Neuer Streit ums Sozialticket

VON CHRISTIAN HERRENDORF


Die Debatte um das geplante Sozialticket geht in die nächste Runde. Die Rheinbahn wehrt sich gegen den Vorwurf, die Fahrkarte für Einkommenschwache „teuer zu rechnen“. Die Befürworter der Pläne aus dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) verfechten ihre Position mit weiteren Argumenten. „Wir sind nicht gegen das Sozialticket, wir stehen der Idee neutral gegenüber. Wichtig ist uns aber, die tatsächlichen Kosten zu nennen“, sagte Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher, der zugleich forderte, dass die Kosten Teil der städtischen Sozialausgaben werden und nicht Teil des Rheinbahn-Haushalts.


Das Düsseldorfer Nachverkehrsunternehmen hatte die Zahlen der Stadt Dortmund, in der es bereits ein Sozialticket gibt, genommen und errechnet, dass die besondere Fahrkarte in Düsseldorf mindestens sechs Millionen Euro Kosten verursacht. Dagegen hatten die Befürworter des Tickets (unter anderem Vertreter des Obdachlosen-Magazins „fiftyfifty“) eingewandt, die Verkehrsbetriebe in Dortmund hätten ihre Erlöse im ersten Jahr mit dem Sozialticket um 12,3 Prozent steigern können. Dieses Ergebnis beinhaltet laut Rheinbahn aber die Zuschüsse der Stadt fürs Sozialticket (15 Euro pro Fahrkarte). Ohne diese Zuschüsse läge der Erlös der Dortmunder unter dem VRR-Durchschnitt.


Holger Kirchhöfer, Koordinator des Initiativkreises Armut in Düsseldorf, erklärte, das Sozialticket sei auch wichtig, um den Armen zu helfen, die für „Schwarzfahren“ von der Rheinbahn angezeigt würden und dafür sogar ins Gefängnis müssten. Schließlich stünden Hartz-IV-Empfängern nach Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums pro Monat nur 11,49 Euro für den Nahverkehr zur Verfügung - das reiche in Düsseldorf gerade einmal für drei Hin- und zwei Rückfahrten.


KOMMENTAR

„Wir wollen die tatsächlichen Kosten nennen“

 

- /CHRISTIAN HERRENDORF


Quelle:
Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Düsseldorf
Ausgabe: Nr.28
Datum: Mittwoch, den 03. Februar 2010
Seite: Nr.20

 

 

Sozialticket richtig abrechnen


Der Plan, ein Sozialticket einzuführen, ist richtig und wichtig. Es hilft einkommenschwachen Menschen maßgeblich, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, zu Bewerbungsgesprächen zu fahren, einen Arzttermin wahrzunehmen oder große Veranstaltungen in der Stadt zu besuchen. Auch die Absicht, 15 Euro für ein Ticket der Preisstufe A zu verlangen, erscheint angesichts der Vorgaben aus Berlin (11,49 Euro pro Monat für Nahverkehr) angemessen.


Die einzig berechtigte Sorge in der Diskussion betrifft die Abrechnung. Die Kosten, die für die Fahrkarte anfallen, dürfen nicht als Teil der Ausgaben für den Nahverkehr verbucht werden. Das Ticket ist Teil der Sozial-, nicht der Verkehrspolitik. Die Rheinbahn hat in den vergangenen Jahren in beachtlichem Maß die städtischen Zuschüsse reduziert. Steigen diese nun um einige Millionen Euro wegen des Sozialtickets an, leiden am Ende alle Fahrgäste, weil Investitionen und Routen gestrichen werden oder Busse und Bahnen seltener fahren.


CHRISTIAN HERRENDORF

 

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Quelle:
Verlag: Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Publikation: Rheinische Post Düsseldorf
Ausgabe: Nr.28
Datum: Mittwoch, den 03. Februar 2010
Seite: Nr.20