Offener Brief: Die Arge arbeitet schlecht

Düsseldorf, 25.03.2008 nrz

SOZIALES. Initiativkreis Armut prangert Missstände an: "Es gibt so viele

Beschwerden. Das ging nicht mehr anders."

 

Die Klagen über die Arge reißen nicht ab: Nachdem zum Jahreswechsel hunderte von

Hartz-IV-Beziehern wegen eines Computerfehlers auf ihr Geld warten mussten, prangerte

nun gestern der "Initiativkreis Armut in Düsseldorf" Missstände in einem dreiseitigen

"Offenen Brief" an. Koordinator Holger Kirchhöfer zur NRZ : "Es gibt so viele

Beschwerden, das ging nicht mehr anders." Oft hätten die Kunden wegen ausstehender

Bewilligungen kein Geld mehr für die Miete oder das Essen. Was Arge-Sprecher Jürgen

Hennigfeld gestern sofort zurückwies: "Wir zahlen in solchen Fällen immer einen

Abschlag."

 

Der Initiativkreis, dem Mitarbeiter von 20 Institutionen von der Armenküche, über

Fiftyfifty, der Aidshilfe bis zu den Wohlfahrtsverbänden angehören, bemängelt

außerdem: Die telefonische Erreichbarkeit der Sachbearbeiter - morgens eine Stunde an

der Luisenstraße - sei völlig unzulänglich, die Leitungen seien meistens besetzt.

 

Versprochene Rückrufe von Sachbearbeitern erfolgten verspätet oder gar nicht, an der

Rezeption der Arge seien Wartezeiten von mehreren Stunden üblich, die Bearbeitung der

Anträge von Düsselpässen funktioniere nicht und Anträge würden nicht quittiert, was -

wie passiert - bei Verschwinden von Schriftsätzen der einzige Beweis wäre, dass nicht

der Kunde geschlampt habe. Außerdem gehörten, so Kirchhöfer, die Telefonlisten der

Sachbearbeiter veröffentlicht.

 

"Geht nicht", konterte Hennigfeld, "dann telefonieren die Sachbearbeiter nur noch.

Aber E-Mail-Adressen und Faxnummern stehen im Internet." Auch die langen Wartezeiten

dementiert er: "Das ist längst vorbei."

 

Ungeachtet der "subjektiven Sichtweise der Initiative" will die Arge bis Anfang

April den Klagebrief ihrerseits mit einem Offenen Brief beantworten. Hennigfeld: "Wir

sind froh über Anregungen und werden das auch diskutieren." (aly)

 

 

Initiativkreis Armut: Zustände bei der Arge sind unhaltbar

 

(rei) Der Initiativkreis Armut in Düsseldorf kritisiert in einem offenen Brief an

den Arge-Geschäftsführer Peter Lorch die seiner Meinung nach unhaltbaren Zustände bei

der Arge und verlangt Abhilfe. Probleme wie mehrere Wochen dauernde

Bearbeitungszeiten, ausstehende Mietzahlungen, verloren gegangene Anträge und

mangelhafte Erreichbarkeit seien an der Tagesordnung. Oft wüssten die Betroffenen

nicht einmal mehr, wie sie Lebensmittel bezahlen sollen. Die Telefonleitungen seien

meist besetzt und eine Erreichbarkeit von nur einer Stunde pro Tag am Morgen sei viel

zu kurz. An den Rezeptionsschaltern der Arge seien Wartezeiten von mehreren Stunden

nicht selten. Die Bearbeitung der Anträge von Düsselpässen funktioniere überhaupt

nicht.

Quelle:

Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH

Publikation: Rheinische Post Düsseldorf

Ausgabe: Nr.71

Datum: Mittwoch, den 26. März 2008

Seite: Nr.11

 

 

 

 

 

Initiativkreis Armut in Düsseldorf

                Burgplatz 3

                40213 Düsseldorf
                Tel: 0211 8549324/ 0163 2576235

                Fax: 0211 3237662
                eMail
: ikarmut@gmx.de

                                                                                                          Düsseldorf, den 25.3.08

 

 

 

ARGE Düsseldorf

z.Hd. Herrn Lorch

Geschäftsführung

Per EMail

 

 

 

Offener Brief an die ARGE Düsseldorf

 

 

Sehr geehrte Damen und Herrn,

 

als Beraterinnen und Berater von Menschen, die in der Mehrzahl auf den Bezug von Arbeitslosengeld II angewiesen sind und insbesondere als Lobby für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten (insb. Wohnungslosigkeit, Suchtmittelabhängigkeit) halten wir die Zustände in der Düsseldorfer Arge für unhaltbar und fordern Abhilfe.

Grundsätzlich sind die Probleme schon mehrfach benannt und u.a. über die Wohlfahrtsverbände und im Rat thematisiert worden. Leider hat dies bislang nicht zu einer ausreichenden Verbesserung geführt.

Im Folgenden werden die Probleme benannt und erste Maßnahmen angeregt.

 

 

 

Die Bearbeitung von Erstanträgen dauert oft mehrere Wochen. In Einzelfällen wurden bisher noch Abschlagszahlung an Menschen, die wohnungslos und mittellos sind vorgenommen. Inzwischen warten Kunden der Arge wochenlang auf die ihnen zustehenden Leistungen, und werden, obwohl immer noch mittellos, gleichzeitig schon in Maßnahmen vermittelt, die sie unmittelbar antreten sollen. Selbst Mietzahlungen erfolgen erheblich verzögert. Regelmäßig werden Anträge an der Rezeption trotz Vollständigkeit nicht angenommen, stattdessen wird auf besondere Annahmetermine verwiesen.

 

Dringend notwendig ist die Beibehaltung der 24-Stunden-Regelung für mittellose und wohnungslose Menschen, ebenso wie die Antragsannahme direkt am Schalter der Arge.

 

 

Äußerst problematisch ist die mangelnde telefonische Erreichbarkeit der SachbearbeiterInnen: eine Zeitspanne von einer Stunde -zwischen 8 und 9 Uhr in der Luisenstraße- ist völlig unzulänglich. Viele Telefonate müssen mit BeraterInnen und KlientInnen gemeinsam durchgeführt werden. Dies ist innerhalb einer Stunde am frühen Vormittag nicht durchführbar. Abgesehen davon liegt auf der Hand, dass die Leitungen meist besetzt sind.

 

Die telefonische Erreichbarkeit muss mindestens auf die Öffnungszeit der Arge ausgedehnt und in dieser Zeit auch sicher gestellt werden.

 

 

Die Hotline der Arge informiert zu allgemeinen Fragen inzwischen zufriedenstellend. Allerdings wird es problematisch, sobald ein Rückruf der Sachbearbeitung notwendig wird. Dieser erfolgt i.d. R. äußerst verspätet oder auch gar nicht. Die Angabe der Erreichbarkeit der BeraterInnen wird häufig ignoriert, so dass letztlich aneinander vorbei telefoniert wird.

 

Notwendig ist die telefonische Durchstellung aller Fachkräfte aus der sozialen Arbeit über die Hotline an die Sachbearbeitung. Idealerweise sollten auch alle Kunden durchgestellt werden können. Daneben sollte eine Fax- und/oder E-Mail-Erreichbarkeit der einzelnen MitarbeiterInnen gewährleistet werden. Die Telefonlisten der SachbearbeiterInnen müssen offen zugänglich sein.

 

 

An den Rezeptionsschaltern der Arge sind Wartezeiten von mehreren Stunden üblich. Das ist Kunden der Arge mit psychischen Erkrankungen, Suchterkrankungen oder Behinderungen ebenso wenig zumutbar, wie alten Menschen oder Eltern, die ihre Kinder betreuen müssen. Eine solche Situation ist für alle Beteiligten würdelos und baut vermeidbare Aggression auf.

 

Sinnvoll wäre die Einrichtung zusätzlicher reiner Informationsschalter und eine Erweiterung der anderen Schalter. Zudem würde eine Verbesserung der telefonischen Erreichbarkeit auch die Warteschlangen entsprechend reduzieren.

 

 

Obschon eine Einstellung von Leistungen bzw. eine Kürzung eines schriftlichen Bescheides bedarf, damit der Kunde informiert wird und Rechtsmittel einlegen kann, wird dies regelmäßig von der Arge verzögert oder versäumt. Dies ist weder der Form genügend, noch rechtmäßig.

 

 

KundInnen ohne Konto werden aufgefordert, einen schriftlichen Nachweis dreier Geldinstitute zu erbringen, dass ihnen die Einrichtung eines Girokontos verwehrt wird. Die Auszahlung der kompletten Leistung wird von der Einrichtung eines Kontos abhängig gemacht. Dies ist eine die Menschen entwürdigende und erniedrigende Forderung und sollte unterbleiben.

 

 

Die Bearbeitung der Anträge von Düsselpässen über die Arge funktioniert nicht. Falls die Kunden überhaupt einen Düsselpass erhalten, hat die Bearbeitung häufig Monate in Anspruch genommen. Diese Bearbeitung muss beschleunigt und mit einer Frist versehen werden.

 

 

Über alle diese Ärgernisse hinaus, verschwinden zudem weiterhin immer wieder Schriftstücke-seien es Akten oder Erst- wie Fortzahlungsanträge. Die Konsequenzen tragen die KundInnen, die angemahnt und sanktioniert werden und deren Leistungen gekürzt oder verzögert werden. Eine Quittierung zumindest der Anträge muß selbstverständlich sein.

 

 

Wenn in der Tat die Personalknappheit der Argen eine pflichtgemäße und sachgerechte Bearbeitung verhindert, muss die Arge bereit sein, dieses auch so deutlich zu machen, um aus Politik und Verwaltung eine Problemlösung zu fordern.

Es ist jedenfalls nicht hinnehmbar, dass unter den Folgen der verfehlten Personalpolitik der Argen ausgerechnet zu leiden haben, die bereits durch ihre Armut belastet und ausgegrenzt sind.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Holger Kirchhöfer, Koordinator Initiativkreis Armut in Düsseldorf