Lohndumping vor Gericht Arbeiten für 1,54 Euro die Stunde 10.4.14
Ein Stundenlohn von 1,54 Euro kann rechtens sein, entschied
ein Gericht. Foto: dpa
Der Anwalt hatte in seiner Kanzlei in Großräschen zwei
Bürokräfte für Stundenlöhne von 1,54 beziehungsweise 1,65 Euro beschäftigt.
Diese Löhne seien zwar auch in strukturschwachen Regionen wie der Niederlausitz
sittenwidrig, urteilte das Gericht, der Anwalt habe
aber nicht ausbeuterisch gehandelt.
So hätten die Beschäftigten auf eigenen Wunsch unter diesen
Konditionen angefangen, um erst einmal wieder Fuß auf dem Arbeitsmarkt zu
fassen. Der Anwalt habe keinen wirtschaftlichen Vorteil durch die Einstellung
erzielt. Es sei eher eine «Gefälligkeit», eine «gut gemeinte Leistung» gewesen,
meinte der Vorsitzende Richter der 13. Kammer des Arbeitsgerichts in
Senftenberg.
Beide Beschäftigten kamen nur über die Runden, weil sie
zusätzlich zu ihrem Lohn Aufstockerleistungen vom Staat erhielten. Das
Jobcenter wollte von dem Anwalt daher Sozialleistungen in Höhe von 4100 Euro
zurückhaben. Das Gericht wies die Klage zurück: Mit sechs ausgelasteten
Vollzeitbeschäftigten habe es der Anwalt nicht nötig gehabt, zwei weitere
Beschäftigte einzustellen. Unterm Strich hätten sich für ihn eher Mehrkosten
ergeben.
Vertreter des Jobcenters zeigten sich nach dem Urteil
überrascht und kündigten an, Rechtsmittel zu prüfen. Andere Arbeitgeber könnten
das Urteil nun möglicherweise als «Schutzbehauptung» anwenden, um Beschäftigte
generell mit Billiglöhnen abzuspeisen, hieß es zur Begründung. Sie müssten bloß
angeben, die Mitarbeiter gar nicht unbedingt im Betrieb zu brauchen.
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Das Gericht hob dagegen hervor, bei dem Urteil handele es sich
um eine Einzelfallentscheidung «ohne jegliche Präzedenzwirkung». Im Oktober
hatte das gleiche Gericht zwei Unternehmer aus Lübbenau verurteilt, weil sie
einen Verkäufer für 2,84 Euro die Stunde beschäftigten. Das Jobcenter Uckermark wiederum klagte erfolgreich gegen einen
Pizza-Lieferservice, der seinen Mitarbeitern zwischen 1,59 und 2,72 Euro die
Stunden zahlte.
In Zukunft könnte die Zahl der Klagen wegen Lohndumpings
sinken, sagte eine Gerichtssprecherin. Grund sei der von der Bundesregierung
geplante gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro. Allerdings sind dabei Ausnahmen
vorgesehen, unter anderem für Langzeitarbeitslose. (dpa)