Gewerkschaften: Neustart für Hartz IV

Gewerkschaften: Neustart für Hartz IV

31.12.2014 | 00:08 Uhr

Berlin/Essen. Zehn Jahre nach dem Start der Hartz-IV-Reform dringen
die Gewerkschaften auf durchgreifende Korrekturen. „Die Agenda-Politik
war darauf angelegt, das Lohnniveau in Deutschland zu senken und einen
Niedriglohnsektor großen Stils entstehen zu lassen“, sagte der
Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske in
Berlin. „Das hat mittlerweile dazu beigetragen, dass das Bewusstsein
gewachsen ist, den Arbeitsmarkt wieder stärker zugunsten von
Arbeitnehmern zu regulieren.“

Für den Verdi-Chef ist es notwendig, „bei der Vermittlung von
Langzeitarbeitslosen mehr zu tun und die Sanktionen zu überprüfen“. Er
begrüßte, dass Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) beides
angekündigt oder zumindest als Thema aufgerufen habe.

Nahles will 2015 Hartz-Reformen auf den Weg bringen. Jobcenter
sollen Langzeitarbeitslose in sogenannten Aktivierungszentren intensiver
betreuen. Bürokratische Abläufe sollen vereinfacht werden. Sanktionen
gegen unter 25-Jährige sollen nicht mehr schärfer ausfallen als bei
Älteren.

Der IG-Bau-Vorsitzende Robert Feiger forderte stärkere Korrekturen.
„Das jüngst vorgelegte Programm für Langzeitarbeitslose reicht nicht
aus, um des Problems Herr zu werden.“. Beim „Fördern“ sei kräftig
gespart worden. „Übrig blieb nur noch Fordern“. Viele Bedürftige würden
gar nicht mehr erfasst, weil sie sich von vornherein ausrechnen könnten,
dass es für sie keine Hilfe gebe, sagte Feiger. „Sie haben resigniert
und verzichten auf den Gang zu den Arbeitsagenturen.“ Das sei nur für
die Statistik gut. Doch stoße die „Schönrechnerei“ an Grenzen. „Die Zahl
der Langzeitarbeitslosen bleibt trotz guter Wirtschaftslage unverändert
hoch.“ Dass Nahles die Zahlen jetzt genauer ansehe, sei positiv.

Entwürdigung der Arbeitslosen

Für die IG Metall bedeutet die Hartz-IV-Reform, die am 1. Januar
2005 in Kraft trat, vor allem eine Entwürdigung der Arbeitslosen und
eine Einschüchterung der Erwerbstätigen. Vorstandsmitglied Hans-Jürgen
Urban sagte, Hartz IV sei Teil einer Drohkulisse, „vor deren Hintergrund
Beschäftigte zu Zugeständnissen bei Entgelt und Arbeitsbedingungen
bereit sind“. Nötig sei ein sozialpolitischer Neustart, der eine
menschenwürdige Existenz sicherstelle.

Gewerkschaften: Neustart für Hartz IV - | NRZ.de - Lesen Sie mehr auf:
http://www.derwesten.de/nrz/politik/gewerkschaften-neustart-fuer-hartz-i...