Seehofer
blitzt ab
RWE und Verbraucherschützer
lehnen Stromspar-Tarife ab
Von Joachim Wille
Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU) stößt mit
dem Plan zur Einführung von „Stromspar-Tarifen“ nicht nur bei Energiekonzernen
auf Widerstand, sondern auch bei Verbraucherschützern.
Das politische Feld sortiert sich unerwartet:
Seehofers eigene Partei ist skeptisch, der Koalitionspartner SPD begrüßt den
Vorstoß. Der größte deutsche Stromkonzern RWE lehnt Seehofers Plan rundweg ab.
„Staatliche Preisvorgaben bringen uns nicht weiter“, sagte Ulrich Jobs,
Vorstand beim Essener Energieriesen.
Der bei RWE für das operative Geschäft zuständige
Manager nutzt die Debatte zudem für eine Retourkutsche: Der Bund sei durch die
hohen Steuern und Abgaben beim Strom für die hohen Preise mitverantwortlich.
„Herr Seehofer sollte nicht vergessen, dass der Staat selber einer der größten
Preistreiber ist.“ Darüber müsse mit der Politik in Gesprächen über die
künftige Gestaltung der Stromtarife geredet werden.
Seehofers Plan sieht vor, dass es bei allen
Stromanbietern künftig gestaffelte Einheitstarife geben soll, die geringen Verbrauch
durch niedrigere Kilowattstunden-Preise belohnen. Die Stromkunden sollen so zu
mehr Energieeffizienz gebracht werden.
Die Verbraucherzentralen nennen Seehofers Vorstoß
zwar „sympathisch, aber nicht praktikabel“. Solche Tarife müssten jährlich
entsprechend der Verbrauchsentwicklung bei dem jeweiligen Stromanbieter neu
angepasst werden, sagte ihr Experte Holger Krawinkel.
„Das wäre sehr unübersichtlich und würde einen Preisvergleich zwischen
Anbietern erschweren.“ In einem Wettbewerbsmarkt seien die staatlich
festgesetzten Tarife völlig kontraproduktiv.
Für überfällig hält Krawinkel
jedoch die Abschaffung des Grundpreises in den Tarifen, der Vielverbraucher
belohnt. Er solle endlich auf die Kilowattstunde umgelegt werden.
CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer
sagte zum Seehofer-Plan, es dürfe nicht versucht werden, Preise zu regulieren,
die letztlich der Weltmarkt bestimme. Die Bürger müssten „finanziellen
Gestaltungsspielraum“ behalten. Die SPD hingegen fordert eine schnelle
Festlegung auf Spartarife. Bisher habe die Union zu dem von der SPD bereits im
Frühjahr vorgeschlagen Tarif stets Nein gesagt. „Wenn das jetzt anders ist:
herzlich willkommen.“ Es gelte aber, viele Details zu beachten. So dürfe es
keine Wettbewerbsverzerrungen geben, bei denen kleinere Versorger geschädigt
würden.
WILLE
© Copyright Frankfurter Rundschau
Ausgabe: Stadtausgabe (Nr. 199)
Datum: Dienstag, den 26. August 2008
Seite: 18
Energie-Konzerne lehnen Plan für Billig-Strom ab
Berlin/München (ap)
Verbraucherminister Horst Seehofer hat mit seiner Forderung nach einem
Stromspartarif Beifall in der SPD, aber Skepsis in der CSU ausgelöst.
CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer und Generalsekretärin Christine Haderthauer wandten sich gegen staatliche Preisvorgaben.
SPD-Chef Beck bewertete Seehofers Vorschlag dagegen als vernünftig. Die
deutsche Energiewirtschaft lehnte Seehofers Vorschlag brüsk ab. Ein Sprecher
des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft sagte: „Die
Energiebranche hält es nicht für die Aufgabe der Energieversorgungsunternehmen,
verbilligte Gas- und Stromtarife anzubieten. Dabei handelt es sich um eine
sozialpolitische Aufgabe.“
LEITARTIKEL SEITE A 2
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Quelle:
Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Düsseldorf
Ausgabe: Nr.199
Datum: Dienstag, den 26. August 2008
Seite: Nr.1