Fiftyfitfty Streetworker beklagt Umgang des OSD mit Obdachlosen

Düsseldorf: Fiftyfitfty Streetworker beklagt Umgang des OSD mit Obdachlosen

Oliver Ongaro, Streetworker bei fiftyfifty, ist empört. Der Umgang der Mitarbeiter des Ordnungsdienstes (OSD) mit Wohnungslosen habe einen neuen Tiefpunkt erreicht. Immer öfter hört er von willkürlichen Maßnahmen gegen die Menschen, die auf der Straße leben. Am Mittwoch (8.11.) geriet Lukazs L. an ein OSD-Team, das sein gesammtes Bargeld einkassieren wollte. Ongaro kam dazu und half, jetzt wird der Fall wohl ein gerichtiches Nachspiel haben.

Was war passiert: Lukazs L. rollte am Mittwochmittag mit seinem
Fahrrad am Carlsplatz im Bereich der Fussgängerzone und wurde von einer
OSD-Streife angehalten. Ein Verwarnungsgeld von 15 Euro wurde angeboten,
von dem fiftyfifty-Verkäufer aber nicht akzeptiert. Daraufhin wurden
seine Personalien festgestellt und das Verwarngeld in ein Bußgeld mit
Sicherheitsleistung gewandelt, da der gebürtige Pole keinen Wohnsitz
nachweisen konnte.

Blick ins Portemonnaie

Um die fälligen 15 Euro plus 18,50 Verwaltungsgebühr zu sichern, forderten
die OSD'ler Einblick in sein Portemonaie. Dort fanden sich 600 Euro
Bargeld, ein Betrag durch eine Nachzahlung der Ämter, was Lucazs L.
durch einen Kontoauszug belegen konnte. Trotzdem wollten die
Ordnungsamtsmitarbeiter das Geld sicherstellen. Der Moment, in dem der
zufällig am Carlsplatz anwesende Oliver Ongaro dazu kam und dem
Wohnungslosen zur Seite stand. Denn obwohl sie bereits das Portemonaie
in der Hand hielten, beobachtete Ongaro, wie Lucazs L. noch abgetastet
wurde, was er sonst noch bei sich trug.

Lucazs L. zeigt auf den Kofferraum des OSD-Fahrzeugs, worin sein Portemonaie gesichert wurde

Bereits in der Vergangenheit waren bei solchen OSD-Kontrollen Handys, Bargeld
und Wertgegenstände von Obdachlosen sichergestellt worden, so
fiftyfifty. Zwar erhielten Eigentümer dafür eine Quittung, aber die
Wiederbeschaffung auf dem Amtsweg war jedes Mal unendlich mühsam. Erst
im vergangenen Herbst waren einige Handys einkassiert worden, die nur
durch Intervention der Öffentlichkeit wieder bei ihren Besitzern
landeten. Daher war Ongaro alarmiert, als das OSD-Team sich nun
anschickte, die 600 Euro Bargeld zu nehmen. Er stellte sich als
Streetworker vor und forderte das Team auf, das Geld zurückzugeben.

Die Eskalation

Ongaro schilderte gegenüber report-D, dass im Rahmen des Dialogs die Situation
eskaliert sei. Plötzlich habe die Frau des OSD-Team Ongaro zweimal den
Ellenbogen in die Seite gerammt. Aufgrund dessen, dass es laut wurde und
auf Bitten von Ongaro wurde die Polizei hinzu gerufen.

Wie report-D vom Ordnungsamt auf Nachfrage erfuhr, stellte die
OSD-Mitarbeiterin im Bericht die Situation so dar, dass der Streetworker
sie angegriffen und verletzt habe. Sie habe ihren Dienst
krankheitsbedingt nicht fortsetzen können und nun soll Strafanzeige
gegen Ongaro gestellt werden, so der OSD.

In der Niederschrift
über eine Sicherheitsleistung, die Lucazs L. ausgehändigt wurde,
bescheinigen die OSD'ler den Betrag von 43,50 Euro bar erhalten zu
haben. 15 Euro Verwarngeld und 18,50 Sicherheitsleistung wären aber ein
Betrag von 33,50 gewesen. Wofür die zehn Extra-Euros sein sollten, wurde
nicht dokumentiert.

Laut fiftyfifty steht der Vorfall in einer Reihe ähnlich harten Vorgehens des OSD gegen Wohnungslose in der jüngeren Zeit.

 

Kommentar: Über die Kunst der Kommunikation und die Qualifaktion von Mitarbeitern

Wer beim Ordnungsamt arbeitet, ist sicherlich bei vielen Menschen nicht
beliebt, denn die Mitarbeiter sind dafür da, den Bürger ihr
Fehlverhalten aufzuzeigen und oft dafür auch noch Geld zu verlangen. Die
Ertappten reagieren darauf unterschiedlich, die einen einsichtig, die
anderen verärgert. Die Kunst sollte es sein, die Menschen zur Einsicht
zu bringen, denn Regeln müssen zum Wohl aller befolgt werden.

Wenn nun eine Bagatelle wie das Radfahren in einer Fußgängerzone dermaßen
aus dem Ruder läuft, sollte geschultes Personal in der Lage sein,
deeskalierend zu wirken. Obdachlose sind sicherlich besonders
empfindlich im Zusammentreffen mit dem OSD, was meist an schlechten
Erfahrungen liegt. Doch warum muss ein Wohnungsloser sich rechtfertigen,
Bargeld oder ein Handy zu besitzen? Warum kann ihm ein Bußgeldbescheid
nicht an seine Postadresse bei fiftyfifty geschickt werden? Der OSD ist
dafür zuständig, die Einhaltung von Regeln zu überwachen. Aber darf man
als Düsseldorfer dabei von OSD auch ein gewisses Augenmaß und
ordentliches Verhalten erwarten? Wir finden schon und dass die Aussage
einer Mitarbeiterin im krassen Gegensatz zu der des Streetworkers steht,
zeigt, wie dreist die Mitarbeiter sich ihre Wahrheit zu formulieren
scheinen. Oliver Ongaro ist seit Jahren als Streetworker aktiv und ist
als kompetenter Mensch allseits geschätzt. Nun muss anscheinend ein
Gericht überprüfen, welche Wahrheit die richtige ist – alles für eine
Bagatelle von 15 Euro Verwarngeld.

Ute Neubauer | Fotos: fiftyfifty |

09.11.2017 | 21:44:54 Uhr

https://www.report-d.de/Duesseldorf/Aktuelles/Duesseldorf-Fiftyfitfty-St...

 

 

fiftyfifty-Mann von OSD Angegriffen?

Express 11.11.17

 

 

Pressemitteilung

Düsseldorf, den 13.11.2017

fiftyfifty stellt Strafanzeige gegen OSD-Mitarbeiter

Kritik an schikanöser Behandlung von Obdachlosen

Ein Vorfall am 8.11.2017 zeigt erneut, dass obdachlose Menschen von Mitarbeitern des Ordnungs- und Service Dienstes (OSD) gesondert behandelt werden. Der wohnungslose Lukasz Szerla wurde wegen „Radfahren in Fußgängerzonen“ von OSD-Mitarbeitern durchsucht. Diese Leibesvisitation fand statt, obwohl die OSD-Mitarbeiter bereits die Geldbörse des Betroffenen in Händen hielten. Szerla durfte die 15 Euro Bußgeld nicht sofort bezahlen. Stattdessen wurde ihm gedroht die 600 Euro, die sich in seiner Geldbörse befanden, zu beschlagnahmen. Die OSD-Mitarbeiter ließen sich davon nicht abhalten, obwohl der Betroffene einen Kontoauszug vorlegte, der zeigte, dass es sich bei dem Geld um eine  Nachzahlung des Jobcenters Düsseldorf handelte. Der fiftyfifty-Streetworker Oliver Ongaro kam während seines Streetworkgangs hinzu und versuchte in dieser Situation wie so oft zu vermitteln. Doch statt eine besonnene Lösung zu finden reagierten die OSD-Mitarbeiter aggressiv. Sie attackierten Ongaro körperlich, indem sie ihm mehrere Ellenbogenstöße verpassten und ihn schubsten. Ongaro hat nun Strafanzeige wegen „Körperverletzung im Amt“ gestellt.

Der Vorfall zeigt exemplarisch das schikanöse Verhalten von OSD-Mitarbeitern gegenüber augenscheinlich armen Menschen. Eine einfache Ordnungswidrigkeit eskaliert bei den OSD-Mitarbeitern häufiger innerhalb von wenigen Sekunden. Körperdurchsuchungen, Provozieren durch beleidigende Äußerungen, die gezielte Entsorgung von Schlafsäcken oder das Beschlagnahmen von Wertgegenständen sind keine Einzelfälle. Fiftyfifty wird daher in Zukunft Vorfälle im Zusammenhang mit Maßnahmen des OSD gegenüber Obdachlosen öffentlich dokumentieren. Außerdem soll gerichtlich geklärt werden, ob Durchsuchungen bei Personen aufgrund von Ordnungswidrigkeiten einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen darstellen.

„Ich bin total entsetzt über das Verhalten der OSD-Mitarbeiter. In 15 Jahren meiner Arbeit als Streetworker hatte ich viele solcher Situationen, aber noch nie haben mich OSD-Mitarbeiter körperlich attackiert“, berichtet Oliver Ongaro, Streetworker beim Straßenmagazin fiftyfifty. „Die Grundlage solcher OSD-Maßnahmen, der §6 der Düsseldorfer Straßenordnung, muss dringend überarbeitet werden.“

Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung:

Oliver Ongaro, fiftyfifty, Tel.: 0171/53 58 494

Johannes Dörrenbächer, fiftyfifty, Tel.: 0179/ 56 94 717