohe Botschaft zu verkünden. Glaubt man der Statistik, ist die Kriminalität in Deutschland rückläufig – zumindest, so weit sie der Polizei bekannt wurde. Demnach wurden 2006 genau 6 304 223 Straftaten registriert, rund 90 000 (1,4 Prozent) weniger als im Jahr zuvor. Auch die Aufklärungsquote stieg von 55 auf 55,4 Prozent. Schließlich hatte man es im WM-Märchenjahr auch mit weniger Tatverdächtigen zu tun, insbesondere unter Nicht-Deutschen (minus 3,2 Prozent). Alles in allem, so Schäuble, „eine erfreuliche Entwicklung“. Entsprechend gut gelaunt ging er auf manch kritische Nachfrage gar nicht erst ein.

Dabei gäbe es durchaus Grund, nachzuhaken. So wollte man schon gerne wissen, wie Schäubles Erfolgsmeldung, Deutschland sei „eines der sichersten Länder der Welt“, mit dessen Rufen nach immer neuen Überwachungs- und Repressionsinstrumenten korrespondiert. Da aber lächelte der Christdemokrat nur und verwies darauf, dass „neue technische Entwicklungen“ eben „neue Instrumente“ erforderten. Im Übrigen sei im Bereich Terrorismus die Zahl der Delikte zwar „relativ klein“, dafür aber die Bedrohung „relativ groß“. Ende der Durchsage. Viel lieber verkündete Schäuble, dass zum Beispiel Diebstahldelikte, vor allem Autoklau, zurückgegangen seien. Zwar machen sie mit 2 601 902 Fällen bei weitem das Gros aller angezeigten Straftaten aus. Ein Rückgang um fast fünf Prozent spreche aber nicht nur für ein geändertes Anzeigeverhalten der Bevölkerung, so Körting. Vielmehr könne man davon ausgehen, dass es in diesem Bereich „ein echtes anderes Verhalten von Straftätern“ gebe.

Dass die nun plötzlich alle brav geworden sind, ist unwahrscheinlich. Denn gleichzeitig stieg etwa die Abzocke im Internet mit Hilfe von fiktiven Waren und Dienstleistungen. Was wiederum den Schluss nahelegt, dass manch Habgieriger glaubt, im Internet weniger leicht erwischt zu werden als auf der Straße. Die Böse-Buben-Branche Online, glaubt Körting, werde sicher weiter florieren. Bund und Länder müssten deshalb deutlich stärker zusammenarbeiten als bisher – „sonst gehen wir Wasser saufen“.

Bleibt die Frage nach den sichersten Terrains des Landes. Da gibt es nach wie vor ein Ost-Süd-Gefälle. Soll heißen: Während Länder wie Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern die Kriminalitätsstatistik anführen, liegen Hessen, Baden-Württemberg, Bayern und auch Thüringen auf den begehrten letzten Plätzen.

Was die Städte betrifft: Da behauptet Frankfurt am Main seinen Spitzenplatz. Außerdem unter den unsichersten zehn: Hannover, Erfurt, Düsseldorf, Bremen und Berlin. Als sicherste Orte mit mehr als 100 000 Einwohnern gelten demnach Bergisch Gladbach, Salzgitter, Fürth, Leverkusen – und Heilbronn. Subjektiv wird sich an dieser Einschätzung vermutlich einiges geändert haben: In Heilbronn wurden jüngst zwei Polizisten hinterrücks niedergeschossen. Die Täter laufen noch immer frei herum.

Mehr unter: www.fr-online.de/pks

 

RSCHINDLER



© Copyright Frankfurter Rundschau
Ausgabe: Stadtausgabe (Nr. 107)
Datum: Mittwoch, den 09. Mai 2007
Seite: 2

 

„Schulischer Erfolg ist die beste Vorbeugung gegen Gewalt“

Der Leiter der Shell-Studie, Klaus Hurrelmann, über die Brutalität von Jugendlichen, die Ursachen und wie man ihr begegnen kann

Laut Statistik des Bundesinnenministers hat die Kriminalität unter Jugendlichen zugenommen. Dies entspricht nach Ansicht des Bielefelder Sozialwissenschaftlers Klaus Hurrelmann der Wirklichkeit.

Frankfurter Rundschau: Sind unsere Jugendlichen brutaler geworden?

Klaus Hurrelmann: Ja, ein Teil der Jugendlichen ist brutaler geworden. Gewalttätigkeiten haben vor allem bei Jugendlichen mit niedrigem Bildungshintergrund und mit einem ungünstigen Familienhintergrund in den jüngerer Zeit klar zugenommen.

Hat die Jugendkriminalität an sich tatsächlich zugenommen?

Es hat ein genaueres Hinsehen und zugleich eine Steigerung der Empfindlichkeitsschwelle stattgefunden. Nun werden auch kleinere Schlägereien, etwa auf dem Schulhof, angezeigt. Deshalb darf man die polizeiliche Kriminalstatistik immer nur als einen Anhaltspunkt nehmen. Man muss diese Daten etwa durch Befragungen von Jugendlichen selbst kontrastieren, um herauszufinden, was tatsächlich passiert ist. Aber in diesem spezifischen Fall decken sich die Angaben.

Um welche Art von Jugendgewalt handelt es sich?

Die Qualität der Auseinandersetzungen hat sich verändert. Das Opfer wird auch dann noch geschlagen, wenn es eigentlich schon besiegt ist. Es sind keine Hemmschwellen mehr da. Dem Opfer werden teils schwere Verletzungen zugefügt. Bei einer kleinen Gruppe von Jugendlichen, ist eine Verrohung und Brutalisierung zu verzeichnen. Darauf müssen wir unser Augenmerk richten.

Kann man Unterschiede zwischen Jungen oder Mädchen feststellen?

Bei der körperlichen Gewalt liegt der Schwerpunkt bei den jungen Männern. Die Frauen sind stärker, wenn es um verbale Gewalt geht, also alles, was wir als Mobbing bezeichnen. Die Geschlechter suchen unterschiedliche Wege, um aus ihrer Unzufriedenheit mit sich selbst und ihrer Position in der Gesellschaft herauszukommen und zu demonstrieren, dass sie das nicht akzeptieren.

Nimmt die Gewalt an Schulen zu?

Ja. Wir haben auch hier über die Jahrzehnte ein langsames Ansteigen. Aber gebündelt in bestimmten Schulformen und in bestimmten Regionen.

Welche sind das?

Das sind die Brennpunkt-Schulen in Regionen mit sozial und ökonomisch schlecht situierten Familien und Schulformen wie Sonderschulen für Lernbehinderte, für Erziehungsschwierige, viele Hauptschulen in Brennpunktgebieten.

Worin sehen Sie die Ursachen?

Die einzelnen Täter finden oft keine Entfaltungsmöglichkeiten, keine Form einer legitimen Anerkennung. Sie sind meist in der Schule schlecht, haben meist eine ungünstige berufliche Perspektive, sie sind meist Männer. Mit der Ungewissheit und Verunsicherung und Zurücksetzung, die sie an dem traditionellen Männerbild messen, kommen sie nicht zurecht.

Ist Jugendgewalt ein vorübergehendes Phänomen oder der Einstieg in eine kriminelle Karriere?

Es kann sehr schnell der Einstieg in eine kriminelle Laufbahn sein, wenn derjenige den Weg aus dieser Form der Suche nach Aufmerksamkeit nicht wieder herausfindet.

Wie kann man der Jugendkriminalität vorbeugen?

So einfach es klingt, so ist es doch am Ende sehr schwierig. Die beste Prävention ist, den Jugendlichen ein Erfolgserlebnis im schulischen Bereich zu sichern. Ihnen dort Erlebnisse der Anerkennung und Aufmerksamkeit auf dem legitimen Weg zu ermöglichen. Das bedeutet, beste Gewaltprävention ist Leistungsförderung.

Interview: Antje Schüddemage

 

RVOLO



© Copyright Frankfurter Rundschau
Ausgabe: Stadtausgabe (Nr. 107)
Datum: Mittwoch, den 09. Mai 2007
Seite: 2

 

ANALYSE

Bedingt aussagekräftig

Die Kriminalitätsstatistik sollte nicht überbewertet werden. Sie ist kein Indikator für die Kriminalität, sondern gibt vor allem Auskunft darüber, was die Polizei im vergangenen Jahr beschäftigt hat.

Von Steffen Hebestreit

„Ich traue keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe“, soll der britische Premierminister Winston Churchill einmal gesagt haben. Zwar steht in Zweifel, ob der knorrige Engländer tatsächlich der Urheber dieses Ausspruchs ist, unzweifelhaft trifft seine Erkenntnis aber auf die neueste Kriminalstatistik uneingeschränkt zu.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat am Dienstag einen erfreulichen Rückgang der Kriminalitätszahlen vermeldet („Deutschland ist eines der sichersten Länder“). Gleichzeitig musste der Minister aber einen Anstieg von Gewaltdelikten registrieren, was aufmerksame Zeitgenossen an seiner Grundthese schon zweifeln lässt.

Die Statistik vermeldet einen neuen Aufklärungsrekord von 55,4 Prozent (positiv), gleichzeitig wächst die Zahl der jugendlichen Gewalttäter (negativ). Schäuble warnt aber vor Hysterie, dies sei wohl bloß das Ergebnis eines veränderten „Anzeigeverhaltens“ (positiv oder negativ?)

Angesichts solch widersprüchlicher Interpretationen mögen sich nicht nur Laien fragen, welchen Nutzen diese Aufstellung überhaupt hat. Schäubles Länder-Kollege Ehrhart Körting (SPD) aus Berlin gesteht ein, dass die Statistik „kein getreues Spiegelbild der Kriminalitätswirklichkeit“ wiedergibt.

Schon der Name „Kriminalitätsstatistik“ ist irreführend. Denn die Datensammlung gibt nur Auskunft darüber, wie viele und welche Delikte im vergangenen Jahr die Polizei und Ordnungsbehörden beschäftigt haben. Über die tatsächliche Kriminalität lässt sie sich nicht erschöpfend aus. Einen zentralen Einfluss auf die Statistik haben die Bürger, die bestimmte Delikte der Polizei melden – und andere eben nicht. Dieses „Anzeigeverhalten“ wiederum wird beeinflusst durch die Berichterstattung in den Medien über bestimmte Taten, aber auch über eine nüchterne Kosten-Nutzen-Analyse. Wer Opfer eines Diebstahls geworden ist, mag sich überlegen, ob er den Fall der Polizei meldet. Wenn er die Chancen als gering erachtet, dass der Täter geschnappt wird, spart er sich den Aufwand. Sollte er die Anzeige als Nachweis gegenüber seiner Versicherung benötigen, geht er zur Polizei.

Die Kriminalstatistik belegt überdies, worauf sich die Ordnungsbehörden im abgelaufenen Jahr vor allem konzentriert haben. So hat die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 viele Polizeikräfte gebunden, die deswegen beispielsweise die Drogenbekämpfung vernachlässigen mussten. Das statistische Ergebnis: ein Rückgang der Drogenkriminalität. Die Wirklichkeit: ungewiss.

Ist die Kriminalitätsstatistik also überflüssig? Nein, sie hat schon ihre Berechtigung. Denn natürlich lassen sich allgemeine Trends ablesen, etwa einen Anstieg oder Rückgang von Autodiebstählen oder Raubüberfällen. Sehr genau gibt sie Auskunft über schwere Gewalt- und Tötungsdelikte, die grundsätzlich angezeigt werden.

Mit Rücksicht auf Winston Churchill ist aber Vorsicht angeraten, zu schnelle und zu weit reichende Schlüsse aus der Aufstellung zu ziehen. Sie ist nur eine Statistik.

 

CWEINEL



© Copyright Frankfurter Rundschau
Ausgabe: Stadtausgabe (Nr. 107)
Datum: Mittwoch, den 09. Mai 2007
Seite: 2

 

Hintergrund

Hauptstadt der Kriminalität Umfragen und falsche Fährten

Von Georg Leppert

Vor ein paar Jahren, Frankfurt am Main hatte gerade mal wieder den ersten Platz im Kriminalitätsvergleich aller deutschen Großstädte belegt, waren in der Stadt recht extravagante T-Shirts beliebt. Darauf abgebildet war die Skyline, darunter stand der Spruch: „Frankfurt – die Hauptstadt des Verbrechens!“ Sogar eine Kommunalpolitikerin lief in einem solchen Hemd herum. Die Stadtoberen und die Polizei zeigten sich darüber nur mäßig amüsiert, und die Boulevardpresse fragte: „Darf eine Politikerin dieses T-Shirt tragen?“

Mittlerweile sind die provokanten Kleidungsstücke längst aus dem Stadtbild verschwunden. Die Aufregung um die angeblich so hohe Kriminalitätsbelastung hat sich gelegt. Dass nach dem jährlichen Zahlenvergleich der Deutschen Presseagentur (dpa) Frankfurt auch im vergangenen Jahr wieder die gefährlichste aller deutschen Großstädte gewesen sein soll, ging vor einigen Wochen im allgemeinen politischen Tagesgeschäft fast unter. Von Interesse war vielmehr eine Umfrage der Stadt, wonach nur etwa zwölf Prozent der Bürger die Kriminalität als das größte Problem in Frankfurt ansehen. Mit größerer Sorge betrachten die Frankfurter die Verkehrssituation (18 Prozent) und das Verhältnis zwischen Deutschen und Ausländern (15 Prozent).

Dabei hat Frankfurt im Kriminalitätsvergleich der dpa seine Spitzenposition sogar recht deutlich behauptet. Auf 100 000 Einwohner kamen im Jahr 2006 genau 16 378 registrierte Straftaten. Düsseldorf (14 989), Bremen (14 719) und Berlin (14 632) folgen mit klarem Abstand auf den Plätzen. Die sicherste Stadt ist München mit 8861 Delikten.

Was sagen diese Zahlen aus? Kaum etwas, meint Jürgen Linker, Sprecher der Frankfurter Polizei. Die Statistik suggeriere, dass Frankfurt eine unsichere Stadt sei. Linker und sein Chef, Polizeipräsident Achim Thiel, behaupten hingegen das genaue Gegenteil. Die Zahl der Straftaten sei 2006 im Vergleich zum Jahr davor um sechs Prozent zurückgegangen. Vor allem schwere Delikten wie Mord oder Totschlag kämen in der Stadt am Main selten vor. „Da liegen wir auf dem zehnten oder elften Platz“, sagt Linker.

Doch Illusionen gibt sich die Polizei nicht hin. Auch beim nächsten Städtevergleich dürfte der unrühmliche Titel aller Wahrscheinlichkeit nach wieder an Frankfurt gehen. Die Kriminalstatistik berücksichtige einfach nicht, wenn sich in einer Stadt wesentlich mehr Menschen aufhielten als gemeldet seien, sagt Linker. In Frankfurt gebe es eine vergleichsweise hohe Zahl an Pendlern, Touristen und Geschäftsleuten. Sie seien potenzielle Täter oder Opfer von Straftaten und verfälschten damit die Statistik.

Vor allem aber sorge der Rhein-Main-Flughafen für ein schiefes Bild. Jeder Verstoß gegen das Ausländer- oder das Asylrecht, der an Deutschlands größtem Flughafen festgestellt wird, zähle als Straftat, die in Frankfurt begangen wurde. Rund zehn Prozent aller in Frankfurt festgestellten Straftaten spielen sich in diesem Deliktsfeld ab. „Deswegen fühlen sich die Bürger aber nicht bedroht“, sagt Linker.

 

MLEPPERT



© Copyright Frankfurter Rundschau
Ausgabe: Stadtausgabe (Nr. 107)
Datum: Mittwoch, den 09. Mai 2007
Seite: 2

 

Kriminalitätsstatistik

Sicher ist sicher

Deutschland ist eines der sichersten Länder des Planeten. Die Zahl der Kriminalitätsdelikte geht kontinuierlich zurück, die Aufklärungsquote erreicht zum zweiten Mal in Folge einen Spitzenwert. Wolfgang Schäuble hat endlich mal gute Nachrichten verkündet.

So drängt sich die Frage auf, wie der Bundesinnenminister angesichts der jüngsten Kriminalitätsstatistik erklären will, wieso die hiesigen Ordnungsbehörden eigentlich umfangreicher neuer Befugnisse bedürfen? Weshalb die Polizei heimlich auf die Computer der Bürger zugreifen dürfen soll? Warum seiner Meinung nach eine zentrale Fingerabdruckdatei nötig ist?

Die Kriminalitätsstatistik liefert dem Bundesinnenminister kein Argument, die Trennung von innerer und äußerer Sicherheit aufzugeben. Sie unterstützt nicht seinen Ruf nach einem Einsatz der Bundeswehr im Innern.

Das ficht einen Wolfgang Schäuble allerdings nicht an. Er argumentiert mit dem Dunkelfeld – also jener scheinbar verborgenen Kriminalität, die zwar existiert, den Behörden aber gar nicht zu Ohren kommt. Und mit einer anderen, einer abstrakteren Größe, die sich ebenfalls nicht in Zahlen und Daten der Polizei ausdrücken lässt: der Terrorgefahr.

So haben selbst gute Nachrichten bei Wolfgang Schäuble einen negativen Kern: Die Statistik ist schlicht unzureichend. Demnächst sollten wir noch die „gefühlte Terrorgefahr“ erheben. Sicher ist sicher. Steffen Hebestreit

 

HEBESTREIT



© Copyright Frankfurter Rundschau
Ausgabe: Stadtausgabe (Nr. 107)
Datum: Mittwoch, den 09. Mai 2007
Seite: 3

 

Düsseldorf in Kriminalitätsstatistik auf Platz 3

 (RPO) Unter den 82 Großstädten Deutschlands liegt Düsseldorf bei den Straftaten auf Platz 3, Krefeld auf Rang 39, Duisburg auf dem 47. und Mönchengladbach auf dem 57. Platz. Das geht aus der aktuellen Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2006 hervor, die Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) jetzt in Berlin vorstellte.

Frankfurt nimmt danach weiterhin den traurigen Spitzenplatz unter den 82 deutschen Städten mit über hunderttausend Einwohnern ein. Hier wurden statistisch je hunderttausend Einwohner 16.378 Straftaten verübt, 16.163 waren es in Hannover und 15.181 in Düsseldorf, die damit die Plätze zwei und drei belegten.

Die NRW-Landeshauptstadt ist unter anderem "Opfer" eines Sondereffektes. Eine betrügerische Immobilienfirma hatte ihren Sitz in Düsseldorf, so dass sämtliche von ihr begangenen über 6000 Straftaten hier registriert wurden, obwohl nur 73 Düsseldorfer davon betroffen waren. Allerdings hatte Düsseldorf auch schon im Vorjahr in Sachen Kriminalität den neunten Platz unter den deutschen Städten markiert.

Bei der weiteren aktuellen Rangfolge nimmt Bremen den vierten und Berlin den fünften Platz ein. Nach Koblenz und Magdeburg folgt Köln auf Rang acht mit 13.991 Straftaten je 100.000 Einwohner. Krefeld hat sich vom 30. auf den 39. Platz verändert, weil hier 9,6 Prozent weniger Straftaten je 100.000 Einwohner als im Vorjahr zu registrieren waren (10.339 nach 11.404).

Duisburg nimmt mit 9.472 den 47. und Mönchengladbach mit 9205 den 57. Rang auf. Moers liegt mit 8852 knapp hinter München auf Platz 60, Neuss mit 8396 auf Platz 63, Leverkusen mit 7927 auf Platz 70, Solingen mit 6124 auf Platz 80 und Remscheid mit 5840 Straftaten je 100.000 Einwohner auf Platz 81.

Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD) betonte als Chef der Innenministerkonferenz, die Kriminalität sei in den anonymen Räumen der Großstädte immer höher als in den ländlichen Gebieten mit größerer sozialer Kontrolle. Aus den Zahlen gehe auch nicht hervor, dass Werktätige aus dem Umland, Touristen und Messebesucher in den großen Städten an Straftaten beteiligt seien, ohne dass sie in den Einwohner-Werten auftauchten. Erhebliche Kriminalität sei beispielsweise in Frankfurt auch mit dem Flughafen verbunden.

Auch Innenminister Wolfang Schäuble (CDU) wies darauf hin, dass Düsseldorf und Köln für Touristen sehr viel attraktiver seien als andere Städte. Dies sei eine mögliche Erklärung für eine Entwicklung, die anhand der beiden rheinischen Großstädte in der Tat "ins Auge springt".

Sorgen bereitet den Sicherheitsexperten die weitere Zunahme der Gewalttaten. Im Zehnjahresvergleich stieg die Zahl der schweren und gefährlichen Körperverletzungen um 42 Prozent. Aktuell verzeichnete die Polizei mit mehr als 215.000 Fällen von Gewaltkriminalität einen Zuwachs von 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei den Körperverletzungsdelikten fallen Jugendliche mit einer Zunahme von 2,7 Prozent und Heranwachsende sogar mit 4,6 Prozent auf. Schäuble und Körting verwiesen darauf, dass der Anstieg der Fallzahlen zu einem Teil auch auf eine höhere Sensibilität hinweise.

Nach einer Studie seien 1997 nur 6,7 Prozent der Gewalttaten an Schulen gemeldet worden, im Jahr 2004 aber bereits 22,5 Prozent. Auch bei häuslicher Gewalt sei die Bereitschaft gewachsen, diese den Behörden zu melden.

Insgesamt hat die Kriminalität in Deutschland erneut abgenommen. 6.304.223 registrierte Delikte bedeuteten 2006 gegenüber 2005 einen Rückgang um 1,4 Prozent oder 87.472 Straftaten. Obwohl die Aufklärungsquote 2005 mit 55,0 Prozent bereits einen Rekordwert erreicht hatte, konnte sie erneut gesteigert werden, auf nunmehr 55,4 Prozent. Deutschland, ohnehin eines der sichersten Länder der Erde, ist damit nach den Worten Schäubles und Körtings, "noch ein Stück sicherer geworden".

Kriminalitätsstatistik veröffentlicht

Jugendliche immer gewaltbereiter

Berlin (RPO). Schon im zweiten Jahr in Folge ist die Kriminalität in Deutschland zurückgegangen. Die Zahl aller polizeilich registrierten Straftaten sei im Vergleich zu 2005 um 1,4 Prozent auf rund 6,3 Millionen gesunken, teilte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Montag in Berlin mit. Erschreckend ist aber: Die Gewalt unter Jugendlichen hat erneut zugenommen.

Dies bedeute einen Rückgang um 87 472 Delikte. Die Kriminalstatistik 2005 hatte ein Minus von rund 3,6 Prozent ausgewiesen. Das 2005 erreichte Allzeithoch bei der Aufklärungsquote konnte laut dem Bundesinnenminister im vergangenen Jahr nochmals von 55 auf 55,4 Prozent verbessert werden. Deutschland sei weiterhin eines der sichersten Länder weltweit, sagte Schäuble.

Die Zahl der Tatverdächtigen unter Jugendlichen und Heranwachsenden sank den Angaben zufolge überproportional um 2,1 beziehungsweise 2,3 Prozent. Insgesamt wurde bei den Tatverdächtigen ein Rückgang um 1,3 Prozent verzeichnet.

Getrübt wurde die Jahresbilanz durch die sich weiter verschärfende Gewaltkriminalität auch bei den 14- bis unter-21-Jährigen. Die Zahl der Delikte in diesem Bereich nahm den Angaben zufolge insgesamt um 1,2 Prozent auf 215 471 zu. Auffällig war hierbei die Zunahme einfacher Körperverletzungsdelikte bei Heranwachsenden um 4,6 Prozent (insgesamt plus 3,7 Prozent).

Die gefährliche und schwere Körperverletzung ist laut dem Bericht seit 1997 um 42 Prozent gestiegen. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD), erklärte die Zunahme mit einer verstärkten Sensibilisierung der Bevölkerung, aber auch mit einer höheren Gewaltbereitschaft.

Autoknacker haben Hochkonjunktur

VON MAIKE SCHULTE

(RPO) Für Autoknacker war es ein rekordverdächtiges Jahr. Über 11.000 Mal schlugen sie 2006 zu, steigerten sich damit um über 30 Prozent. Das ist nur ein Ergebnis der Kriminalitätsstatistik, die Polizeipräsident Herbert Schenkelberg am Mittwoch präsentiert hat. Deutlich zugenommen haben auch Mord- und Totschlagsdelikte, hier verzeichnete die Polizei 17 Fälle, elf waren es im Vorjahr.

Es gab aber auch Positives zu vermelden: So nahmen Taschendiebstähle, Wohnungseinbrüche sowie Jugendkriminalität ab. Die Gesamtbilanz: 87.216 Straftaten verzeichnete die Polizei 2006, acht Prozent mehr als im Vorjahr. Damit landet Düsseldorf im NRW-Vergleich auf Platz eins. Schenkelberg macht dafür die Tücken der Statistik verantwortlich. „Düsseldorf ist eine Stadt, in der die Bürger sicher leben können“, lautet sein Fazit.

Seine Begründung: Der Zuwachs an Straftaten sei zu einem beachtlichen Teil auf das Düsseldorfer „Aufina“-Verfahren zurückzuführen. 6.468 über das gesamte Bundesgebiet verstreute Opfer des millionenschweren Anlagebetrugs wurden in den Düsseldorfer Kriminalitätsbericht mit eingerechnet. Auch die hohe Zahl an Touristen, Pendlern, Fluggästen und Messebesuchern verzerrt laut Schenkelberg die Statistik. Denn auch ihre Delikte werden der Landeshauptstadt zugeordnet.

Es gibt aber auch ganz unbestrittene Erfolge für das Jahr 2006 zu verzeichnen. Besonders stolz sind die Ermittler auf die drastische Abnahme der Taschendiebstähle. Die Zahl der Delikte sank um über 33 Prozent von 4.768 Fällen im Jahr 2005 auf 3.192 im vergangenen Jahr. Ein Ergebnis, das die Polizei vor allem auf die Arbeit des Einsatztrupps „Prios“ zurückführt. Zum dritten Mal in Folge ging auch die Zahl der Wohnungseinbrüche zurück. 1.831 Delikte verzeichnet die Statistik hier (2005: 1.947). Die Aufklärungsquote stieg im Gegenzug von gut acht auf über 15 Prozent. Die Zentralisierung der Bearbeitung vor drei Jahren habe sich ausgezahlt, hieß es.

Den Sorgenkindern der Statistik will die Polizei in diesem Jahr Mit gezielten Maßnahmen beikommen. Mit Einsätzen der Einsatztrupps Kriminalität und Prios sowie der Einsatzhundertschaft soll es Autoknackern an den Kragen gehen, die es meist auf Navigationsgeräte abgesehen haben. Zwei neue Einsatztrupps in Benrath und Derendorf sollen sich ab der zweiten Jahreshälfte ganz gezielt mit den Diebstählen aus Autos befassen.

Erste Erfolge verzeichnete die Polizei schon mit der „EK Navi“ der Polizeiinspektion Süd, die 82 Fälle klären und und einige Täter hinter Gitter schicken konnte. Einen Teil der Schuld sieht die Polizei aber auch bei den Autofahrern selbst: „Sie schließen ihren Wagen nicht ab, lassen die Geräte im Auto oder verstecken sie nur notdürftig unter dem Sitz“, sagt Polizeidirektor Dieter Höhbusch. Eine erneute Präventivkampagne soll hier Abhilfe schaffen.

Trotz erster Erfolge soll auch die Jugendkriminalität weiterhin ein Arbeitsschwerpunkt bleiben. Der Anteil der Tatverdächtigen unter 21 Jahren sank um 2,1 Prozent auf 5.081 Die Zusammenarbeit von Justiz, Stadt und Polizei mit dem Einsatztrupp Jugend sowie zivilen Einsatzkräften habe sich bewährt, hieß es. Soweit die guten Nachrichten.

Aber immerhin jeder zehnte Jugendliche und jeder achte Heranwachsende hatte bereits als Tatverdächtiger Kontakt zur Polizei, die Zahl der Intensivtäter stieg von 261 auf 301. Eines der Hauptziele der Polizei: die schnelle Bestrafung der Täter. „Wenn von der Tat bis zur Gerichtsverhandlung Monate vergehen, sehen die Jugendlichen keinen Sinn mehr in der Strafe“, erklärt Polizeidirektor Höhbusch.