09.04.2013 | 06:22 Uhr
Die Verkehrsunternehmen haben ihren Anteil an Schwarzfahrern, je nach Stadt, im letzten Jahr auf 0,5 bis 1,8 Prozent gedrückt.Foto: Stephan Eickershoff
Ruhrgebiet. Der Anteil der Schwarzfahrer ist bei vielen Nahverkehrsgesellschaften auf etwa ein Prozent gesunken. Bis vor wenigen Jahren galten drei bis fünf Prozent als völlig normal. Der Grund für den Rückgang: der "kontrollierte elektronische Vordereinstieg". Aber Schlupflöcher bleiben.
Noch nie waren so wenige Schwarzfahrer im Ruhrgebiet unterwegs. Die Verkehrsunternehmen haben ihren Anteil, je nach Stadt, im letzten Jahr auf 0,5 bis 1,8 Prozent gedrückt, ergab eine Recherche der WAZ Mediengruppe. Bis vor wenigen Jahren galten drei bis fünf Prozent als völlig normal.
Der Grund für den Rückgang: Alle haben in den letzten Jahren eingeführt, das Fahrgäste im Bus nur noch vorne einsteigen können und dem Fahrer im Vorbeigehen ihre Tickets zeigen. Zusätzlich wurden 2011/12 Lesegeräte angebracht, die die elektronischen Tickets prüfen und, falls sie gültig sind, grün leuchten und freundlich piepsen. „Der kontrollierte elektronische Vordereinstieg war ein wichtiger Schritt“, sagt die Sprecherin des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr, Sabine Tkatzik. Kontrollen unterwegs gibt es aber weiterhin.
Denn Schlupflöcher bleiben. Erstens: Fahrgäste in Straßenbahnen und U-Bahnen müssen an keinem Fahrer vorbei. Zweitens: Bei großem Andrang etwa im Berufsverkehr öffnen Busfahrer durchaus auch hinten – sonst kommen sie nie mehr an. Und drittens: „Gefälschte oder manipulierte Tickets bleiben ein Thema“, sagt Norbert Konegen, der Sprecher der Vestischen im Kreis Recklinghausen.
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Mit Schwarzfahrer-Quoten deutlich über drei Prozent fallen Duisburg und Mülheim inzwischen weit aus dem Rahmen. „Das ist schwer zu erklären“, sagt ein Sprecher: „Vielleicht liegt es an den Kontrollen, vielleicht gibt es soziokulturelle Gründe.“
Trotz des gesunkenen Anteils der Schwarzfahrer entgehen den großen Nahverkehrsunternehmen zusammen immer noch geschätzte 10 Millionen Euro Einnahmen. Bogestra und Evag, MVG wie Stoag unterstützen daher alle die Forderung des „Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen“, dass Schwarzfahrer statt bisher 40 künftig 60 Euro Buße zahlen sollen – und im Wiederholungsfall 120 Euro. Wer auch noch zum dritten Mal erwischt wird, wird inzwischen in der Regel angezeigt. Das ist neu und führt zu dem Ergebnis, dass es weniger Schwarzfahrer, aber mehr Anzeigen gibt: ein kurioses Phänomen, das aber gerade in der Kriminalstatistik öfter auftritt.
Kontrollen
Mehr Schwarzfahrer in Oberhausen - Kosten rund 440.000 Euro
In Oberhausen wurden 2012 mehr Schwarzfahrer erwischt als im Vorjahr. Die Stadtwerke Oberhausen schätzen den daraus entstandenen Schaden auf 440.000 Euro. 1,39 Prozent der Fahrgäste, die kontrolliert wurden, besaßen kein gültiges Fahrticket. Die Stoag will entschiedener gegen Schwarzfahrer vorgehen.
Etwas aus der Reihe tanzt Oberhausen, wo die Quote auf niedrigem Niveau zuletzt wieder stieg : von 0,8 auf 1,4 Prozent 2012. Freilich hat die Stoag auch die Umstände geändert: Sie kontrolliert jetzt, sagt Sprecherin Sabine Müller, „vor allem an Wochenenden und nachts“. Ob wirklich mehr Leute schwarzfahren oder wegen der neuen Kontrollen nur auffallen, sei noch nicht klar.
24.03.2013 | 14:40 Uhr
Kontrolleure in der U 79 im Einsatz.Foto: Stephan Eickershoff/ WAZ Foto Pool
Die Rheinbahn verliert jedes Jahr Millionen. Bußgelder sollen angehoben werden.
Die Zahlen waren alarmierend: Gegen immer mehr Menschen werden Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil sie in der Bahn oder im Bus als Schwarzfahrer ertappt wurden. 7430 Strafanzeigen bearbeitete das Düsseldorfer Polizeipräsidium im vergangenen Jahr - 2243 mehr als 2011. Die Rheinbahn geht rigoros gegen diejenigen vor, die drei Mal innerhalb von zwei Jahren ohne gültigen Fahrschein erwischt werden. Da hilft keine Ausrede mehr. „Da unterstellen wir den Betroffenen, dass sie mit Absicht schwarz gefahren sind“, erklärt Sprecher Eckhard Lander.
Hier handele es sich keineswegs um ein Kavaliersdelikt: „Das Erschleichen von Leistungen ist eine Straftat“, betont Lander. Er kündigt auch für dieses Jahr wieder Schwerpunkt-Kontrollen vor allem in U-Bahnhöfe und U-Bahnen an, bei denen ein größeres Mitarbeiter-Team in Minutenschnelle die Tickets aller Fahrgäste einer kompletten Bahn überprüft. Auffallend ist hier die hohe Trefferquote an Wochenendnächten in der Altstadt. Jeder zehnte Fahrgast war ein Schwarzfahrer.
Bei den normalen Kontrollen pendeln die monatlichen Schwarzfahrer-Quoten zwischen 1,9 und 2,2 Prozent. Hochgerechnet fahren pro Jahr über vier Millionen ÖPNV-Nutzer ohne Ticket. Die genaue Zahl der Schwarzfahrer lässt sich aber nicht sagen. Es gibt nur Schätzungen.
Klar ist nur: Die Rheinbahn verliert deshalb jedes Jahr mehrere Millionen Euro an Einnahmen. So verwundert es nicht, dass Rheinbahn-Chef Dirk Biesenbach das sogenannte „erhöhte Beförderungsentgelt“ anheben will. Bisher müssen ertappte Schwarzfahrer 40 Euro zahlen. Biesenbach fordert 60 Euro.
Unabhängig davon drohen Strafverfahren. 2012 hatte die Rheinbahn 3219 Strafanzeigen erstattet. Das sind deutlich mehr als noch ein Jahr zuvor - da waren es „nur“ 2755. Die Rheinbahn glaubt aber nicht, dass viel mehr Schwarzfahrer unterwegs sind. Ein Trend nach oben ist jedenfalls nicht erkennbar, erklärt Rheinbahn-Abteilungsleiter Michael Strotmann.
Das sagt auch die Deutsche Bahn in Düsseldorf. Vielmehr habe sich das Anzeigeverhalten von Verkehrsunternehmen geändert. „Seit zwei Jahren wird bei uns jeder automatisch angezeigt, der innerhalb von einem Jahr drei Mal ohne ein gültiges Ticket aufgefallen ist. Das haben wir früher nicht so konsequent gemacht“, bestätigte eine Sprecherin der Deutschen Bahn. Deshalb sind die Fallzahlen in der Kriminalitätsstatistik nach oben geschnellt.
Über die Gründe, warum Fahrgäste schwarz fahren, kann die Rheinbahn nur spekulieren. Eckhard Lander vermutet bei jugendlichen Schwarzfahrern ein fehlendes Unrechtsbewusstsein. Auch sei es es cool zu „zocken“. Soziale Unterschiede spielen da eher eine untergeordnete Rolle. Schwarzfahrer sind „in allen Gesellschaftsschichten vertreten“, so der Rheinbahn-Sprecher.
http://www.derwesten.de/nrz/staedte/duesseldorf/der-kampf-gegen-schwarzfahrer-id7760568.html
Immer mehr Schwarzfahrer erwischt
25. März 2013 - 09:25 Uhr
mit einem Kommentar von Juliane Kinast
Allein im Jahr 2012 gab es 7430 Anzeigen – ein Anstieg von
mehr als 40 Prozent. Der Polizei verhagelt das die ansonsten einigermaßen gute
Statistik.
Bei den „100-Prozent-Kontrollen“ – hier im Oktober 2012 – überprüfen Rheinbahn- und Security-Mitarbeiter zusammen mit der Polizei jeden einzelnen Fahrgast in der U-Bahn.
Düsseldorf. Die Kriminalstatistik der Polizei für 2012 ist eigentlich voll von guten Nachrichten: Weniger Straftaten, weniger Einbrüche, Taschendiebstähle, Kfz-Aufbrüche, weniger Jugendkriminalität.
Aber ein Ausreißer verhagelt die Zahlen: Die Zahl der Anzeigen gegen Schwarzfahrer ist in die Höhe geschnellt. 5187 Fälle der „Erschleichung von Leistungen“ – wie es im Amtsdeutsch heißt – verzeichnete die Statistik für 2011. Im vergangenen Jahr waren es 7430 Fälle. Ein sattes Plus von 43,2 Prozent. Fahren wirklich immer mehr Düsseldorfer schwarz?
Nein, glaubt Rheinbahnsprecher Georg Schumacher. Er geht davon aus, dass die Schwarzfahrer-Quote konstant bei rund zwei Prozent liegt. Obwohl Kontrolleure und Polizei bei mehreren nächtlichen Schwerpunktaktionen in der U-Bahn zum Teil mehr als jeden zehnten Fahrgast ohne Ticket erwischten. Dafür ergebe sich im Berufsverkehr ein gegenteiliges Bild, erklärt Schumacher: „Wenn wir um halb neun morgens kontrollieren, wenn Pendler und Schüler unterwegs sind, haben wir weniger als ein Prozent Schwarzfahrer. Für diese Vielfahrer lohnt sich Betrug einfach nicht.“
Bei der Rheinbahn wird zu ungewöhnlicher Zeit kontrolliert
Aktionen wie die Schwerpunktkontrollen in der Nacht sind wohl auch der Grund für die verhagelte Kriminalstatistik. „Wir kontrollieren verstärkt zu den Zeiten, wo Schwarzfahrer nicht mit uns rechnen“, sagt Schumacher. Nachts, zwischen Feiertagen, früh am Morgen.
Auch generell sei die Arbeit der Kontrollteams in den vergangenen Jahren effizienter gestaltet worden. „Und je mehr wir kontrollieren, umso mehr Schwarzfahrer haben wir in der Statistik“, erklärt Schumacher. Es gibt also nicht mehr Schwarzfahrer, sondern nur mehr aufgedeckte Fälle.
Die Rheinbahn schätzt, dass ihr jährlich ein Schaden von drei bis vier Millionen Euro durch Schwarzfahrer entsteht.
Das glaubt man auch bei den Bahnunternehmen in der Region. Von den 7430 Anzeigen 2012 erstatteten die Deutsche Bahn und ihre Mitbewerber (Eurobahn, Regiobahn etc.) 4258 Anzeigen. „Wir gehen seit zwei Jahren konsequenter gegen Schwarzfahrer vor“, bestätigt eine Sprecherin der Deutschen Bahn.
Wie auch die Rheinbahn pflegt das Unternehmen, schwarze Schafe beim dritten Vergehen anzuzeigen – nur diese Fälle landen dann auch in der Kriminalstatistik. „Dafür gibt es aber erst jetzt ein automatisiertes Verfahren“, heißt es von der Bahn. Dadurch werde die Regelung inzwischen strenger durchgesetzt.
Sprecher: Strafe muss von 40 auf 60 Euro erhöht werden
In Zukunft werde die Bahn ihre Präsenz in den Zügen noch verstärken. Allerdings gehe es dabei eher um Service und das Sicherheitsgefühl der zahlenden Fahrgäste, die sich in einer Umfrage mehr Mitarbeiter in erkennbarer Bahn-Kleidung wünschten. Ein Nebeneffekt könnte selbstverständlich aber auch sein, bestätigt die Sprecherin, dass künftig noch mehr Schwarzfahrer auffallen.
Auch die Rheinbahn setzt auf verbesserte Kontrollen. „Wir werden uns auf ungewöhnliche Zeiten spezialisieren“, kündigt Georg Schumacher an. Neben den Kontrolleur-Teams am Tag soll es mehr „100-Prozent-Kontrollen“ geben: Zahlreiche Kontrolleure betreten etwa in einem U-Bahnhof einen Zug – begleitet von der Polizei – und kontrollieren im Schnellverfahren jeden Fahrgast, bevor sie wieder aussteigen und die Bahn weiterrollen kann.
Ums Geldverdienen gehe es dabei nicht, stellt Schumacher klar: „Es geht uns darum, die Zahlungsmoral aufrecht zu halten.“ An den 40 Euro vom erhöhten Beförderungsentgelt verdiene das Unternehmen kaum. Das sei ohnehin zu niedrig.
„Es ist seit zehn Jahren nicht angepasst worden“, sagt Schumacher. Mindestens 60 Euro müssten es heute sein, um eine abschreckende Wirkung zu erzielen, glaubt er. Das aber wäre Sache des Bundesverkehrsministeriums.
http://www.wz-newsline.de/lokales/duesseldorf/immer-mehr-schwarzfahrer-erwischt-1.1275934
Ein Kommentar von Juliane Kinast.
Ein Kommentar von Juliane Kinast.
Die Kriminalitätsstatistik ist ein Indikator dafür, wie sicher wir in unserem Lebensumfeld sind. Sie zeigt uns, dass wir uns heute mehr vor Einbrüchen schützen müssen, dass schlimme Gewalttaten dafür aber sehr selten sind. Sprich: Sie ist ein wichtiger Faktor für unser Sicherheitsempfinden.
Wenn man nun betrachtet, dass von 88 659 Straftaten im gesamten Jahr 7430 allein Anzeigen gegen Schwarzfahrer sind, ergibt sich ein verzerrtes Bild.
Schwarzfahren ist kein Delikt, dass den normalen Bürger besorgen muss – dennoch fließen diese Zahlen in die Statistik ein und verzerren das Bild von Sicherheit in den Köpfen der Menschen. Man sollte darüber nachdenken, solche Delikte aus der Kriminalstatistik herauszulösen.
http://www.wz-newsline.de/lokales/duesseldorf/raus-aus-der-statistik-1.1275935
Von GÜNTHER CLASSEN und LENI VOLTEA (Fotos) 25.3.13
50.000 erwischte Schwarzfahrer pro Jahr, rund fünf Millionen Euro Schaden.