ARD und ZDF kassieren Arme ab

ARD und ZDF treiben von Langzeitarbeitslosen hunderte Millionen Euro

Rundfunkgebühren ein, obwohl diese nicht zahlen müssten. Kritiker sprechen von

Abzocke.

 

Öffentlich-rechtliche Abzocke

+ Öffentlich-rechtliche Abzocke (dpa)

Wiesbaden - Nach Berechnungen der Frankfurter Rundschau kassieren die

öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten etwa 560 Millionen Euro jährlich von

Hartz-IV-Empfängern, die eigentlich gar nicht bezahlen müssten. Heinrich Alt,

Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, beziffert die Gesamtsumme sogar auf

rund 700 Millionen Euro.

 

Von einem "Skandal" spricht der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)

in Hessen und Thüringen, Stefan Körzell. Ähnlich sieht das der Paritätische

Wohlfahrtsverband. Dessen Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider nennt den Vorgang

"ungeheuerlich". Es sei erschreckend, "wie hier geltendes Recht administrativ

unterlaufen wird und sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dadurch

bereichern".

 

Hintergrund ist ein Streit zwischen der Bundesagentur für Arbeit (BA) und der

Gebühreneinzugszentrale der Rundfunkanstalten (GEZ). Sie verhandeln seit Monaten

vergeblich über ein Verfahren, durch das Hartz-IV-Empfänger automatisch von den

Gebühren befreit würden, wenn sie einen Anspruch darauf haben.

 

Befreiung früher automatisch

 

Das war bis 2005 für Sozialhilfeempfänger üblich. Derzeit müssen sich

Langzeit-Arbeitslose mehrmals im Jahr befreien lassen, was Millionen von ihnen

versäumen. Gewerkschafter Körzell sagte: "Zwei öffentliche Behörden streiten zu

Lasten der Menschen, die eh schon am untersten Ende der Gesellschaft stehen."

 

Nach Ansicht der GEZ trägt die Bundesagentur die Schuld. Die GEZ besteht darauf,

dass ihr die Daten elektronisch übermittelt werden. Dazu sieht sich die BA aber vor

Ende 2008 nicht in der Lage.

 

Die Arbeitsagentur weist darauf hin, dass sie das Problem im August 2006 hätte lösen

können. Sie hatte ein Verfahren mit Papier-Bescheinigungen vorgeschlagen. Doch die

GEZ lehnte das ab.

 

Die BA warb daraufhin beim rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD)

für ihr Modell. Beck leitet die Rundfunkkommission der Länder. Die GEZ blieb jedoch

weiter bei ihrer Auffassung. Pitt von Bebenburg

 

Rundfunkgebühren: Opfer des Verfahrens

 

 

 

 

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Copyright © FR online 2007

Dokument erstellt am 27.02.2007 um 17:48:02 Uhr

Letzte Änderung am 27.02.2007 um 19:10:56 Uhr

Erscheinungsdatum 28.02.2007

 

 

Rundfunkgebühren

Opfer des Verfahrens

VON PITT VON BEBENBURG

 

Josepha M. weiß, ob sie 34,06 Euro mehr oder weniger in der Tasche hat. Die

19-Jährige aus Bielefeld lebt von 345 Euro im Monat. Sie ist Hartz-IV-Empfängerin,

und da zählen jene 34 Euro Rundfunkgebühren, die sie bezahlt hat - obwohl Josepha M.

davon befreit sein sollte. Im Dezember hat sie ihre Befreiung bei der

Gebühreneinzugszentrale (GEZ) beantragt. Die Bewilligung kam im Januar, mit Wirkung

von Anfang Februar. Also musste sie zahlen, jeweils 17,03 Euro für Dezember und

Januar. Ärgerlich für sie.

 

Für die öffentlich-rechtlichen Sender sind 34,06 Euro hingegen ein Klacks. Sie

bekommen mehr als sieben Milliarden Euro, die die GEZ an Gebühren im Jahr einzieht.

Keine Kleinigkeit ist allerdings die Summe, die sie von Hartz-IV-Empfängern kassiert,

die gar nicht zahlen müssten. Es geht dabei um mehrere hundert Millionen Euro.

 

Den größten Batzen machen nicht Zahler wie Josepha M. aus, deren Befreiung ein paar

Monate auf sich warten lässt. Viel häufiger geht es um Hartz-Empfänger, denen pro

Jahr die komplette Gebühr von 204,36 Euro abgebucht wird - weil sie die Befreiung

versäumt haben. Da das Arbeitslosengeld II in der Regel für ein halbes Jahr oder

kürzer bewilligt wird, muss auch die Befreiung bei der GEZ immer neu beantragt

werden, wenn der Betroffene arbeitslos bleibt. Manche verpassen das. Oder reichen

unvollständige Unterlagen ein. Fast ein Viertel der Anträge wird deswegen von der GEZ

zurückgeschickt, mit der Aufforderung, Papiere nachzureichen. Und schon verstreicht

wieder ein Monat, in dem die Rundfunkgebühr abgebucht wird.

 

Stefan Körzell, Landesvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Hessen

und Thüringen, kennt Fälle, in denen der Gerichtsvollzieher vor der Tür stand, weil

die Rundfunkgebühren lange nicht gezahlt worden waren. Viele Langzeit-Arbeitslose

seien mit dem Verfahren überfordert und überblickten die Konsequenzen nicht, sagte

Körzell der FR. Er kämpft im Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks, dem er angehört,

für eine Lösung. Denn das, was Körzell "Abzocke" nennt, hat es bis vor wenigen Jahren

nicht gegeben.

 

Bis 2005 wurden Empfänger von Sozialhilfe automatisch von Rundfunkgebühren befreit,

wenn sie dazu berechtigt waren. Dafür sorgten die örtlichen Sozialbehörden, die der

GEZ eine entsprechende Bescheinigung zukommen ließen. Dieses Verfahren wurde zum 1.

April 2005 abgeschafft mit dem 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Seitdem müssen

Bezieher von Arbeitslosengeld II ihre Befreiung beantragen, was sehr viele aus

Unkenntnis, Nachlässigkeit oder wegen der bürokratischen Hürden nicht tun.

 

BA und GEZ über Lösung uneins

 

Seit diese Änderung in Kraft trat, schieben sich die Bundesagentur für Arbeit (BA)

und die GEZ gegenseitig die Verantwortung dafür zu, dass endlich eine bessere Lösung

gefunden wird. Den öffentlich-rechtlichen Sendern, die die GEZ tragen, kann es nur

recht sein, wenn die Sache länger dauert oder gar scheitert. Denn sie müssten sonst

einen ernsthaften Rückgang der Einnahmen befürchten. Wie stark die BA auf eine Lösung

dringt, ist schwer zu sagen. Vorstand Alt betont, er habe ein großes Interesse daran.

BA-Sprecher Heinz Oberlach findet aber auch die derzeitige Regelung nicht unzumutbar.

"Wenn sich jemand befreien lassen will, dann muss er sich drum kümmern", sagte er der

FR. Das sei nicht anders, als wenn Arbeitslose verbilligte Eintrittspreise in

Anspruch nehmen wollten.

 

Rundfunk-Gebühren

Die Radio- und Fernsehsender der ARD und das ZDF werden aus Rundfunk-Gebühren

finanziert, die jeder Hörer und Zuschauer bezahlen muss.

 

Die Gebühren betragen 5,52 Euro pro Monat für Radios. Wer einen Fernseher besitzt,

zahlt 17,03 Euro im Monat, das Radio ist dabei eingeschlossen.

 

Die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) organisiert seit 1976 für die

öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, dass das Geld gezahlt wird. Vorher erledigte

das die Bundespost.

 

In Deutschland gibt es etwa 34 Millionen gemeldete Fernsehgeräte und 39 Millionen

Radios. Für fast jedes zehnte Gerät gilt eine Gebührenbefreiung.

 

Anspruch auf Befreiung haben Bezieher von Arbeitslosengeld II. Das gilt aber nur,

wenn sie keine Zuschläge bekommen. pit

 

Aus internen Schreiben, die der FR vorliegen, geht hervor, dass die BA bereits zum

1. August 2006 eine Lösung vorgeschlagen hatte. Sie war bereit, zu dem Verfahren

zurückzukehren, das früher die Sozialämter praktiziert hatten. Danach würde sie

automatisch Bescheinigungen für Langzeit-Arbeitslose ausstellen und an die GEZ

leiten. Das lehnte die GEZ jedoch ab. Ein Grund dafür war, dass die Bundesagentur von

der GEZ mehr als 1,2 Millionen Euro pro Jahr an Portogebühren für den Versand dieser

Bescheinigungen verlangt habe.

 

Im Gegenzug forderte die GEZ von der Bundesagentur, die Daten elektronisch zu

übertragen. Die Arbeitsagentur erhebt dagegen Einwände aus Datenschutz-Gründen. Doch

das ist nicht das einzige und wohl auch nicht das entscheidende Motiv. Denn die BA

wäre technisch gar nicht in der Lage, ihre Computer in absehbarer Zeit entsprechend

zu programmieren. Vor Ende 2008, so teilte sie der GEZ mit, sei nichts zu machen. So

schwelt das Problem weiter.

 

Eine simple Rückkehr zum Verfahren vor 2005 ist ohnehin unmöglich, denn nicht jeder

Hartz-IV-Empfänger hat Anspruch auf Gebührenbefreiung. Das gilt nur für jene, die

keine weiteren Zuschläge erhalten. Es muss deshalb jeder Einzelfall geprüft werden.

Aus diesem Grund ist die Summe schwer zu schätzen, die die Rundfunkanstalten von

Menschen einnehmen, die eigentlich nicht zahlen müssten.

 

560 Millionen Euro zu viel gezahlt?

 

Nach Angaben der GEZ waren Ende 2006 rund 2,84 Millionen Menschen von Gebühren

befreit. Sechzig Prozent davon seien Empfänger von Arbeitslosengeld II und

Sozialgeld, sagte GEZ-Sprecherin Nicole Hurst der FR. Das sind 1,7 Millionen Menschen.

 

Insgesamt aber gibt es 5,1 Millionen Hartz-IV-Empfänger. Selbst wenn man jene 560

000 abzieht, die Zuschläge nach dem Sozialgesetzbuch erhalten, bleiben 2,8 Millionen

Menschen, die zahlen, ohne zahlen zu müssen. Bei gut 200 Euro Rundfunkgebühren pro

Jahr kämen so mehr als 560 Millionen Euro zusammen. BA-Vorstand Alt geht noch weiter:

700 Millionen Euro, so seine Schätzung, kassierten die Rundfunkanstalten von Josepha

M. und anderen Menschen, die es sich eigentlich nicht leisten können.

 

Aktuell: ARD und ZDF kassieren Arme ab

 

 

 

       

 

 

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Copyright © FR online 2007

Dokument erstellt am 27.02.2007 um 17:16:02 Uhr

Letzte Änderung am 27.02.2007 um 19:32:27 Uhr

Erscheinungsdatum 28.02.2007

 

Beck droht im Gebühren-Streit

Rundfunk soll für Hartz-IV-Empfänger kostenlos sein

Die Länder haben am Mittwoch beraten, wie Hartz-IV-Empfänger leichter von Rundfunkgebühren befreit werden könnten. Politiker von CDU, SPD und Linkspartei drängten auf eine zügige Lösung.

Wiesbaden · Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) will dafür sorgen, dass Hartz-IV-Empfänger von Rundfunkgebühren befreit werden. „Es ist höchste Zeit, dass BA und GEZ sich einigen“, sagte Becks Sprecher Walter Schumacher am Mittwoch der FR. Beck ist Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder.

Bundesagentur für Arbeit (BA) und Gebühreneinzugszentrale (GEZ) können sich seit Monaten nicht auf ein Verfahren einigen, mit dem die Befreiung erleichtert wird. Die BA bietet Papier-Bescheinigungen an, die GEZ besteht auf einem elektronischen Verfahren, das die BA aus datenschutzrechtlichen und technischen Gründen nicht realisiert. „Sie streiten zu Lasten von Hartz-IV-Empfängern“, kritisierte Becks Sprecher.

Millionen Hartz-IV-Empfänger, die keine Befreiung beantragt haben, zahlen Gebühren, obwohl sie es nicht müssten. Nach Angaben von BA-Vorstand Heinrich Alt summiert sich der Betrag auf 700 Millionen Euro pro Jahr. Darüber hatte die FR am Mittwoch berichtet. Die Rundfunk-Referenten der Länder berieten noch am selben Tag in Berlin über das Problem. Beck drohte mit einer „staatsvertraglichen Regelung“, falls sich GEZ und BA nicht verständigten.

Politiker fordern schnelle Lösung

Sozialpolitiker von CDU, SPD und Linkspartei im Bundestag forderten eine zügige Regelung. „Das muss gelöst werden, und zwar bald – im Interesse der Berechtigten“, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Sozialausschusses, Gerald Weiß (CDU), der FR. Dabei müsse auch die Frage geklärt werden, „wer die ökonomische Last trägt“. Die Rundfunkanstalten klagen bereits jetzt über die hohen Gebührenausfälle durch Hartz IV. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD, Klaus Brandner, warf der GEZ und der BA mangelnde soziale Rücksichtnahme vor. Der Verfahrensstreit dürfe „auf keinen Fall zu Lasten der Betroffenen gehen“. Linkspartei-Sozialpolitikerin Katja Kipping forderte, die Bundesregierung müsse „gegenüber der Bundesagentur die klare Anforderung deutlich machen, für eine automatische Befreiung zu sorgen“. Es sei nicht Sinn der Gebührenbefreiung, dass die Hartz-IV-Empfänger einen Teil der Summe für die Beglaubigung von Kopien und Porto aufwenden müssten, bevor sie freigestellt würden.

FDP: Geld aus Sozialhilfe verwenden

Gegen eine Gebührenbefreiung für Hartz-IV-Bezieher sprach sich die FDP aus. „Wir wollen, dass endlich aufgehört wird damit, auf Kosten der Gebührenzahler Sozialpolitik zu machen“, sagte der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn. Er ist zugleich Vorsitzender der FDP-Fraktionschefs in den Bundesländern. „Wenn die Politik möchte, dass Hartz-IV-Empfänger umsonst den öffentlich-rechtlichen Rundfunk empfangen können, so muss dieses im Rahmen der Sozialhilfe aus Steuergeldern gezahlt werden“, meinte der FDP-Politiker. In diesem Fall wäre das derzeitige Problem nicht existent. „Es bräuchte dann nämlich keinen Abgleich der Daten der GEZ und der BA.“

Die GEZ teilte am Mittwoch mit, von ungerechtfertigten Gebühren-Einnahmen könne „keine Rede sein“. Sie wies deswegen Vorwürfe zurück, „dass sich ARD und ZDF an Hartz-IV-Empfängern bereichern“. Jeder Empfänger von Hartz IV ohne Zuschlag könne sich „selbstverständlich bei der GEZ befreien lassen“, hieß es in einer Mittelung. Eine automatische Befreiung habe es auch früher nicht gegeben. Zugleich bestätigte die GEZ, dass sie ein elektronisches Verfahren bevorzugen würde. Die BA sehe dafür allerdings „derzeit keine Möglichkeit“. pit/msv

 

BEBENBURG

 

 

© Copyright Frankfurter Rundschau

Ausgabe: Stadtausgabe (Nr. 51)

Datum: Donnerstag, den 01. März 2007

Seite: 6

 

Die GEZ dementiert – und bestätigt dabei Vorwürfe

„ARD und ZDF kassieren Arme ab“, meldete die Frankfurter Rundschau am Mittwoch. Die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) behauptet: Von ungerechtfertigten Gebühreneinnahmen könne keine Rede sein.

Von Pitt von Bebenburg

Es dauerte viele Stunden, bis die GEZ am Mittwoch ihre Presseerklärung formuliert hatte. Erst um 18.30 Uhr ging das Schreiben raus. Darin behauptet die GEZ, die „gegenüber ARD und ZDF bzw. der GEZ erhobenen Vorwürfe“ seien „unzutreffend“. Im Kern jedoch geht sie auf den Sachverhalt nicht ein – oder bestätigt ihn sogar.

Hartz-IV-Empfänger werden abkassiert: Die Tatsache, dass Millionen Hartz-IV-Empfänger Rundfunkgebühren zahlen, obwohl sie nicht müssten, wird von der GEZ gar nicht erwähnt. Es heißt in der Mitteilung nur, die von der FR errechneten Einnahmen in Höhe von 560 Millionen Euro daraus seien keine „zusätzlichen bzw. ungerechtfertigten Gebühren-Einnahmen“. Immerhin erwähnt sie ihr Bemühen, „die Beantragung für die Kunden verwaltungstechnisch (zu) vereinfachen“, und gibt damit einen Hinweis, dass nicht jeder Langzeit-Arbeitslose mit dem Verfahren zurechtkommt.

Zwei Behörden streiten: Das Gezerre zwischen der GEZ und der Bundesagentur für Arbeit (BA) wird in der Mitteilung aus Köln genau so dargestellt, wie im Artikel beschrieben. Die BA hatte, um es den Hartz-IV-Empfängern zu erleichtern, angeboten, eine Papierbescheinigung auszustellen. Dies „hätte jedoch zum Eingang von Millionen von Vorgängen bei der GEZ und zu zusätzlichen Irritationen bei den Antragstellern geführt, da nicht nur Befreiungsberechtigte, sondern jeder ALG-II-Empfänger diese Bescheinigung eingereicht hätte“, schreibt die GEZ. Sie bevorzuge deshalb „ein einfaches elektronisches Verfahren“. Das könne die BA aber nicht realisieren. Für die GEZ ist allerdings damit geklärt: „Die Behauptung, die GEZ … vereitle ein Vereinfachungsverfahren, um sich an Hartz-IV-Empfängern zu bereichern, ist falsch.“

Häufige Antragstellung: „Richtig ist, dass sich Hartz-IV-Empfänger teilweise mehrfach im Jahr um eine Befreiung bemühen müssen“, bestätigt die GEZ. Was sie nicht schreibt: Häufig erhalten Arbeitslose die Bestätigung, dass sie Hartz IV erhalten, erst in dem Monat, in dem diese Zahlung beginnt. Von den Rundfunkgebühren können sie sich erst zum Folgemonat befreien lassen – bei jedem Antrag wieder. Hartz IV wird in der Regel nur für sechs Monate bewilligt.

Antragspflicht: Bei einem Detail behauptet die GEZ, die FR stelle „die Fakten falsch dar“. Doch die Sache ist vertrackter, als sie glauben machen will. „Es trifft nicht zu, dass Sozialhilfeempfänger vor 2005 automatisch befreit waren“, heißt es in der GEZ-Mitteilung. An dem „Antragserfordernis“ habe sich nichts geändert. Formal ist das korrekt. Aus Sicht der Betroffenen jedoch hat sich Entscheidendes an dem „Antragserfordernis“ geändert: Bis 2005 erhielten sie von der Sozialbehörde automatisch die Bescheinigung für die GEZ, heute müssen sie selbst daran denken – und dann die Hürden des Antragsverfahrens nehmen.

Rückwirkende Erstattung: Schließlich teilte die GEZ mit, dass für die Befreiung der Zeitpunkt maßgeblich sei, an dem der Antrag bei ihr eintreffe, und nicht der Zeitpunkt ihrer Bewilligung. Erhobene Gebühren würden rückerstattet. Dieser Punkt, den ein GEZ-Sprecher der Deutschen PresseAgentur nannte, taucht in der GEZ-Erklärung nicht mehr auf. Wie heikel er ist, zeigen die Erfahrungen der Betroffenen. Der Marburger Verdi-Erwerbslosenberater Martin Bongards sagte der FR, es sei die Regel, dass Hartz-IV-Empfänger ihren Antrag erst so spät stellen könnten, dass sie für einen Monat gebührenpflichtig seien. Da es keine monatlichen GEZ-Abbuchungen gebe, werde für ein Vierteljahr Geld eingezogen. „Ich kenne niemanden, dem es gelungen ist, sich dieses Geld zurückzuholen“, sagte Bongards.

 

BEBENBURG

 

 

© Copyright Frankfurter Rundschau

Ausgabe: Stadtausgabe (Nr. 52)

Datum: Freitag, den 02. März 2007

Seite: 4