Städte haben Probleme mit Obdachlosen aus Osteuropa

 

16. November 2017 | 06.24 Uhr

Konflikte häufen sich

NRW-Städte haben Probleme mit Obdachlosen aus Osteuropa

Ein Obdachloser schläft in einer Unterführung (Archivbild).
FOTO: dpa, scg pat

Düsseldorf/Köln.

Großstädte haben zunehmend mit osteuropäischen Obdachlosen zu kämpfen. Einen
Rechtsanspruch auf Hilfe haben diese Bedürftigen nicht. In Dortmund
versucht man, sie zum Gehen zu überreden. In Köln hofft man auf Hilfe
vom Bund.

Von Christian Schwerdtfeger

Fast jeden Morgen bietet sich den Mitarbeitern des Kölner
Ordnungsamtes bei ihrem Weckdienst das gleiche Bild: Rund um den Kölner
Dom liegen Obdachlose, die dort ihre Nacht verbracht haben. Viele von
ihnen sind Osteuropäer, sogenannte Armutsflüchtlinge aus Rumänien und
Bulgarien. Ähnlich sieht es auch an vielen anderen Plätzen in der Kölner
Innenstadt aus. "Diese Orte werden deshalb den ganzen Tag über von
Streifen mehrfach kontrolliert", sagt eine Stadtsprecherin.

"Die Bedürftigen aus Osteuropa haben keinen Anspruch auf Hilfe"

Nicht nur Köln, sondern auch andere NRW-Großstädte haben
zum Teil Probleme mit einer zunehmenden Anzahl von osteuropäischen
Obdachlosen. In Köln sind es schon so viele, dass einige Einrichtungen
die Bedürftigen nicht mehr aufnehmen können. In Dortmund versucht man
das möglichst zu vermeiden. "Aber nur im absoluten Notfall. Denn klar
ist auch: Die Bedürftigen aus Osteuropa haben keinen Anspruch auf
Hilfe", sagt eine Stadtsprecherin. "Wir versuchen, diejenigen ohne
Bleibeperspektive dazu zu bewegen, wieder in in ihre Heimat
zurückzukehren."

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Selbst in Düsseldorf, wo man einen Zustrom wie in Köln
nicht verzeichnet, werden Obdachlose aus Osteuropa derzeit an manchen
Anlaufstellen zurückgewiesen. "Wir können bei uns derzeit keinen mehr
gebrauchen, der Zeitungen verteilt. Wir sind voll", sagt Oliver Ongaro,
Sozialarbeiter bei der Obdachlosenzeitung "FiftyFifty". "Deshalb müssen
wir die Leute leider wegschicken", betont er.

Wie viele Menschen aus Rumänien und Bulgarien derzeit auf
den Straßen in Nordrhein-Westfalen leben, kann niemand mit Sicherheit
sagen. Man geht aber von Tausenden aus. Nach Angaben des
NRW-Ministeriums für Arbeit und Soziales gibt es landesweit insgesamt
rund 25.000 Menschen, die wohnungslos gemeldet sind. Damit hat sich
deren Zahl seit 2011 landesweit um fast 60 Prozent erhöht. NRW ist das
einzige Bundesland, das überhaupt eine solche Statistik führt und dafür
jährlich rund eine Million Euro ausgibt. Inwieweit die Bedürftigen aus
Südosteuropa in die Erhebung eingeflossen sind, könne man beim Land
nicht sagen. Knapp 40 Prozent der gemeldeten Wohnungslosen seien Frauen.
"Sie versuchen allerdings mit allen Mitteln, nicht als Wohnungslose
identifiziert zu werden", erklärt das Sozialministerium. "Sie bemühen
sich, sich sehr lange alleine durchzuschlagen."

Konflikte häufen sich

In den von Armutszuwanderungen besonders betroffenen
Städten häufen sich Konflikte mit den osteuropäischen Obdachlosen. Viele
von ihnen sind alkoholisiert und pöbeln häufig Passanten an, heißt es
bei den Ordnungsbehörden. "Akute Beschwerden von Bürgern und
Gewerbetreibenden werden von uns sofort verfolgt", sagt die Sprecherin
der Stadt Köln. In Düsseldorf löste die Bundespolizei vor wenigen Tagen
ein Obdachlosen-Camp auf, in dem auch Rumänen wohnten.

Der Düsseldorfer Sozialarbeiter Ongaro sagt, dass es für
Menschen aus Rumänien sehr lukrativ sei in Deutschland, insbesondere in
der Weihnachtszeit, in irgendeiner Form zu arbeiten. Das wäre ein Grund,
wieso derzeit mancherorts viele von ihnen auf der Straße leben würden.
"Sie können zum Beispiel bei uns als Zeitungsverkäufer rund 300 Euro im
Monat verdienen. Das ist viel Geld für sie. In ihrer Heimat haben sie
maximal 100 Euro pro Monat zur Verfügung", erklärt der Sozialarbeiter.
Außerdem, so sagt er, kämen derzeit viele Bettler aus Osteuropa gezielt
in die Städte. "Auch sie schlafen auf der Straße", stellt Ongaro fest.
Ein weiterer Grund für die allgemein hohe Zahl an Obdachlosen seien auch
die seit Jahren steigenden Mieten und der knapper werdende Wohnraum in
Großstädten. Das bestätigt auch das Statistische Landesamt. In seinem
aktuellen Sozialbericht heißt es als Erklärung, dass der Konkurrenzdruck
auf dem Wohnungsmarkt nicht zuletzt auf die steigende Zahl anerkannter
Asylbewerber zurückzuführen sei.

Auf Duisburg träfe das aber nicht zu, sagt ein Sprecher
der Stadt. "Bei uns besteht kein Mangel an bezahlbarem Wohnraum und
Sozialwohnungen", sagt er. In Duisburg leben fast 20.000 Rumänen und
Bulgaren. Der Stadt seien aber nur wenige Fälle wohnungsloser
Osteuropäer bekannt, denen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten
geholfen werden musste, so der Sprecher. "Vermutlich halten sich aber
wohnungslose Osteuropäer in der Stadt auf."

In Köln hofft man auf Hilfe von Land und Bund, denn das
Problem des Zuzugs von Südosteuropäern könne nicht auf kommunaler Ebene
geklärt werden. "Wir fordern alle beteiligten Akteure auf, die
notwendigen Schritte zur zügigen Problemlösung anzugehen", sagt Kölns
Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Quelle: RP

http://www.rp-online.de/nrw/panorama/obdachlose-aus-osteuropa-konflikte-...