NRW wird Drehkreuz für Crystal Meth

25. August 2014 | 05.50 Uhr

NRW wird Drehkreuz für Crystal Meth

Crystal wird geraucht, geschnupft, geschluckt oder gespritzt. Es macht schnell süchtig. FOTO: dpa, abu;cse fux mjh

Düsseldorf.
Das gefährliche
Aufputschmittel Crystal Meth wird immer häufiger in Nordrhein-Westfalen
gefunden. Zoll und Polizei schlagen Alarm: Sie kritisieren, die
Landesregierung unterschätze das Problem.
Von Thomas Reisener

Sicherheitsexperten warnen die Landesregierung vor einer
Verharmlosung der Crystal-Meth-Szene in Nordrhein-Westfalen. Anders als
vor wenigen Jahren konzentriert sich der Handel des extrem gefährlichen
Suchtstoffes offenbar nicht mehr auf das deutsch-tschechische
Grenzgebiet. "Über Flughäfen wie Düsseldorf und große Binnenhäfen wie
Duisburg wird jetzt auch NRW zum Brennpunkt der Crystal-Meth-Szene",
sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Zollgewerkschaft, Christof
Stechmann. Seine Botschaft: "NRW unterschätzt das Problem."

Für den Herbst bereiten die Zollfahnder einen Krisengipfel vor.
Landespolitiker, Suchtmediziner und Vertreter der Justiz sollen sich
dann an einem runden Tisch versammeln - voraussichtlich am 18. November
in Emmerich. "Wir brauchen mehr Aufmerksamkeit für das Problem", betonte
Stechmann.

Crystal Meth ist für die Behörden eine neue Herausforderung: "Eine
Erfassung in der polizeilichen Kriminalstatistik erfolgt erst seit
2014", räumte die Landesregierung auf die Frage der
FDP-Landtagsabgeordneten Susanne Schneider und Robert Orth nach
Crystal-Meth-Zahlen für Nordrhein-Westfalen ein. Die hilfsweise aus
einer "Falldatei Rauschgift" entnommenen Daten ließen "derzeit nicht auf
eine größere Verbreitung von Crystal Meth in NRW schließen", hieß es
weiter.

Fotos: Was Crystal Meth aus Menschen macht FOTO: Multnomah County Sheriff's Office

Die Bundeszahlen sprechen eine andere Sprache. Nach Angaben des
Zollkriminalamts wurden 2011 in Deutschland 17 Kilogramm der Droge
beschlagnahmt, ein Jahr später 24 und 2013 schon 47 Kilogramm. In der
aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Polizeispiegel" schreibt
Kriminaldirektor Norbert Wolf: "Ich kann nicht glauben, dass NRW damit
kein Problem haben wird. Nach meiner Einschätzung ist es nur eine Frage
der Zeit, bis die Welle auch NRW erreicht."

2013 sei die bundesweite Zahl der erstauffälligen Konsumenten um
fast sieben Prozent auf 2746 gestiegen - vor dem Hintergrund einer
vielfach höheren Dunkelziffer. Eine Sprecherin der Zollfahndung Essen
bestätigte eine zunehmende Zahl von Crystal-Meth-Funden an den Flughäfen
Düsseldorf und Köln. Konkrete Daten dürfe nur das NRW-Innenministerium
nennen. Das wiederum verweist auf die umstrittene Antwort der
Landesregierung.

Der Sicherheitsexperte der CDU im Landtag, Peter Biesenbach,
kritisierte: "Dass die Landesregierung ausgerechnet in NRW kein
Crystal-Meth-Problem sehen will, ist naiv." Seine Vermutung: "Mangels
Personal wird hier nur nicht genau genug hingeguckt." Das sieht der
Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Erich Rettinghaus,
ähnlich: "Eigentlich brauchen wir landesweit ein paar
Sonderkommissariate, die sich um nichts anderes als Crystal Meth
kümmern."

Das sind die gefährlichsten Drogen der Welt FOTO: dpa, David Ebener

Seine Erfahrung: "Politiker reagieren meistens nur auf hohe
Fallzahlen. Wir haben bislang aber nur sehr hohe Wachstumsraten."
Deshalb verpasse Nordrhein-Westfalen gerade eine historische Chance.
"Wenn wir jetzt entschlossen handeln, können wir die Strukturen
zerschlagen, bevor sie sich etablieren", sagte Rettinghaus: "In ein paar
Jahren laufen wir dem Problem nur wieder hinterher."

Quelle: RP

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