Weltvermögen erreicht neuen Rekordwert

 

Global Wealth Report

Weltvermögen erreicht neuen Rekordwert

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  • 27.09.2017 11:34 Uhr
  • Update: 27.09.2017, 13:36 Uhr

Die Bürger der Welt sind so reich wie nie: Auf knapp 170 Billionen Euro
beläuft sich das weltweite Geldvermögen. Aber gerade die Deutschen
verschenken mit Bankeinlagen viel Geld. Die Amerikaner machen es besser.

Weltweiter Reichtumsvergleich 2017Nur Platz 18 – warum „reich sein“ in Deutschland anders ist

FrankfurtDie privaten Haushalte sind im vergangenen Jahr deutlich vermögender geworden. Die Allianz
beziffert in ihrem „Global Wealth Report“ das weltweite
Brutto-Geldvermögen auf 169,2 Billionen Euro – ein neuer Rekord. Das ist
ein Plus von über sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr. Alle
Anlageformen trugen ihren Teil dazu bei. „Es waren vor allem die
Sparanstrengungen und die guten, beträchtlichen Wertpapiergewinne“,
sagte Allianz-Chefvolkswirt
Michael Heise in Frankfurt. Besonderen Schub gaben die gut laufenden
Aktienmärkte, die der Vermögensklasse einen Gewinn von 8,7 Prozent
bescherten.

Trotz Nullzinsen blieben Bankeinlagen populär. Im
vergangenen Jahr flossen zwei Drittel der neuen Spargelder den Banken
zu. Dagegen verkauften die Haushalte per Saldo vor allem Wertpapiere.
Die Anlagevorlieben unterscheiden sich allerdings regional extrem. Bei
den Nordamerikanern gehen etwa drei Viertel des Vermögenswachstums auf
Wertgewinne im Bestand zurück. In Europa ist es nur die Hälfte, in
Deutschland sogar nur ein Viertel.

„Während die amerikanischen
Haushalte also ihr Geld für sich arbeiten lassen, ist es in Europa und
vor allem in Deutschland eher umgekehrt: Vermögenswachstum wird durch
eigene Sparleistungen hart erarbeitet“, sagte Heise. Ende vergangenen
Jahres hielten die Haushalte in den Industrieländern 33 Billionen Dollar
in Bankeinlagen.

http://www.handelsblatt.com/finanzen/anlagestrategie/trends/global-wealt...

 

Aus: Ausgabe vom 28.09.2017, Seite 9 / Kapital & Arbeit

Staat als Spekulationsbremse

Allianz stellt neuen »Global Wealth Report« vor: Bargeldvermögen
auf Rekordhoch. Deutsche Rentenversicherung bremst angeblich Investoren

Von Simon Zeise

Nur Bares ist Wahres: Allianz-Volkswirte kritisieren risikoscheue Anleger

Foto: Heinz-Peter Bader /REUTERS

Die Reichen sind noch reicher geworden. Das belegt der neue globale
Reichstumsbericht, den der weltweit umsatzstärkste Versicherungskonzern
Allianz am Mittwoch in Frankfurt am Main präsentierte. Laut dem »Global
Wealth Report« ist das Bruttogeldvermögen um 7,1 Prozent auf 169,2
Billionen Euro angewachsen. Berücksichtigt wurden dabei Bankeinlagen,
Wertpapiere sowie Versicherungen und Pensionsfonds, aber keine
Immobilien.

Trotz der Strategie der Notenbanken in der Euro-Zone,
in Japan und den USA, durch niedrige Zinsen den Kauf von Aktien und
Anleihen zu fördern, blieben die Vermögen zu zwei Dritteln auf
Bankkonten liegen. »Eigentlich sollte die Abschaffung der Zinsen für
risikolose Anlagen die Sparer ermuntern, zur Unterstützung der
Wirtschaft risikoreichere Investments vorzuziehen«, heißt es im Bericht.
Doch »das Gegenteil ist geschehen«. »Das Sparverhalten der
Privatanleger ist weiterhin von großer Risikoscheu geprägt«, sagte
Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise in Frankfurt am Main laut dpa.
Die Spekulationsblase wird weiter aufgebläht: Knapp 70 Prozent des
Zuwachses resultierte der Allianz zufolge aus Wertsteigerungen von
Aktien- und Anleihen. Auch die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und
das Votum für einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union
hätten auf die Entwicklung der privaten Geldvermögen »kaum abgefärbt«.

Insgesamt
geht es ungerecht zu. Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung
vereinen 79 Prozent des Nettogeldvermögens auf sich. Die Versicherung
hat sich die Vermögen in 53 Staaten genauer angesehen. Die höchsten
Bruttogeldvermögen pro Kopf hatten demnach Ende 2016 die Schweizer mit
268.840 Euro, vor US-Amerikanern (221.690 Euro) und Dänen (146.490
Euro). Die armen Deutschen finden sich erst auf Platz 19 wieder, nur
über 70.350 Euro verfügen sie im Schnitt.

Zuwenig, meint die Allianz. »Im wesentlichen werden zwei Ursachen
häufig genannt, um das relativ niedrige Geldvermögen der Deutschen zu
erklären: die späte Wiedervereinigung und die in der Vergangenheit
relativ hohen gesetzlichen Rentenansprüche, die den Aufbau einer
kapitalgedeckten betrieblichen und privaten Altersvorsorge vor der
Rentenreform obsolet erscheinen ließen.« Weil die Übernahme der DDR erst
»relativ spät« erfolgt sei, sei knapp ein Fünftel der Bevölkerung
jahrzehntelang der Möglichkeit beraubt worden, »privates Vermögen
aufzubauen«. Und überhaupt ziehen die Ossis anscheinend die schöne
Statistik für die Allianz runter: »Würden wir in unserem Ranking nur
Westdeutschland berücksichtigen, lägen die durchschnittlichen
Pro-Kopf-Werte etwa 10 bis 15 Prozent höher.« Die Autoren kritisieren
die staatliche Rentenversicherung: Viele Sparer könnten »im Vertrauen
auf die spätere staatliche Rente weniger ehrgeizig den Aufbau ihres
Vermögens betrieben haben.« So werden die angeblich »hohen gesetzliche
Rentenansprüche« zur Ursache der geringeren Geldvermögen erklärt.

Die Vorsitzende der Linksfraktion Sahra Wagenknecht machte gegenüber jW
am Mittwoch auf die Ursachen der ungleichen Vermögensverteilung
aufmerksam: Die einseitige Politik der letzten Bundesregierungen zu
Lasten von Lohnabhängigen und Rentnern und zum Vorteil von Reichen und
Konzernen habe auch hierzulande die ungerechte Verteilung der Vermögen
immer extremer werden lassen. »Dazu kommt die von Merkel und Co.
unterstützte Nullzinspolitik von EZB-Chef Draghi, die einerseits wie ein
zusätzlicher Treibsatz für die Vermögen der Multimillionäre durch
steigende Aktien- und Anleihekurse und andererseits wie ein
Enteignungsprogramm für einen Großteil der Bevölkerung durch eine
Entwertung von Lebensversicherungen und Sparkonten wirkt.« Dagegen helfe
keine konservativ-liberale »Jamaika«-Koalition, »sondern nur eine linke
Politik, die den Mut hat, sich mit den Reichen und Mächtigen
anzulegen«, so Wagenknecht.

https://www.jungewelt.de/artikel/319028.staat-als-spekulationsbremse.html